Die Lage erscheint prekär. Ein Blick auf die Herausforderungen, denen sich die Automobilbranche zu stellen hat, müsste die Verantwortlichen in helle Aufregung versetzen: die Elektrifizierung der Mobilität, die Digitalisierung der Prozesse, die Automatisierung der Arbeit, die Beschleunigung der Innovationszyklen. Am Standort Schweinfurt der ZF Friedrichshafen AG aber bleibt man fokussiert. „Angst ist ein schlechter Lehrmeister“, sagt Standortleiter Hans-Jürgen Schneider.
„Wir konzentrieren unsere Aufmerksamkeit lieber auf die Zukunft.“ Dabei sieht sich ZF, ebenso wie seine Branchenkollegen, dem größten Transformationsprozess in der Geschichte des Automobilbaus gegenüber. Es wird kaum ein Stein auf dem anderen bleiben. „So gesehen bleibt in Schweinfurt alles beim Alten. Seit 125 Jahren müssen wir uns hier am Standort immer wieder neu erfinden, und das hat bisher immer geklappt“, sagt Betriebsratsvorsitzender Oliver Moll. Und zwar so gut, dass aus dem ursprünglichen Zwei-Mann-Unternehmen heute einer der wichtigsten ZF-Standorte mit über 9.000 Mitarbeiter*innen geworden ist.
Das Erfolgsrezept: der Schweinfurter Weg
Dies liegt unter anderem am „Schweinfurter Weg“: „Agieren statt reagieren“, fasst Schneider die Maxime zusammen. Ein Blick zurück in die Unternehmenshistorie belegt das. 1895 wurden die „Schweinfurter Präcisions-Kugellager-Werke Fichtel & Sachs“ zur Produktion von Kugellagern und Radnaben für Fahrräder gegründet. Mit der Markteinführung der Torpedo-Freilaufnabe für Fahrräder im Jahr 1903 begann der Aufstieg des Unternehmens. „Es war der Grundstein unseres anhaltenden Erfolgs und unser erster Meilenstein“, sagt Moll.
„Solange die Menschen mobil sind, wird ZF Lösungen für ihre Bedürfnisse finden.“
Hans-Jürgen Schneider, Leiter des Standorts Schweinfurt ZF Friedrichshafen AG
1929 stellte man den Betrieb komplett auf zukunftsfähige Entwicklungen wie Kupplungen, Kleinmotoren und Stoßdämpfer um und widmete sich der Motorisierung des Fahrrades und des Automobils. „Es war der Eintritt ins Automobilgeschäft“, sagt Moll. Seit 1965 werden in Schweinfurt Drehmomentwandler produziert, zuletzt über zwei Millionen Stück pro Jahr. Seit den siebziger Jahren diversifizierte das damalige Unternehmen Sachs, nun mit dem Beinamen „Die Erfinder AG“ versehen, sein Produktportfolio und setzte immer wieder neue technologische Maßstäbe. In den Achtzigern wurde das Unternehmen zunächst Teil von Mannesmann, später von Atecs, schließlich von ZF. „Sachs und ZF hatten eine ähnliche Zielsetzung und verstärkten sich dadurch in ihrem Tun. Hier fanden zwei Gleichgesinnte zueinander“, sagt Schneider. „Unser Produktportfolio reicht vom Antrieb über Fahrwerk und darüber hinaus.“
Die Aufgabe: Technologieführerschaft
Die Modulbauweise erlaubt dabei eine effiziente Produktion, die ZF zusammen mit seinem Technologievorsprung in vielen Bereichen die Weltmarktführerschaft sichert – in der Gegenwart und in der Zukunft. So auch bei der Elektromobilität, die die Branche gehörig unter Druck setzt und in der ZF schon frühzeitig aktiv war. 1990 startete man – auch hier als Branchenvorreiter – mit einer elektrischen Pilotflotte ins Zeitalter der E-Mobilität, bereits 2008 liefen die ersten elektrischen Maschinen für Hybridfahrzeuge vom Band.
„Wir haben die Menschen und das nötige Know-how, um den Wandel auch in Zukunft zu meistern.“
Oliver Moll, Betriebsratsvorsitzender in Schweinfurt ZF Friedrichshafen AG
Im Jahr 2016 entstand hier der Hauptsitz der neu gegründeten Division E-Mobility, 2018 kamen die ersten E-Achsantriebe auf den Markt. „Der E-Mobilität gehört die Zukunft“, sagt Schneider. So wie sich der Antrieb durch die Elektrifizierung ändert, so ändert sich auch der Verkehr durch die Digitalisierung. Neben den E-Produkten liegt deshalb auch besonderes Augenmerk auf den Prozessen, die sich auf den Straßen der Zukunft abspielen. Autonomes Fahren, Vernetzung und Assistenzsysteme sind Themenfelder, für die ZF bereits heute Produkte anbietet, die erst morgen auf der Straße Anwendung finden werden.
Die Gewissheit: Der Mensch im Zentrum
Egal, wie sich die Mobilität weiter entwickeln wird, eines bleibt gewiss: Der Mensch macht den Unterschied. Zur Verdeutlichung: Bei ZF in Deutschland hängen rund 15.000 Arbeitsplätze vom Verbrennungsmotor ab. Die Transformation muss deshalb durch gezielte Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen begleitet werden, etwa in neuen Berufsfeldern wie der E-Technologie, Fachinformatik oder der Robotik.
„SCW 2030“ nennt sich ein Papier, das die Entwicklung der nächsten Jahre skizziert. Es sorgt für eine Beschäftigungsgarantie bis 2025 und macht eine Zusage zu Ausbildungsplätzen. „Ein wichtiges Signal, das uns Sicherheit gibt“, sagt Moll. Auch hier geht Schweinfurt im Konzern voran und wirkt wegweisend. Eine saubere und sichere Mobilität, die automatisiert, komfortabel, bezahlbar und für jeden überall auf der Welt zugänglich ist: Das ist die ambitionierte Vision, die ZF für die Zukunft verfolgt – auch am Standort Schweinfurt. Schneider: „Dies ist ein Prozess, der nie abgeschlossen sein wird. Wir haben in den vergangenen 125 Jahren dazu beigetragen und dies werden wir auch in Zukunft. So handeln wir.“
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