Zum 31. Dezember 2018 kündigte die Post die Mitfinanzierung des Postkutschenbetriebes auf. Für die anderen sechs Partner der Deutschen Post AG im Förderverein Postkutsche kam die Botschaft bei der letzten Saisonfahrt im Oktober aus heiterem Himmel. "Das Projekt Postkutsche ist für uns zu Ende", habe die Post-Zentrale mitgeteilt, sagt der frühere Postdirektor und Fördervereinsvorsitzende Werner Scheller auf Anfrage. "Das hat mich als postalisches Urgestein, dessen Blut gelb ist, sehr geärgert."
Doch die Vertreter des Freundeskreises ließen im vergangenen Herbst gleich anklingen, dass man das historische Gefährt erhalten und eine Lösung finden müsse, sagt Scheller. Das ist nun gelungen, denn der gelbe Wagen geht am 27. April 2019 wieder auf Sommerfahrt von Bad Kissingen nach Bad Bocklet – und das im 80. Jahr des Bestehens der Kutschen-Linie.
In der Rhön wurden im Jahr 1700 mehrere Postkutschen-Linien eingerichtet. 1747 ist erstmals eine von Bad Kissingen nach Bad Brückenau verbürgt. Eine königlich-bayerische Postkutsche verkehrte ab 1830 zwischen Bad Kissingen und Poppenhausen. Bequem war diese Art der Beförderung nicht: Der Sitzplatz auf dem Pferdefuhrwerk war seinerzeit ein hartes Brett. Bei Wind und Wetter harrten die Reisenden aus, bis sie bei einer Geschwindigkeit von vier bis sechs Stundenkilometern ihr Ziel erreichten.
Der Reisekomfort wurde später verbessert: In Fahrkabinen mit Riemen-Aufhängung war das Reisen weniger schmerzhaft. Um 1750 schaukelten die Fahrgäste in Kutschen, die durch die Blattfeder-Technik gedämpft wurden, über die holprigen Wege. Und dann kam der Otto-Motor und mit ihm die Kraftomnibusse, die schließlich die Post beförderten.
Kutschfahrt in reizvoller Landschaft
Das Reichspostministerium wollte aber 1938 wieder einige Postkutschen in "landschaftlich reizvollen Gegenden" verkehren lassen. 24 historische Gefährte wurden nachgebaut. 1939 fuhr einer dieser gelben Wagen von Bad Kissingen nach Bad Bocklet. Dann war während des Kriegs erst mal Schluss - bis 1950 das erste Rakoczyfest in der Kurstadt anstand und Postamtsleiter Alfred Balzer eine zündende Idee hatte: Die Postkutsche sollte wieder fahren. Also wurde das brach liegende Fahrzeug aufgemöbelt und beim Festzug bejubelt. Der gelbe Wagen fuhr dann auf privater Basis der Firma Kohlhepp durch die Kissinger Lande. Später übernahm die Post wieder die Regie.
Die Berline coupégehört im Sommer einfach zu Bad Kissingen und Bad Bocklet dazu und ist aus Broschüren und von Postkarten der beiden Staatsbäder nicht mehr wegzudenken. Das war auch den Freunden der Postkutsche klar, als sie sich im November 2018 zusammensetzten und über den Erhalt des historischen Wagens diskutierten. Sieben Partner – das waren die Post, Stadt und Landkreis Bad Kissingen, die Bayerische Staatsbad Bad Kissingen GmbH, der Bezirk Unterfranken, sowie die Marktgemeinde Bad Bocklet und die Staatsbad und Touristik Bad Bocklet GmbH – hatten sich in den vergangenen Jahrzehnten stets die Kosten für den Unterhalt dieser Touristenattraktion geteilt.
Wurde früher alle drei Jahre neu verhandelt – ja gelegentlich darüber gefeilscht – wie das Defizit der Postkutsche unter den Partnern aufzuteilen sei, gründete man im Jahr 2005 einenFördervereinund legte ein Finanzierungsmodell fest. Ausgehandelt wurde, dass die Deutsche Post AG 30 Prozent des Unterhalts bestreitet, während die anderen Förderer 70 Prozent der Kosten unter sich aufteilen.
Finanzierung für die nächsten fünf Jahre
Dieser Prozentsatz musste dann im November vergangenen Jahres auf die anderen sechs Partner umgelegt werden, sagt Vereins-Geschäftsführer Wolfgang Wimmel auf Anfrage. Man kam überein, diese Finanzierung für die nächsten fünf Jahre, also bis 2024, festzulegen: Vom jährlichen Defizit (rund 60 000 Euro jährlich) trägt die Stadt Bad Kissingen jetzt 34 Prozent, der Landkreis 22 Prozent, die Bayerische Staatsbad Bad Kissingen GmbH und der Bezirk Unterfranken je 15 Prozent und die Marktgemeinde Bad Bocklet sowie die Touristik und Staatsbad Bad Bocklet GmbH je sieben Prozent.
"Wir waren sehr froh, dass die Post keine Ansprüche an die Kutsche anmeldete", sagt Vereinsvorsitzender Scheller, der die vergangenen 30 Jahre immer wieder neu für den Erhalt des historischen Gefährts für Bad Kissingen gekämpft hat. Nach der aufwändigen Renovierung des altehrwürdigen Kutschenwagens im Jahr 2010, für die der Förderverein rund 30 000 Euro hinblätterte, sei es, nach Schellers Worten, nun auch gerechtfertigt, dass die Kutsche dem Verein gehört. "Es ist so, wie's ist", bilanziert Scheller die aktuelle Lage. Immerhin trage die Post 2019 noch mit einem Obolus von 5000 Euro zum Unterhalt der Postkutsche bei.
Schwierig seien die Verhandlungen nicht gewesen, sagt Geschäftsführer Wimmel, denn alle seien sich einig gewesen, dass der historische Wagen für die Region ein Alleinstellungsmerkmal darstellt. Schließlich ist es die einzige Postkutsche, die noch auf Deutschlands Straßen unterwegs ist. Der gelbe Wagen ist während der Saison stets zu 98 Prozent ausgelastet, erzählt der Geschäftsführer und berichtet stolz, dass bei den 750 Fahrten dann rund 6000 Fahrgäste zusteigen.