"Jede Form des gemeinsamen Musizierens hat das Potenzial, große Freude und Erfüllung zu bringen", sagte Kent Nagano bereits im Vorfeld zum zweiten Symphonic Mob im Kurgarten. Dass das große musikalische Freiluft-Ereignis im Rahmen des Kissinger Sommers am Sonntag nicht nur den anwesenden Musikerinnen und Musikern, sondern auch dem Publikum und vor allem dem weltbekannten Dirigenten große Freude bereitete, war weithin sichtbar, für jeden hörbar, war tief im Inneren fühlbar.
Der Zündfunke des Symphonic Mob war schon 2022 im Bad Kissinger Kurgarten auf 300 Musikerinnen und Musiker aller Alterssparten übergegangen. Stardirigent Alain Altinoglu vom hr-Sinfonieorchester hatte seinerzeit dafür gesorgt, dass alle Instrumentengruppen, aber auch Chöre zeigten, welche Klanggewalt sie im Verein mit anderen erzeugen können.
Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin war auch dabei
Dieses Jahr stand Kent Nagano am Dirigentenpult, der amerikanische Dirigent mit japanischen Wurzeln, der seit 2015 Generalmusikdirektor der Hamburgischen Staatsoper und des Philharmonischen Staatsorchesters ist.
Schon am Vorabend, 1. Juli, hatte Nagano beim Konzert im Max-Littmann-Saal das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin am Dirigentenpult geführt, deren Dirigent er sechs Jahre lang war (2000 bis 2006). Die Berliner Profimusikerinnen und -musiker mischten am Sonntag auch beim Symphonic Mob mit.
Die Begeisterung war bei den Kleinen und Großen spürbar
Zu dem Event im Kurgarten kamen dieses Jahr 600 Musikerinnen und Musiker, aber es strömten bei der zweiten Auflage auch wesentlich mehr Gäste in den Kurgarten, um dabei zu sein, wenn zum Beispiel Giuseppe Verdis "Coro di zingari" aus der Oper "Il Trovatore" von den unterschiedlichen Instrumentengruppen mit Leidenschaft interpretiert wurde.
Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, ob groß oder klein, war die Begeisterung ins Gesicht geschrieben. Denn für die meisten war es schon etwas Besonderes, zusammen mit Hunderten von Menschen unter Leitung eines renommierten Dirigenten am helllichten Tag im Selbstversuch eben mal schnell Hochklassisches zum Besten zu geben.
Gefühl - und immer wieder Gefühl
Für Nagano war das Klassik-Open-Air sozusagen ein Kinderspiel. Es sah jedenfalls so aus. Und es hörte sich auch so an, wenn der 71-Jährige den Anwesenden unter den Bäumen im Kurgarten die Welt von Edgar Elgers Stück "Nimrod" aus den "Enigma-Variationen" fast biblisch näherbrachte.
"Gefühl" forderte Nagano bei der Interpretation von George Bizets "Farandole" aus der "Arlésienne-Suite Nr. 2". Und dann sogar noch mehr Gefühl: Musik ist kein plötzlicher Angriff, sie kommt sachte und gefühlvoll daher, erklärte er den Musikerinnen und Musikern bei der Probe. Was die so Angesprochenen daraufhin mit den Instrumenten fast zärtlich auf den Weg brachten, erzeugte tatsächlich Gänsehaut.
Der Wunsch des Meisters war Befehl
Das zeichnet den berühmten Mann aus: Er hat keinerlei Starallüren. Wo sind meine Fagotti? Wo sind die Flöten? Jeder und jede wurde im Lauf der Probe von ihm sozusagen irgendwie mal angesprochen. Nagano nahm Kontakt zu den Musikerinnen und Musikern auf - und hatte damit vollen Erfolg. Denn man hatte den Eindruck, alles, was er sich von seinen Bad Kissinger "Eleven" wünschte, wurde anschließend sofort umgesetzt.
Wer unter den Interpreten und Interpretinnen anfangs noch etwas ratlos und ängstlich auf den Einsatz des Dirigenten gewartet haben mag, war spätestens nach dem zweiten Stück schon recht entspannt. Denn da hatte sich schon herausgestellt: Der berühmte Mann ist ja ziemlich nett, hat stets einen Scherz auf den Lippen und sehr viel übrig für seine Bad Kissinger Musikerinnen und Musiker.
Vermutlich hat Nagano jetzt rund 600 neue Fans. Aber auch er wird sein Spontanorchester aus Bad Kissingen wohl in lebhafter Erinnerung behalten.