Die fränkische Brauwirtschaft leidet auch nach den bisherigen Lockerungen schwer unter der Corona-Pandemie. Die Bierbrauerei Werneck musste aufgegeben und schließt Ende September, über 400 Jahre nach ihrer Gründung. Und das obwohl die Eigentümerfamilie Lang zuletzt viel Zeit und Kraft in die Entwicklung von Marke und Markt investiert hat. In Werneck (Lkr. Schweinfurt) hat die Entscheidung Betroffenheit ausgelöst. Nun hat die Ochsenfurter Kauzen Bräu die Leitmarke "Frankonia Brauspezialitäten" und die zugehörigen Rezepturen übernommen und verspricht, die bisherigen Abnehmer in gewohnter Qualität zu bedienen. Nur dass das Bier ab Oktober nicht mehr in Werneck gebraut wird, sondern in Ochsenfurt (Lkr. Würzburg).
Die wichtigsten Standbeine sind weggebrochen
Die Gastronomie und Veranstaltungen waren die wichtigsten Standbeine der Wernecker Brauerei. Beide sind mit Beginn der Corona-Krise weggebrochen. Um den Betrieb weiterzuführen, hätte sich die Brauerei verschulden müssen, sagt Juniorchefin Christine Lang, allein schon für den geplanten Bau eine neuen Sudhauses – und das mit ungewissen Aussichten über das Ende der Krise und im harten Preiskampf mit Großbrauereien. "Wir haben noch nie Kredite aufgenommen, wenn wir nicht wussten, ob wir sie zurückzahlen können", so Lang. Deshalb sei jetzt der richtige Zeitpunkt gewesen, die Brauerei aufzugeben. "Man muss solche Entscheidungen treffen, so lange man noch kann, nicht erst, wenn man muss."
Dass nun wenigstens die Marke "Frankonia" erhalten bleibt, freut Christine Lang. Mit der ebenfalls familienführten Kauzen Bräu habe man einen Partner gefunden, der die gleichen Werte teile und zu dem langjährige Beziehungen bestehen. "Es ist schön, dass zumindest ein Teil von uns erhalten bleibt, und Kauzen gewinnt in der Krise eine neue Marke hinzu", so Lang weiter. "Trotz der traurigen Umstände ist das eine Win-Win-Situation."
Bierabsatz um zwei Drittel eingebrochen
Auf diesen Rückenwind setzt auch Kauzen-Chef Karl-Heinz Pritzl, wenngleich die Situation auch für die Ochsenfurter Brauerei derzeit alles andere als rosig ist. Der Bierabsatz sei um zwei Drittel eingebrochen und erhole sich auch angesichts der bisherigen Lockerungen in der Gastronomie nur ganz allmählich. "Viele Kunden haben die Kühlhäuser noch voll, und bestellen erst, wenn die Fässer leer sind", so Pritzl. Die äußeren Umstände sprächen nicht für einen zügigen Anstieg des Bierkonsums. "Bier ist ein geselliges Getränk", sagt Pritzl, "dass die Leute in fröhlicher Runde sitzenbleiben, das gibt's im Moment nicht." Das Geschäft mit Festen und Veranstaltungen fällt komplett aus.
Karl-Heinz Pritzl ist Vorsitzender der Vereinigung Mainfranken-Bier, in der sich Privatbrauereien zusammengeschlossen haben, um der regionalen Brauwirtschaft im Wettbewerb mit den Großbrauereien mehr Gewicht und Stimme zu verleihen. Derzeit jedoch herrsche "Funkstille" in dem Verein, sagt Pritzl. Jeder Brauer habe genug mit seinen eigenen Problemen zu kämpfen. Auch Kauzen hat Kurzarbeit angemeldet. Inzwischen wurde die Arbeitszeit wieder von 50 auf 80 Prozent erhöht.
Die Übertragung der Markenrechte von Frankonia fasst Karl-Heinz Pritzl als Vertrauensbeweis auf. "Wichtig war dabei, dass man eine Zukunft gesehen hat", meint er. Für diese Zukunft steht Juniorchef Jacob Pritzl, der als Braumeister und Betriebswirt in den Startlöchern steht, um die Geschäftsführung der Brauerei zu übernehmen, und der schon heute seinen Einfluss auf die Markenentwicklung und der Verfolgung von Verbrauchertrends geltend macht.
Ist Helles bald beliebter als Pils?
Beispielhaft dafür steht die zunehmende Beliebtheit von Hellbier. Jacob Pritzl rechnet sogar damit, dass das Helle bei Kauzen in ein, zwei Jahren das bis dato absatzstärkste Pils überflügeln wird. Besonders profitiere davon die Marke "Wolf Bier", die Kauzen 2009 nach Schließung der Brauerei Wolf in Fuchsstadt (Lkr. Würzburg) übernommen hat. "Wolf Bier, das weiterhin nach Wolf-Rezepten gebraut wird, ist eine sehr starke Marke für uns, vor allem im überregionalen Handel", sagt Karl-Heinz Pritzl.
Daran möchte Jacob Pritzl auch mit dem Frankonia-Bier aus Werneck anknüpfen. In den fünf brauereieigenen Gaststätten der Wernecker Brauerei werde es weiterhin ausgeschenkt und auch die Signale der übrigen Kunden seien positiv, sagt Christine Lang. Um die Kundenbeziehungen fortzuführen, hat Kauzen einen Außendienstmitarbeiter der Wernecker Brauerei übernommen. Jacob Pritzl ist zuversichtlich, dass es gelingt, den Geschmack der Biertrinker im Raum Schweinfurt/Werneck zu treffen, auch wenn das Frankonia-Bier dann mit Wasser aus dem brauereieigenen Brunnen in Ochsenfurt gebraut wird und deshalb nicht mehr "Wernecker Bier" genannt werden darf.