Der Allgemeinmediziner Dr. Ralph Brath ist seit 7. April Versorgungsarzt für den Landkreis Bad Kissingen. Diese Aufgabe ist für Landkreise im bayernweiten "Notfallplans Corona-Pandemie" genau definiert. In dieser Funktion soll Brath nun die dauerhafte Verbindung zwischen der Führungsgruppe Katatstrophenschutz und den niedergelassenen Ärzten herstellen. Deswegen wurden ihm auch Mitarbeiter im Landratsamt zugeteilt, mit denen er einen Arbeitsstab bildet, heißt es von Seiten der Behörde.
Ralph Brath ist also seit kurzem nicht nur für die Patienten in seiner eigenen Praxis zuständig, sondern auch für die ambulante ärztliche Versorgung im gesamten Landkreis. Als Versorgungsarzt muss er sich jetzt öfter mit den Kassenärzten besprechen und sich bei Pflegeeinrichtungen im Landkreis melden. Wie ist die Versorgungslage dort? Sind Fälle von Covid-19-Infektionen aufgetreten? Ist ausreichend Schutzausrüstung da? Wo wird es möglicherweise bald knapp?
30 bis 50 Abstriche täglich
Mit zu seinen Aufgaben gehört die Organisation der Landkreis-Teststelle für Corona-Patienten in Oerlenbach. Er habe, zusammen mit verschiedenen Ärzten, einen Dienstplan erstellt, sagt Brath im Gespräch mit der Redaktion. "Diese Kollegen testen vor Ort", sagt er. Gelegentlich sei er auch schon eingesprungen. Helfer des Roten Kreuzes würden dort assistieren, beispielsweise wenn die Teströhrchen verschlossen, beschriftet und eingetütet werden müssen. Pro Tag werden in Oerlenbach, laut Brath, durchschnittlich 30 bis 50 Rachen-Abstriche von Personen entnommen, die sich allerdings zuvor bei ihrem Hausarzt anmelden mussten.
Auch die Einrichtung sogenannter Schwerpunkt-Praxen zur Behandlung von Covid-19-Patienten, die nicht ins Krankenhaus müssen, aber aus bestimmten Gründen eine Behandlung beim Hausarzt brauchen, liegt in Braths Verantwortung. Denn nicht jeder Arzt könne oder wolle solche Patienten versorgen, sagt Brath, weil beispielsweise einfach die notwendige Schutzausrüstung fehlt. Deshalb gibt es jetzt etwa zehn dieser Schwerpunkt-Praxen im Landkreis.
Streit über Zuständigkeiten
Das gilt übrigens auch für Zahnarzt-Praxen, sagt Brath. Denn bedenken müsse man, dass Menschen, die das Corona-Virus schon in sich tragen, oft nichts von ihrer Infektion wüssten, weil sie keine Symptome haben. Für den behandelnden Arzt ist jede Behandlung also in gewissem Sinn eine Gratwanderung. Eine gute Schutzausrüstung sei deshalb das oberste Gebot, damit Mitarbeiter und andere Patienten der Praxis geschützt werden, sagt Brath. Denn im Fall einer Ansteckung müsste dann unter Umständen die jeweilige Praxis geschlossen werden.
Über die verschobenen Zuständigkeiten zwischen den Ärzten und den staatlichen Anordnungen ist hie und da auch in Bayern inzwischen Streit entbrannt. Denn dort, wo die Ärzteschaft sich sonst selbst verwaltet hat, greift nun die bayerische Staatsregierung ein. Das haben die Kassenärztlichen Vereinigungen sowohl im Bund und in Bayern in jüngster Vergangenheit bereits deutlich kritisiert. Doch das Ausrufen des Katastrophenfalls ermächtigt Bayern, gewohnte Strukturen neu zu organisieren und in gewissem Maß über die Arbeit der niedergelassenen Ärzte zu verfügen.
Rundschreiben an die Einrichtungen
Das betrifft auch die Zuteilung von Ärzten für Senioren- und Pflegeheime. In Würzburg zum Beispiel dürfen nur noch bestimmte wenige Ärzte in den jeweiligen Heimen ein- und ausgehen, um die Außenkontakte möglichst gering zu halten. Im Landkreis Bad Kissingen greift diese restriktive Maßnahme bislang noch nicht, sagt Brath. "Wir sind in der Findungsphase." Dennoch habe man die Heime per Rundschreiben bereits darauf hingewiesen, die Kontakte der Bewohner zur Außenwelt möglichst gering zu halten.
Was die Ausstattung der Arztpraxen im Landkreis mit Schutzmaterial angeht, seien die Speicher meist leer. Denn der Staat könne offensichtlich einfach nicht genug an Masken und Desinfektionsmittel liefern. "Das ist aber ein bundesweites Problem", sagt Brath. "Was wir aber bekommen, verteilen wir sofort." Gelegentlich geschähen dann aber doch noch "Zeichen und Wunder". So bekam Brath für seine eigene Praxis am Freitagmorgen, 17. April, tatsächlich eine Lieferung über die Kassenärztliche Vereinigung frei Haus. Der Inhalt: 200 Mund-Nasen-Schutz, 20 FFP2-Masken, 150 Einmalhandschuhe und ein Liter Desinfektionsmittel.
Schutzmaterial geliefert
Gleich darauf habe er bei den Bad Kissinger Hausärzten einen Rundruf gestartet und gehört, dass auch bei ihnen eine ähnliche Lieferung erfolgte, sagt Brath. Ob auch alle anderen Haus- und Fachärzte im Landkreis mit Schutzmaterial beliefert wurden, habe er allerdings auf die Schnelle noch nicht in Erfahrung bringen können. Was Brath in dem gelieferten Paket allerdings vermisste: Es waren wieder keine Schutzkittel dabei.