Knapp drei Monate ist es her, dass Spindler den hauseigenen Tarifvertrag überraschend kündigte und die Zusammenarbeit mit der Industrie-Gewerkschaft (IG) Metall beendete. Doch die Geschäftsführung ist offenbar zurückgerudert.
Die mainfränkische Autohaus-Gruppe hat die Gespräche mit der Gewerkschaft wieder aufgenommen. Das bestätigten das Unternehmen und die IG Metall auf Nachfrage. Wie es zu dieser überraschenden Kehrtwende gekommen ist, bleibt unklar. Die Spindler-Geschäftsführung teilte mit, dass sie derzeit keine Fragen beantworten wolle.
Rechtlich heikles Vorhaben
Ursprünglich hatte Spindler angekündigt, die Gewerkschaft zu umgehen und stattdessen mit dem Betriebsrat weiter zu verhandeln. Aus dieser Idee ist offenbar nichts geworden, denn vergangene Woche saß die IG Metall wieder mit am Tisch.
Bereits im Juni hatte sich abgezeichnet, dass Tarifgespräche an der Gewerkschaft vorbei rechtlich heikel gewesen wären. Tobias Schmitt, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Würzburger Kanzlei Bendel & Partner, erklärte gegenüber dieser Redaktion: Solange es die Möglichkeit gebe, einem Tarifvertrag beizutreten, dürften Unternehmen Löhne und Arbeitszeit nicht einfach per Vereinbarung mit dem Betriebsrat regeln. Auch die Gewerkschaft fand damals deutliche Worte: "Ein Ausstieg der Spindler-Autohäuser aus der Tarifbindung kommt für uns nicht in Frage."
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Zwar ist der aktuelle Tarifvertrag weiterhin gekündigt, doch der Streit scheint vorerst ausgeräumt. Die Vorsitzende des Betriebsrats ist jedenfalls froh, dass die Situation nicht weiter eskaliert ist. Man befinde sich jetzt auf einem guten Weg, betont Sandra Weissenbäck. Sie ist zuversichtlich, bis Ende Oktober eine Einigung zu erzielen.
Auch Norbert Zirnsak von der IG Metall Würzburg spricht von "positiven Gesprächen". Nachdem die Arbeitgeberseite zu Zugeständnissen bereit gewesen sei, habe man gemeinsam versucht, "die Kuh vom Eis zu holen". Er begrüßt den Kurswechsel der Geschäftsführung: "Das nützt allen Beteiligten: den Beschäftigten und dem Unternehmen."
Wer soll was verdienen?
Einer der großen Knackpunkte dürfte weiterhin die Einführung eines neuen Vergütungssystems sein. An der Frage, welche Berufsgruppen wie viel verdienen sollen, sind die Verhandlungen vor drei Monaten vorläufig gescheitert. Die Gewerkschaft warf der Arbeitgeberseite vor, sich bewusst vom Flächentarifvertrag im bayerischen Kfz-Handwerk zu entfernen, und nannte deren Lohn-Konzept eine "Mogelpackung".
Die Spindler-Geschäftsführung wiederum kritisierte, dass die Gewerkschaft an einem längst veralteten Modell festhalte, das die Wettbewerbsfähigkeit und die Attraktivität des Unternehmens gefährde. In den aktuellen Gesprächen zeichne sich laut IG Metall und Betriebsrat jedoch ein Kompromiss ab. Zu Details wollte sich vorerst niemand äußern.
Für wen der neue Vertrag gelten würde
Der neue Tarifvertrag würde erstmal nur die rund 450 Mitarbeiter in den Würzburger Autohäusern betreffen. Die Spindler-Gruppe besitzt zwar auch Niederlassungen in Kitzingen und Kreuzwertheim, diese sind allerdings rechtlich eigenständig organisiert. Dort gibt es laut IG Metall derzeit keinen Tarifvertrag.
Insgesamt orientierten sich die meisten Betriebe in der Region – beispielsweise bei Gehalt und Arbeitszeit – an den Regelungen im Flächentarifvertrag, erklärt Roland Hoier, Obermeister der Kfz-Innung Unterfranken. Eigene Haustarifverträge – wie bei Spindler – seien eher die Ausnahme.
Warum der Fachkräftemangel eine Rolle spielt
Grundsätzlich müssten Werkstätten und Autohäuser schon deshalb angemessene Löhne zahlen, weil die Suche nach Fachkräften immer schwieriger werde. "Knappes Angebot führt bei hoher Nachfrage zu hohen Preisen", so Hoier.
Aus seiner Sicht spielt es dabei keine Rolle, ob die Arbeitgeber wirklich Mitglied in der Tarifgemeinschaft sind oder im Arbeitsvertrag auf die Regelungen im Tarifvertrag verweisen. Das sieht der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) anders: Das Argument, man orientiere sich als Unternehmen an den tariflichen Bedingungen, sei eine "billige Ausrede", erklärt der regionale DGB-Geschäftsführer Frank Firsching in Würzburg. Denn dann könnten die Betriebe den Tarifverträgen auch einfach beitreten. Das aber hätte zur Folge, dass die Beschäftigten einen Rechtsanspruch hätten auf Lohnerhöhungen, Weihnachtsgeld und vieles mehr. "Das wollen die Unternehmen nicht", so Firsching.
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- Beim mehrgliedrigen Tarifvertrag verhandeln auf beiden Seiten mehrere Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände.
- Der Firmentarifvertrag (Haustarifvertrag) wird von einer Gewerkschaft verhandelt, gilt aber nur in dem entsprechenden Unternehmen.