
Zwei große Bildschirme an der Wand, vier Schreibtische mit je einem Computerarbeitsplatz, dazu ein paar unspektakuläre Büromöbel – das war's. Aus mehr besteht sie nicht, die Zentrale, von der aus das Unternehmen Belectric am Hauptsitz in Kolitzheim (Lkr. Schweinfurt) rund 800 Photovoltaikanlagen weltweit betreut.
Mehr braucht's dazu auch nicht. Das wird im Gespräch mit Tobias Völk, dem Leiter des Bereichs Überwachung bei Belectric, rasch klar. Wer beim Gedanken an Begriffe wie "Schaltzentrale" oder "Leitwarte" an große Räume mit langen Tischen, vollgestopft mit Anzeigetafeln, Knöpfen, Schaltern und Monitoren denkt, der hat Bilder im Kopf aus einer Zeit, in der Strom fast ausschließlich in Kernkraft- oder Kohlekraftwerken entstand. Eine Anlage zu steuern, die Strom aus Sonnenlicht herstellt, ist im Vergleich dazu weit weniger aufwändig.
Leistung vergleichbar mit einem Kernkraftwerk
Doch der unspektakuläre Anschein des Belectric-Kontrollraums darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass dort Betriebsdaten eines riesigen Netzwerks aus Solarparks zusammenlaufen. Zusammengerechnet bringen es die von dort aus überwachten Photovoltaikanlagen auf fünf Kontinenten auf eine Jahresleistung von 1,3 bis 1,4 Megawatt, sagt Völk. Nur zum Vergleich: So viel Strom hat das im Juni 2015 stillgelegte Kernkraftwerk Grafenrheinfeld bei Schweinfurt als Spitzenlast ebenfalls erzeugt.
125 der Freiflächen-Photovoltaikanlagen, die Belectric von Kolitzheim aus überwacht, stehen in Deutschland oder in Nachbarländern. Bei diesen Anlagen überwacht Belectric nicht nur den Betriebsablauf aus der Ferne. Für die meisten der Anlagen sind firmeneigene Techniker auf Abruf auch für die Behebung von Störungen zuständig. Zusammengerechnet bedeckten die dort installierten Solarmodule eine Fläche von 2500 Fußballfeldern, erklärt Völk.
Eine enorme Fläche – die ins kaum noch Vorstellbare wächst, wenn man den Blick auf die weiteren fast 700 Photovoltaikanlagen richtet, die Belectric größtenteils errichtet hat und für deren Betreiber das Unternehmen von Kolitzheim aus bestimmte Wartungsarbeiten erledigt. Je nach Vertrag geht es da beispielsweise um die Behebung von Software-Problemen. "In der Betriebsführung von Solaranlagen sind wir die Nummer eins", sagt Belectric-Geschäftsführer Ingo Alphéus.
Zahl der Solarparks nimmt weltweit zu
Und es werden immer mehr Anlagen. Jüngst hat das Unternehmen im Auftrag des Energieunternehmens EDF Renewables in Timna/Israel einen Solarpark fertiggestellt und in Betrieb genommen. Die 60-Megawatt-Anlage soll nach Angaben des Unternehmens über 145 Gigawattstunden Sonnenstrom pro Jahr produzieren.
Belectric hat die Anlage, die aus 154 000 Solarmodulen besteht, schlüsselfertig geliefert. Dagegen wirkt die Freiflächen-Anlage von Belectric, die Anfang Juni bei Herlheim (Lkr. Schweinfurt) ans Netz ging, mit ihren 31 700 Modulen mickrig. Dabei zählt diese Anlage, deren Module 6,3 Hektar bedecken und die es auf eine Spitzenleistung von 13 Megawatt bringen, bereits zu den großen Anlagen in Unterfranken.

Doch wie viele Anlagen ließen sich von Kolitzheim aus denn überhaupt fernüberwachen? Technisch betrachtet gebe es da kaum Grenzen, sagt Bereichsleiter Völk. Das Betriebssystem ließe sich um beliebig viele Anlagen erweitern, nur müsste dann die Zahl von derzeit vier bis fünf Mitarbeitern, die die einlaufenden Daten im Blick haben, mitwachsen.
Knackpunkt sei jedoch, wie so oft, der Mangel an Fachpersonal: Belectric fehlen nicht nur Ingenieure, sondern auch Elektriker, sagt Geschäftsführer Alphéus. "Dieser Mangel an Fachpersonal kann die ganze Energiewende in Deutschland schwanken lassen."
Belectric greift auf eigene Techniker zurück
Die Mitarbeiter im Kontrollraum bei Belectric arbeiten nicht rund um die Uhr. Sie sind tagsüber im Dienst, wenn über den Anlagen in Deutschland und in den Nachbarländern die Sonne scheint und die Photovoltaikanlagen somit Strom ins Netz einspeisen. Für die meisten dieser Anlagen ist Belectric auch für die Reparatur von Schäden zuständig.
Hier muss schnell gehandelt werden, weshalb die beiden Überwacher in der Zentrale die Live-Betriebsdaten dieser Anlagen ständig beobachten. Für die Anlagen auf den Längengraden des Erdballs, wo die Sonne scheint, wenn es bei uns Nacht ist, beheben Mitarbeiter von Kolitzheim Fehler, die weniger zeitkritisch sind, etwa Software-Updates.
Fällt beispielsweise ein Wechselrichter an einer Anlage aus, dann schickt Belectric von einem seiner vier Niederlassungen in Deutschland eigene Techniker zu der Anlage. Die Reaktionszeit betrage maximal eine halbe Stunde, schildert Völk.

Sollte es sich um Software-Probleme handeln, dann lassen sich diese oft von Kolitzheim aus per Datenleitung beheben. Dies gilt für alle der weltweit verstreuten Anlagen, die Belectric betreut. Die Daten zwischen der Zentrale und den Anlagen laufen nicht übers frei zugängliche Internet. Obwohl die Politik das Solarstrom-Unternehmen nicht als kritische Infrastruktur einstuft, werde dort peinlichst auf IT-Sicherheit geachtet, sagt der Geschäftsführer. Dazu zählt der Datenaustausch per VPN (Virtuelles Privates Netzwerk), das vor Cyber-Angriffen geschützt ist.
Webcams liefern ihm alle 15 Minuten Standbilder der überwachten Anlagen, sagt Ali Manzar. Der Elektroingenieur ist einer der beiden Kontrolleure im Raum. Wenn er auf den Aufnahmen etwas Auffälliges sieht, oder falls bei ihm ein Alarmsignal einläuft, das auf eine Störung einer Anlage hinweist, dann hat er die Möglichkeit, sich per Webcam auch Live-Bilder von den Anlagen anzeigen zu lassen.
Terroristen-Tunnel sorgte bei Belectric für Alarm
Teilweise sind die Auslöser der Störung dann auf den ersten Blick zu sehen – und mitunter recht kurios. In Chile, berichtet Alphéus, sei es beispielsweise schon vorgekommen, dass ein Fallschirmspringer auf einer neben einem Flugplatz gelegenen Photovoltaikanlage landete. In Israel kam es vor, dass ein illegaler Versorgungstunnel von Hamas-Terroristen in einem Solarpark endete.
Weniger ungewöhnlich ist Nagerverbiss in den Anlagen, die Störungen und Ausfälle auslösen. Falls die Tiere im Hochvolt-Bereich knabbern, bleibt von diesen manchmal nur ein verkohltes Skelett übrig, erzählt Völk.
Der Diebstahl von Solarmodulen sei hierzulande kein Problem, sagt der Geschäftsführer. Ganz anders sei das in Italien, wo immer wieder reihenweise Module von Anlagen verschwinden. Auch diese Form von Problemen schlagen dann im Kontrollraum in Kolitzheim auf.