Vom zu erwartenden, großen Flüchtlingsstrom aus der Ukraine sind auch die bayerischen Schulen unmittelbar betroffen. Grundsätzlich gilt für geflüchtete Kinder nach drei Monaten Aufenthalt im Freistaat die Schulpflicht. Die Möglichkeit, eine Schule zu besuchen, soll aber freilich schon eher angeboten werden: So wie nun an der Sinnberg-Grundschule in Bad Kissingen.
Dort hat die Klasse 4b am Dienstag dieser Woche Zuwachs bekommen. In den Faschingsferien habe man einen Anruf erhalten, erklärt Schulleiterin Marietta Menz: Eine ukrainische Familie sei nach Bad Kissingen gekommen und würde ihren elfjährigen Sohn gerne gleich zur Schule bringen. Danach lief alles erfreulich unkompliziert: "Die Familie war am Montag mit einem Übersetzer da, es wurden Anmeldung und Einweisung gemacht und seit Dienstag geht der Junge bei uns in den Unterricht", so Menz.
"Es lief alles sehr reibungslos ab. Die Eltern waren sehr dankbar und wollten sogar, dass er gleich am Montag kommt", erklärt die Schulleiterin. Eine kurze Vorlaufzeit habe man jedoch gebraucht. "In der Klasse war der Krieg in der Ukraine Thema. Die Kinder haben dann gleich ein Willkommensschild auf Ukrainisch für den Jungen gebastelt. Es war eine sehr schöne Willkommenskultur da", sagt Menz.
Die Aufnahme verlief nicht nur zwischenmenschlich, sondern auch schulisch einwandfrei, so die Schulleiterin. "Letztlich gehen wir mit einem ukrainischen Kind genau so um wie mit Kindern aus jedem anderen Land ohne Deutschkenntnisse", erklärt sie. Mit digitalen Medien, Bilderbüchern und Kopfhörern erhalten die Kinder eine Art individuellen Sprachkurs.
Schulkenntnisse aus der Ukraine erleichtern den Einstieg in Bad Kissingen
Von Vorteil ist laut Menz, dass die Kinder in der Ukraine bereits zur Schule gingen und so mit Vorkenntnissen kommen, gerade in Fächern wie Mathematik. "Natürlich fehlen die Deutsch-Kenntnisse, aber der Junge weiß, wie Schule funktioniert", sagt die Leiterin. Begrenzt sei die Kommunikation auch auf Englisch möglich. "Homework" habe der Bub bereits verstanden und wollte die Hausaufgaben auch gleich erledigen.
Mit elf Jahren würde der Junge in Deutschland üblicherweise schon die fünfte Klasse besuchen. "Er geht jetzt erst mal bis zum Schuljahrsende mit. Dann schauen wir, wie es weitergeht", sagt Menz. Bewertet werde er freilich noch nicht wirklich, schon gar nicht sonderlich streng. "Aber wenn wir in Sport oder Kunst schon eine gute Note geben können, dann tun wir das natürlich auch. Das ist ja auch eine Wertschätzung für das Kind."
Bayerns Kultusminister Michael Piazolo hat bereits angekündigt, geflüchteten Familien schulisch rasch beistehen zu wollen. „Wir werden die Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine in die entsprechenden Klassen für Geflüchtete in ganz Bayern aufnehmen. Wir lassen sie keinesfalls allein“, wird er auf der Internetseite des Kultusministeriums zitiert. "Im Freistaat sind an allen Schularten bewährte Instrumente eingerichtet, um geflüchtete Kinder und Jugendliche an den Schulen zu integrieren“, so der Kultusminister.
An der Sinnberg-Grundschule stellt man sich darauf ein, weitere ukrainische Kinder aufzunehmen. "Wir bereiten uns mental darauf vor", sagt die Rektorin. "Wir sind eine Stadtschule und wissen, dass wir mehr Kinder bekommen werden." Man prüfe nun, inwieweit genug Unterrichtsmaterial vorhanden ist. "Wenn Dinge fehlen, bestellen wir nach", denkt sie pragmatisch. So auch in Sachen Klassenstärken: In manchen Jahrgangsstufen seien Kapazitäten vorhanden, in anderen sei es etwas enger. "Aber wir finden Lösungen."