Noch nie seit es Umfragen gibt, schaffte es ein SPD-Spitzenkandidat so schnell beliebt zu werden wie Martin Schulz. Wie macht der 61-Jährige das?
„Weil man ihm glaubt, was er sagt“, meint ein Besucher am Samstag nach dem Auftritt des SPD-Kanzlerkandidaten in Würzburg. „Weil er die Herzen der Menschen erreicht“, sagt ein Zuhörerin.
Beide sind Mitglieder der SPD, die Schulz momentan in jeder Halle Deutschlands auch einfach dafür feiern, dass er da ist – und die SPD Aufwind schnuppern lässt.
So skandieren im Vogel Convention Center rund 1000 Menschen „Martin,Martin“, noch bevor der Martin grinsend und winkend zur Tür rein kommt.
Eigentlich wenig Neues
Was Schulz dann am Rednerpult erzählt, sind zum größten Teil keine neuen politischen Visionen. Der mittelgroße Mann mit Stahlbrille und grau meliertem Bart versprüht auch keinen Obama-artigen locker-lässigen Charme.
Was man aber sofort spürt: Dieser Mann meint es ernst. Eine knappe Stunde lang redet er mit Leidenschaft und Herzblut. Er zeigt Gefühl – das bekommen Zuhörer von deutschen Politiker eher selten.
Menschliche Begegnungen statt statistische Zahlen
Wenn Schulz anprangert, „was in diesem Land nicht richtig läuft“, tut er das nicht wie ein Politikmanager mit Zahlen aus der Statistik. Stattdessen schildert er Begegnungen mit der alleinerziehenden Mutter, dem Altenpfleger, dem Bäckermeister an der Ecke. „Wenn der brav seine Steuern zahlt, während der amerikanische Kaffeekonzern nebenan das nicht tut“, ruft Schulz und ballt kurz die Faust: „Dann geht es nicht gerecht zu in diesem Land.“
Der Satz steht als Refrain am Ende jeder Einzelschicksals-Strophe, die er in seinem rheinischen Singsang als Beispiele für die vorhandene sozialen Schieflage schildert. Der Applaus im Saal wird nach jedem Refrain etwas stärker.