Manch einer freut sich schon: Ab 6. Mai fährt die Postkutsche wieder sechs Monate lang täglich von Bad Kissingen nach Schloss Aschach. Und heuer steht erstmals eine Postillionin hoch auf dem Gelben Wagen.
Dass die alte Berline Coupé ein traditioneller Werbeträger über die Grenzen der Kurstadt hinaus ist, bezweifelt eigentlich keiner mehr. Es soll sogar Kurgäste geben, die schon vor der Saison ihre Fahrkarten in der Tasche haben. Und doch denkt die Stadt nun über einen Ausstieg aus der Finanzierung nach.
Mit der Gründung eines Fördervereins vor sechs Jahren schien das nostalgische Gefährt eigentlich für alle Zukunft gesichert. Mit dem Ausstieg der Stadt sieht Vorsitzender Werner Scheller (Würzburg) den Postkutschen-Betrieb jedoch „gefährdet“. „Wir können das Ganze nur gemeinsam stemmen.“
Tradition und Fortschritt in einem
Der frühere Postdirektor äußert „Verwunderung“, hätten nicht nur die anderen fünf Mitglieder, sondern auch die Stadt Bad Kissingen bislang immer Wert darauf gelegt, die Postkutsche zu erhalten. Gerade die Oberbürgermeister forcierten das Projekt stets, so Scheller weiter, und auch der jetzige OB Kay Blankenburg habe immer einen zustimmenden Eindruck vermittelt. „Ich wäre enttäuscht, wenn Bad Kissingen sich verabschiedet.“
Immerhin hält die Stadt im Förderverein mit 25 Prozent den zweitgrößten Anteil der Finanzierung. Die Post AG ist mit 30 Prozent dabei. Daneben beteiligen sich der Landkreis Bad Kissingen mit 15 Prozent, die Staatsbad GmbH und der Bezirk Unterfranken mit je zehn Prozent, sowie die Gemeinde Bad Bocklet und deren Staatsbad- und Touristik GmbH mit je fünf Prozent.
Für den Fördervereinsvorsitzenden halten sich in Sachen Postkutsche Tradition und Fortschritt die Waage, denn „sie ist doch ein toller Werbeträger für die Stadt“.
Das sieht auch Kutscher Hans Körner so: „Wenn wir den Gästen nichts mehr bieten, kommt keiner mehr.“ Die Stadt dürfe sich „nicht zu Tode sparen“. Schließlich handelt es sich um die letzte offizielle Postkutschenlinie – und das wahrscheinlich auf dem ganzen Globus. Aus der ganzen Welt kommen laut Körner auch die Buchungen für das Nostalgie-Fahrzeug. Sogar bis in die USA ist die Kunde von der Kissinger Postkutsche gedrungen.
25 Jahre sitzt Körner jetzt hoch auf dem Gelben Wagen und hat damit, was die Kilometer angeht, nahezu zweimal die Welt bereist. Er muss die Wünsche seiner Gäste kennen. In den ersten Jahren seiner Tätigkeit fuhren noch zahlreiche Einheimische mit.
Heute hat er zu 80 Prozent Auswärtige im Wagen. Weil aber die Kurgäste über die Jahre abnahmen, gingen auch die Belegungszahlen etwas zurück. Trotzdem ist er überzeugt: „Die Kutsche ist ein Potenzial, das wir ausschöpfen müssen.“
Dass die Überlandfahrten offenbar nach wie vor beliebt sein müssen, lässt auch die Tatsache vermuten, dass der Flyer, der 2010 zum ersten Mal in einer Auflage von 5000 Stück im Umlauf war, mitten im Jahr vergriffen war. Die neue Infobroschüre ist bereits im Druck.
Auch in dieser Saison gibt es eine Top-Neuigkeit zu verkünden: Am 6. Mai bläst zum ersten Mal eine Frau die Postsignale vom Kutschbock. Den Namen wollte Körner noch nicht preisgeben. Er verriet nur soviel: Sie ist 27 Jahre jung, hat musikalische Fähigkeiten und weiß mit Pferden umzugehen.