Werner Heyde, der ehemalige Direktor der Universitätsnervenklinik in Würzburg, wartet auf seine Richter. Ein Massenmörder soll er sein, medizinischer Leiter der nationalsozialistischen Aktion T4, verantwortlich für den Tod von 100 000 psychisch kranken und geistig behinderten Menschen. Deutschland, schreibt der „Spiegel“ im Mai 1961, erwarte einen ähnlich aufsehenerregenden Prozess wie den, der in Jerusalem gegen den Holocaust-Organisator Adolf Eichmann begonnen hat.
Der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer bereitet den Prozess vor. Er hat Eichmann in Argentinien aufgespürt und bereitet die Auschwitz-Prozesse vor, die ab 1963 in Frankfurt laufen werden. Der „Spiegel“ prophezeit, Bauer werde im Prozess gegen Heyde „sämtliche Verharmlosungsthesen ad absurdum“ führen, „mit denen in der jüngsten Vergangenheit ehemalige NS-Ärzte, leichtgläubige Juristen und kommentarfreudige Staatsfunktionäre die Aktion zur Vernichtung angeblich unwerten Lebens zu erklären versuchten“.