Mit einem Freispruch sorgt eine Strafrichterin des Amtsgerichts in Bad Kissingen bundesweit für Aufsehen. Sie musste vergangene Woche über die Befehlsverweigerung eines Bundeswehroffiziers bei einem Lehrgang in Hammelburg (Lkr. Bad Kissingen) urteilen. Der Zeitsoldat hatte es 2022 abgelehnt, sich gegen Corona impfen zu lassen. Die Bundeswehr beharrte dagegen auf Befehl und Gehorsam.
Freispruch mit markanter Begründung
Doch die Richterin sprach den 33-Jährigen, entgegen bisher üblicher Rechtsprechung, vom Vorwurf der Befehlsverweigerung frei – was weitreichende Folgen für Soldatinnen und Soldaten in allen Kasernen der Bundeswehr haben könnte.
Die Begründung in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen 2 Ds 24 Js 10196/22: "Die Impfpflicht war zu dem Zeitpunkt des Befehls im Mai 2022 unverhältnismäßig." Ausgehend von den heutigen Erkenntnissen habe der Befehl damals nicht mehr von dem Oberleutnant befolgt werden müssen, betonte die Richterin.
Richterin: "Eindeutige Impfschäden"
Denn Studien würden jetzt belegen, "dass eindeutige Impfschäden aufgrund der Corona-Schutzimpfung aufgetreten" seien. Zwar bewege sich dies aktuell noch im Promille-Bereich – die Zahlen dürften nach Meinung der Richterin aber weiter steigen.
Über den Fall hatte zuerst die auf juristische Themen spezialisierte Agentur "RechtundPolitik" berichtet. Richter Christian Mutz, Sprecher des Amtsgerichts Bad Kissingen, bestätigte auf Anfrage der Redaktion die Entscheidung.
Demnach hatte die Bundeswehr zunächst prüfen lassen, ob es medizinische Einwände gegen eine Impfung des Zeitsoldaten gebe. Letztlich kam der Luftwaffenoffizier weder dem kameradschaftlichen Rat noch dem Befehl zur Impfung nach. Dabei wusste er laut dem Gerichtssprecher, dass er gemäß dem Soldatengesetz "medizinische Maßnahmen auch gegen seinen Willen zu dulden hatte, die der Verhütung oder Bekämpfung übertragbarer Krankheiten dienen".
Befehlt verweigert
Aus dem Verteidigungsministerium war indes damals die Weisung gekommen, ungeimpfte Soldaten von dem Lehrgang in Hammelburg abzulösen. Aber auch in seinem Heimatstandort verweigerte der Angeklagte den Impfbefehl seines dortigen Vorgesetzten. Es folgte eine Anklage wegen Gehorsamsverweigerung, sanktioniert mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe.
Gegen die Impfpflicht hatten sich schon früher Soldatinnen und Soldaten beschwert. Die hatte das Bundesverwaltungsgericht im Juli 2022 jedoch als unbegründet zurückgewiesen. Dort hieß es, "dass jeder Soldat verpflichtet ist, sich im Interesse der militärischen Auftragserfüllung gesund zu erhalten und dabei ärztliche Maßnahmen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten gegen seinen Willen zu dulden".
Verteidigungsminister beharrt auf Impfpflicht
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) betonte noch im Mai 2023, vorerst an der Impfpflicht für Soldaten festhalten zu wollen: "Das tun wir auf der Grundlage der Erkenntnisse, die wir aus dem Gesundheitsministerium und von den einschlägigen Instituten bekommen."
Die Folge: Sowohl das Amtsgericht München als auch ein Amtsgericht in Sachsen-Anhalt verurteilten noch in diesem Sommer Bundeswehrsolodaten zu Geldstrafen, die sich ebenfalls geweigert hatten, sich gegen Corona impfen zu lassen.
Wann muss der Offizier die Uniform ausziehen?
Die weitere Karriere des 33-jährigen Soldaten bei der Truppe ist dennoch überschaubar: Ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel, ihn aus dem Dienst zu entfernen, ist bereits eingeleitet. Außerdem ist absehbar, dass die Entscheidung nicht rechtskräftig wird: Die Staatsanwaltschaft Schweinfurt hatte eine dreimonatige Bewährungsstrafe für ihn gefordert und laut Gerichtssprecher bereits Berufung gegen das Urteil eingelegt.
Das Bundesverteidigungsministerium wollte sich auf Anfrage der Redaktion zu dem Bad Kissinger Urteil und seinen möglichen Folgen für die Armee nicht äußern – obwohl Minister Pistorius im Bundestag in Aussicht gestellt hatte: "Ich schließe nicht aus, dass wir über kurz oder lang die Duldungspflicht aufheben." Eine Ministeriumssprecherin erklärte lediglich, es gebe "derzeit keine Bestrebungen, die rechtlichen Regelungen der Impfvorschriften zu überarbeiten".