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Bad Kissingen
Belastungen im Alltag und wie wir sie mit gutem Gewissen meistern - diese 6 Tipps hat ein Arzt aus Bad Kissingen
Hans-Peter Selmaier ist Chefarzt der Parkklinik Heiligenfeld. Er setzt sich intensiv mit Psychologie auseinander und verrät, was bei Stress helfen könnte.
Hans-Peter  Selmaier, Chefarzt der Parkklinik Heiligenfeld in Bad Kissingen.
Foto: Benedikt Borst | Hans-Peter Selmaier, Chefarzt der Parkklinik Heiligenfeld in Bad Kissingen.
Simon Snaschel
 |  aktualisiert: 15.07.2024 17:12 Uhr

Job, Freunde, Familie, Hobby - alles unter einen Hut zu bekommen, ist nicht einfach. Gerade, wenn es auf Weihnachten zugeht. Alltagsbelastungen zu meistern, noch dazu mit gutem Gewissen, fällt wohl den meisten oft schwer. Um es trotzdem hinzubekommen, ist es wichtig, sich mit dem Stress und den Auslösern überhaupt erst auseinanderzusetzen, rät Hans-Peter Selmaier, Chefarzt der Parkklinik Heiligenfeld in Bad Kissingen - einer Fachklinik für Psychosomatik und Psychotherapie. Welche Ratschläge der 66-Jährige außerdem hat, verrät er gegenüber dieser Redaktion.

1. Richten Sie den Fokus auf sich selbst und ziehen Sie klare Grenzen

"Wichtig ist, sich wirklich die Zeit zu nehmen, Abläufe einmal zu stoppen, um erst einmal zu sich zu kommen", sagt Selmaier. Ansonsten sei es schwierig, auch wirklich zu einer Form der Entspannung zu kommen. "Das setzt natürlich voraus, dass man sich auch effektiv abgrenzen kann." Es sei völlig in Ordnung, auch einmal "Nein" zu sagen und damit jemandem vermeintlich vor den Kopf zu stoßen, um für die eigenen Bedürfnisse einzutreten. "Die Abgrenzung bezieht sich natürlich auch auf andere Formen, ich sollte mich zum Beispiel fragen, ob ich von mir erwarte, immer erreichbar zu sein." Man sollte in der Lage sein, das Handy auch einmal auszuschalten. Digital Detox sei von großer Bedeutung.

Auch ständige Erreichbarkeit kann ein Stressauslöser sein.
Foto: Monika Skolimowska (Symbolfoto) | Auch ständige Erreichbarkeit kann ein Stressauslöser sein.

2. Hinterfragen Sie Ihre eigenen Leistungsansprüche

Viele Menschen setzen sich in erster Linie selbst unter Druck. "Es ist wichtig, dass man von seinen eigenen Leistungsansprüchen etwas loskommt und sich fragt, warum man sich selbst so unter Druck setzt, was der innere Antreiber ist", sagt Selmaier. Man müsse für sich selbst reflektieren, inwieweit man in der Masche früherer Prägungen festhängen oder sich davon befreien möchte und zu mehr Fürsorge für sich selbst zu kommen.

3. Leben Sie ganz bewusst im Hier und Jetzt

"Achtsamkeit hat große Bedeutung: Dass ich weder in der Zukunft noch in der Vergangenheit bin, sondern im Hier und Jetzt", sagt Selmaier. "Wenn ich esse, esse ich. Wenn ich gehe, gehe ich und bin nicht der Zeit voraus." Dabei, so der Mediziner, können auch Entspannungsverfahren helfen: "Zum Beispiel autogenes Training oder Yoga, Atemübungen oder was auch immer. Man kann das dazu nutzen, kurzfristig etwas runterzukommen. Aber auch, um längerfristig einen anderen Lebensstil zu entwickeln: entspannter und selbstfürsorglicher."

Wer dauerhaft unter großem Stress steht, hat ein erhöhtes Risiko, psychische Erkrankungen zu entwickeln.
Foto: Klaus-Dietmar Gabbert (Symbolfoto) | Wer dauerhaft unter großem Stress steht, hat ein erhöhtes Risiko, psychische Erkrankungen zu entwickeln.

4. Setzen Sie sich gezielt mit Ihrem Stress auseinander

Für Selmaier ist es wichtig, den Stress bewusst wahrzunehmen und sich mit ihm auseinanderzusetzen. "Man muss für sich zwischen Eustress und Distress unterscheiden", so der Mediziner. Eustress bezeichnet positiven Stress, Distress das Gegenteil. "Erst wenn ich weiß, was förderlich ist und was nicht, kann ich gezielt dagegen vorgehen." Nicht nur die Art, sondern vor allem auch, was den Stress auslöst, muss laut Selmaier hinterfragt werden. "Das ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Ich kann Listen schreiben oder Tagebuch führen, um es für mich herauszufinden. Stress ist sehr individuell und hängt von den eigenen Wertungen ab." Was der eine als positiv und förderlich empfindet, könne für den anderen schädlich sein. "Wenn ich dann weiß, was mich stresst, kann ich Lösungen finden: Will ich den Stress vermeiden oder mich intensiver damit auseinandersetzen und vielleicht zusätzliche Kompetenzen erwerben, um die Probleme zu lösen?"

5. Vertrauen Sie auf das Verständnis anderer Menschen

Ganz wichtig: Man müsse kein schlechtes Gewissen haben, einmal "Nein" zu sagen, Termine abzulehnen und sich Raum für selbst zu nehmen. "Den anderen Menschen geht es ja oft nicht anders", sagt Selmaier, "alle sind von Stress mehr oder weniger betroffen." Nicht zuletzt deshalb könne man auf Verständnis bauen. Generell sagt Selmaier zur Interaktion mit anderen: "Es ist eine große Hilfe, wenn ich mich mit positiven Menschen umgebe, die mich verstehen und die ich verstehe. Es hilft auch, sich Orte zu schaffen, an denen es mir gut geht."

Kaum etwas eignet sich so gut zum Abschalten und Auftanken wie ein Spaziergang im Wald.
Foto: Patty Varasano | Kaum etwas eignet sich so gut zum Abschalten und Auftanken wie ein Spaziergang im Wald.

6. Vergessen Sie die Klassiker nicht: Sport, Bewegung, gesunde Ernährung

"Sport und Bewegung in jeder Form ist sehr wichtig. Insbesondere in der Natur", sagt der Arzt. "Das muss ja nichts Gigantisches sein, aber es sollte regelmäßig stattfinden. Waldbaden zum Beispiel hilft gegen Stress und Krankheit und fördert die Abwehrkräfte, die unter Stress ja auch gefährdet sind", so Selmaier. Außerdem von großer Bedeutung: eine ausgewogene Ernährung.

Zur Person

Hans-Peter Selmaier wurde 2018 Chefarzt der Fachklinik Heiligenfeld. Seit 2020 hat er die chefärztliche Leitung der Parkklinik Heiligenfeld inne und ist seit 2022 Stellvertretender Ärztlicher Direktor der Heiligenfeld-Kliniken. Der 66-Jährige ist Arzt für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie und Psychoanalyse, Arzt für Innere Medizin, Sozialmedizin und Suchtmedizin sowie Psychoonkologe, um einen Auszug aus seinen Qualifikationen und Funktionen zu nennen.
Quelle: Heiligenfeld-Kliniken
 
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