Ein weinendes Kind, verängstigte Frauen in einem Bus, aggressive Polizisten und ein wütender Mob von Demonstranten auf der blockierten Straße: Es waren verstörende Bilder, die am Wochenende aus dem sächsischen Dorf Clausnitz um die Welt gingen.
So wehrt man sich in Deutschland gegen die Aufnahme von Flüchtlingen? Nein – haben sich vier Würzburger gesagt und sind zusammen mit einem Dolmetscher am Sonntag in die Asylunterkunft nach Clausnitz gefahren – eine Geste des Willkommens, der Mitmenschlichkeit. Wir sprachen mit der Initiatorin Natali Soldo-Bilac. Die 43-Jährige, bis Juli 2015 in der Geschäftsstelle des Ausländer- und Integrationsbeirates, ist im Fachbereich Soziales bei der Stadt beschäftigt und ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe aktiv.
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Frage: Frau Soldo-Bilac, wer war denn von Würzburg aus am Sonntag bei den Flüchtlingen in Clausnitz?
Natali Soldo-Bilac: Wir waren vier Leute, sie sind Freunde und seit einigen Monaten ehrenamtliche Helfer für Flüchtlinge in Würzburg, dazu in weiser Voraussicht ein Dolmetscher. Er ist selbst aus Syrien geflohen.
Initiiert wurde das Ganze von Ihnen. Was hat Sie dazu bewogen und wie haben Sie die Fahrt vorbereitet?
Soldo-Bilac: Ich habe am Samstagmorgen die Berichte und das Bus-Video aus Clausnitz gesehen und mir beim ersten Anschauen gedacht: Das ist bestimmt ein Fake. War es aber nicht. Dann habe ich erst mal geweint. Ich dachte: Das gibt es überhaupt nicht. Ich wollte zunächst ein schönes Paket dorthin schicken und habe im Internet nach Helfergruppen in benachbarten Städten von Clausnitz recherchiert, aber nichts gefunden. Bei den Kirchengemeinden habe ich niemanden erreicht. Zufällig habe ich dann in anderer Sache mit unseren Würzburger Helfern telefoniert und gesagt: Wäre mein Auto nicht in der Werkstatt, würde ich am liebsten direkt nach Clausnitz zu den Flüchtlingen fahren. Da sagten die anderen: Aber wir haben ein Auto – komm' lass' uns fahren.
Sie sind nicht mit leeren Händen losgefahren...
Soldo-Bilac: Ja, Samstagnachmittag habe ich noch um Spenden gebeten. Innerhalb weniger Stunden war unser Raum rappelvoll.
Was hatten Sie dabei?
Soldo-Bilac: Jede Menge Süßigkeiten, Kekse, andere Lebensmittel, Kosmetika. Außerdem haben Würzburger nagelneue Kleidung gekauft, auch für Kinder, und haben sie zu uns gebracht. Dazu kleine Spielsachen, Puppen und Malzeug.
Das war also ein kleiner Hilfstransport?
Soldo-Bilac: Definitiv. Mehr passte nicht rein. Wir haben auch nicht alles untergebracht. Die andere Hälfte ist noch hier.
War denn klar, ob es dafür auch Abnehmer gibt und wohin die Sachen sollten?
Soldo-Bilac: Das wussten wir nicht. Wir haben das Dorf auf der Landkarte gesucht. Aus dem Fernsehen hatte ich ein Bild, wie das Haus aussieht. Wir sind da etwas blauäugig hingefahren, haben uns aber auf der Hinfahrt viele Gedanken gemacht: Wir hatten viel Polizeipräsenz und Sicherheitsdienste erwartet.
Und so war es dann auch?
Soldo-Bilac: Nein, gar nicht. Da war weder Polizei noch Security, das hat uns total überrascht. Für uns war es leicht, wir sind problemlos in das Gebäude reingekommen. Wenn jemand in anderer Absicht käme, hätten die Menschen keinen Schutz.
Sie haben dann gezielt nach dem Jungen aus dem Bus gesucht?