Nichts scheint bei der Bundeswehr beständiger, als der Wandel. 2006 waren zuletzt Einzelkämpfer in Hammelburg ausgebildet worden. Nun kehrt das Training wieder zurück. Die Infanterieschule übernimmt zentral für die Bundeswehr Einzelkämpfer und Nahkampfausbildung.
Ab August 2013 sollen die ersten Lehrgänge beginnen. Dazu wird eine neue, die neunte Ausbildungsinspektion geschaffen. 600 bis 700 Soldaten werden künftig jährlich an der Ausbildung zum Einzelkämpferlehrgang 1 teilnehmen, schätzt Simon Leidner, mit der Aufstellung beauftragter Objektoffizier.
Bis 2013 ist die Ausbildung in Altenstadt an der Luftlande-/Lufttransportschule untergebracht. Nachdem der Standort dort ebenfalls umstrukturiert wird, kehrt die Aufgabe wieder an den Lagerberg zurück. „Die Infanterie als Mutterhaus der Infanterie sowie die Region sind für eine fordernde Ausbildung gut geeignet“, sagt Leidner zur Stationierungsentscheidung.
„Um den Lehrgang zu bestehen, braucht es Durchhaltewillen, Belastbarkeit, Entscheidungsfähigkeit unter schwierigen Situationen und Führungswillen“, so Leidner. Versprengte Soldaten sollen in die Lage versetzt werden, zu überleben und sich zur eigenen Truppen durchzuschlagen. Unter körperlicher Anstrengung und physischem Druck müssen die Teilnehmer später in der Lage sein, eine auf sich gestellte Gruppe zu führen. Das nötige Handwerkszeug reicht von Orientierungsübungen, über Abseilen, Überqueren von Gewässern, Handstreich- und Hinterhaltausbildung bis zur Schlachtausbildung, um sich in der Wildnis zu behaupten.
Höhepunkt ist eine 48-Stunden-Übung. Dabei werden die Soldaten mit ihrer Gefechtsausrüstung fast ohne Proviant ausgesetzt. Durch Lageeinspielung und Gefechtssituationen werden sie auch durch den Schlafmangel an ihre Grenzen geführt.
Zusätzlich wird in der neunten Inspektion der Einzelkämpferlehrgang II, auch Jagdkommandolehrgang genannt, sowie der Lehrgang Militärischer Nahkampf angeboten. Binnen fünf Wochen werden ausgewählte Soldaten beim Jagdkommandolehrgang auf Einsatzverfahren in fremden Gelände samt Spreng- und Lufttransportübungen vorbereitet.
Erst seit wenigen Jahren betreibt die Bundeswehr Nahkampfausbildung in der Krav-Maga-Technik, die sich am israelischen Vorbild orientiert. Auch sie wird ab kommendem Jahr am Lagerberg unterrichtet.
Wehmütig hatte die Infanterieschule 2007 von der Einzelkämpferausbildung Abschied genommen. Sie war hier fast seit Gründung der Bundeswehr verankert. In Hammelburg fand 1958 der erste Versuchslehrgang statt.
Bis 1968 diente das Hofgut Sodenberg als Ausbildungs- und Unterkunftsstätte. Von 1968 bis zu ersten Auflösung der Einzelkämpferinspektion 1979 fand die Ausbildung zeitweise in zwei Inspektionen statt. Davon bis 1974 im Schloss Seewiese (Gräfendorf). In den 90er Jahren des kehrten Teile der Ausbildung zurück.
Mit wehmütigen Erinnerungen taufte die Bundeswehr 2009 eine „Straße der Einzelkämpfer“ in der Saaleck-Kaserne, die damals das Ende dieser Ausbildung vor Ort dokumentiert. „Für mich hat die Einzelkämpferei Schule, Heer und ein Stück weit die Bundeswehr durch ihr Wirken und ihr Vorbild mitgeprägt“, hatte Brigadegeneral Dieter Blotz vor knapp drei Jahren betont.
Es seien die kantigen, manchmal schrulligen Typen, deren Opfer- und Leistungsbereitschaft sowie ihr Vorbild und ihre Kompetenz unvergessen bleiben, so Blotz weiter. Zur Straßentaufe wurde 2009 auch ein Traditionsraum eingeweiht. Niemand ahnte, dass der einmal zu klein werden könnte, weil die Einzelkämpfer-Geschichte am Standort Hammelburg nun doch fortgeschrieben wird.