
Bilder gehen um die Welt
Der Grund, warum sich die Hetzer ausgerechnet Anas Modamani ausgesucht haben, ist ein Foto. Am 10. September 2015 macht der junge Mann, gerade erst ein paar Tage in Deutschland, in einer Asylunterkunft im Berliner Bezirk Spandau mit seinem Handy ein Selfie, ein Selbstporträt mit der Bundeskanzlerin. Es sind die Tage, kurz nach der Öffnung der Grenzen für die Flüchtlinge aus Budapest, als Angela Merkel das Heim besucht. Bereitwillig lässt sie sich von den dankbaren Flüchtlingen fotografieren. Die Bilder vom Selfie-Posieren gehen um die Welt, auch das mit Anas Modamani.
„Ein schöner Moment. Ich war froh, in Deutschland zu sein“, erinnert sich der junge Syrer an die Begegnung mit Merkel. Wir treffen Modamani 16 Monate später in einem Einfamilienhaus in Berlin-Biesdorf, wo er bei Anke Meuuw und ihrer Familie ein Zimmer gemietet und ein neues Zuhause gefunden hat. Bei Kaffee und Kuchen erzählt der junge Mann in Jeans und Karohemd vom früheren Leben in Syrien, seiner Flucht, seinem Alltag heute und seinen Träumen. Träume? Modamani ist bescheiden: „Ich möchte hier einfach nur leben wie normale Leute.“