Der Tag hätte nicht schöner beginnen können: Ein milder Spätsommertag sieht erwartungsvolle Gäste, die sich auf die letzte Fahrt der Postkutschensaison 2018 freuen. Unter Ihnen, ansteckend erwartungsfroh, Ehrengast Bischof em. Friedhelm Hofmann : "14 Jahre habe ich gebraucht, in Franken einzuwurzeln, schön, dass ich jetzt entschleunigt auch mal Postkutsche fahren darf", meint der ehemalige Oberhirte der Diözese Würzburg. Postillion Stefan Matthes öffnet galant die Tür, und Kutscherin Yvonne Körner lässt den Vierspänner antraben.
Der Verein hat Sorgen
1939 wurde die Bäder-Linie Bad Kissingen-Bad Bocklet eröffnet. Seit 79 Jahren also, fährt die letzte regelmäßige Postkutschenlinie Deutschlands. Auch in diesem Jahr tönte das Horn des Postillons, trotz zeitweiliger Reparaturen, 88 Mal durch das Saaletal, erzählt Werner Scheller, Postpräsident a.D. und Vorsitzender des Vereins Freunde der Postkutsche, den Fahrgästen, darunter auch Oberbürgermeister Kay Blankenburg mit Gattin. Alle freuen sich auf eine Stunde "Meditation, Geschichte und Verständnis für die Zeit", wie Blankenburg in Anlehnung an den städtischen Werbeslogan "Entdecke die Zeit" formuliert. "Wunderbar entspannend, ich fühle mich fünf Jahre jünger", lobte auch der Bischof die heitere Landschaft, die Art zu Reisen, den Komfort und die lammfrommen Pferde beim Aussteigen in Aschach. Da wusste er allerdings noch nicht, dass die Räder nicht von selbst rollen. Der Verein hat Sorgen, und der Segen des Kirchenmannes wird für den gelben Wagen von Nöten sein.
Überraschende Kündigung
Denn nach dem Standkonzert im Schlosshof von Aschach hatte der Vorsitzende des Postkutschenvereins , dem neben Stadt, Landkreis und Staatsbad GmbH Bad Kissingen , Markt und Touristik GmbH Bad Bocklet, der Bezirk Unterfranken auch die Deutsche Post AG angehören, doch eine bittere Mitteilung aus der Zentrale der DPDHL Group in Bonn bekannt gegeben: "Wir kündigen die Vereinbarung zur Förderung des historischen Postkutschenbetriebes zum 31.Dezember 2018 aus wirtschaftlichen Erwägungen", heißt es darin.
Weichen im November stellen
Das aber lässt den Vereinsvorsitzenden Scheller und seinen Geschäftsführer , den ehemaligen Postler Wolfgang Wimmel aus Poppenroth, nicht ruhen. Beide hoffen, dass die anderen Mitglieder Sponsoren bleiben, vielleicht Neue gewonnen werden können, damit auch in Zeiten knappen Geldes die Pferde angespannt werden, und der Postillon sein Horn schmettern lassen kann. In einer Sitzung im November sollen Weichen für den Fortbestand der Postkutsche gestellt werden. Unterstützung haben alle anderen Beteiligten angedeutet. Emil Müller , stellvertretender Landrat, spricht von einem Alleinstellungsmerkmal. Auch OB Blankenburg glaubt mit viel gutem Willen, die entstehende Finanzierungslücke gemeinsam stemmen zu können. Bezirksrätin Karin Renner erinnert an die erheblichen Anstrengungen, die Museen Schloss Aschach auf ein höheres Niveau zu heben, "da muss auch die Postkutsche erhalten werden".
Auch Bad Bocklets Bürgermeister sieht in das Gespann inzwischen als einen Kulturträger: "Notfalls streichen wir die Kutsche halt mit einer anderen Farbe an", hofft er auf weitere Sponsoren . Auch der Geschäftsführer Wolfgang Wimmel ist zuversichtlich: "Jetzt, wo der Segen des Bischofs mitgefahren ist, und viele guten Wünsche den Verein begleiten, muss das einfach klappen". Der Seelsorger spricht gar von einem Weltkulturerbe, zitiert hoffnungsfroh Papst Leo XIII.: "Man soll der Gnade Gottes keine Grenzen setzen", und Vorsitzender Scheller ruft der Runde zu "Auf in die 80. Saison in 2019".