Der Krieg in der Ukraine und die hohen Energiepreise haben in Unterfranken zu einem Boom bei Solaranlagen geführt. Doch erhöhte Nachfrage führt mitunter zu Engpässen. Wie also ist die Lage bei den Firmen? Können sie die Nachfrage von Privatpersonen bedienen? Und was raten die Experten denjenigen, die sich jetzt Module für Sonnenstrom aufs Dach setzen lassen möchten? Eine Bestandsaufnahme für die Region.
Worauf sollten Privatpersonen bei Interesse an einer Solaranlage jetzt achten?
Wer sich jetzt dafür interessiert, eine Solaranlage auf das eigene Dach zu setzen, sollte laut den Experten vor allem Geduld mitbringen. Um die Handwerkerinnen und Handwerker zu unterstützen, sei es hilfreich, bereits bei der Anfrage Bilder und Daten des Hauses mitzuschicken. Wichtig sei zudem, sich mehrere Angebote einzuholen und auf Handwerksbetriebe aus der Region zu setzen, die von der Planung bis zur Montage alles übernehmen.
"Durch den Boom entstehen viele neue Unternehmen am Markt. Da ist die Gefahr groß, dass sich auch einige Eintagsfliegen mit unzuverlässigen Subunternehmern entwickeln", so Thorsten Schmitt, Team- und Projektleiter bei Beck Elektrotechnik aus Würzburg.
Mit dem Handwerksbetrieb vor Ort hingegen habe man einen langfristen Ansprechpartner um die Ecke, der die Anlage auf Wunsch erweitern könne und bei technischen Problemen schnell da sei, um die Anlage wieder zum Laufen zu bringen.
Wie ist die Lage bei unterfränkischen Firmen für Solaranlagen?
Egal, bei wem man sich umhört: Die Anfragen von Privathaushalten zu Solaranlagen sind überall massiv gestiegen. Zwar nehmen die Firmen noch Neukundinnen und -kunden an, doch diese müssen mit einer teils langen Wartezeit rechnen.
Beck-Teamleiter Schmitt macht die Lage klar: "Wir sind schon bis Frühling 2023 ausgebucht, was die Montage betrifft." Angebote und Planungen mache sein Unternehmen noch, doch man müsse einen gewissen Vorlauf bis zur Beratung und Montage einberechnen.
Ähnlich sieht es bei Suntec Energiesysteme aus dem Gaukönigshofener Ortsteil Wolkshausen (Lkr. Würzburg) aus. "Die Anfragen sind extrem", erzählt Geschäftsführer Jochen Hilpert. "Wir haben noch Kapazität, aber man muss mit etwa zwei Monaten Vorlauf rechnen, bis man ein Angebot bekommt."
In Gemünden (Lkr. Main-Spessart) dagegen läuft es noch etwas flotter. Sunrapido Solar ist überwiegend auf Großprojekte spezialisiert. Doch seitdem immer mehr Privatleute Kleinanlagen nachfragen, bietet die Firma auch diese vermehrt an. "Unsere Montage- und Lieferzeit liegt derzeit bei circa 16 Wochen", sagt Projektleiter Danny Riviera. Neukundinnen und -kunden bekämen innerhalb von drei Wochen einen Besichtigungstermin und ein passendes Angebot.
Wie sieht es mit sogenannten Balkonkraftwerken aus, also Kleinanlagen für die Steckdose daheim?
Auch bei Balkonkraftwerken (siehe Infokasten) sind die Anfragen bei den Betrieben gestiegen, allerdings nicht so sehr wie bei Dachanlagen. Zwar können die kleinen Solaranlagen durchaus eine sinnvolle Investition für Mieterinnen und Mieter sein. Doch die Zusatzarbeiten, die die Installation erfordert, schrecken offenbar viele ab.
"Für ein Balkonkraftwerk sind die gleichen Anpassungen nötig wie bei einer größeren Solaranlage", erklärt Schmitt von Beck Elektrotechnik. Dazu gehören unter anderem ein eigener Einspeisekreis mit entsprechender Steckdose, Änderungen am Zähler und die Notwendigkeit eines Gerüsts. "Der allgemeine Interessent möchte jetzt die Unabhängigkeit", fügt Schmitt an. "Und die erreicht er mit einem Balkonkraftwerk eher nicht."
Wie entwickeln sich die Preise für Solaranlagen?
Wie viel teurer eine Solaranlage im Durchschnitt geworden ist, lässt sich nicht pauschal sagen. Denn die Planung und Installation sind für jeden Standort individuell, sie sind abhängig von der Dachfläche, vom Gerüst und weiteren Faktoren. Doch klar ist: Die Preissteigerungen für Rohstoffe wie Aluminium, Edelstahl oder Kupfer wirken sich auf den Preis von Sonnenstrom-Anlagen aus.
So ist eine Anlage laut Hilpert von Suntec Energiesysteme in der Summe etwa 25 Prozent teurer als noch vor einem Jahr, allerdings seien die Preise damals sehr niedrig gewesen. "Die Solarbranche ist schon immer sehr dynamisch", fügt er an.
Projektleiter Riviera von Sunrapido Solar erzählt, dass neben den Rohstoffpreisen auch die Löhne und Transportkosten gestiegen seien. "Aktuell rechnen wir je Komponente mit einer Preissteigerung zwischen 16 und 36 Prozent."
Wie groß sind Lieferprobleme bei Photovoltaikanlagen?
Die Lage bei den Lieferungen unterscheidet sich in den Betrieben. So erzählt Projektleiter Riviera, dass seine Firma in Gemünden Solarmodule für fünf bis sechs Monate reserviere. Auch andere notwendige Produkte wie Sicherungen, Wechselrichter und Batterien lagerten sie meist in großen Mengen. "Es kommt selten vor, dass wir mal einen Kunden vertrösten müssen, weil etwas fehlt", sagt Riviera. "Wenn doch, liegt es meist daran, dass auch die Speditionen Land unter sind."
Bei Beck Elektrotechnik in Würzburg haben sie offenbar ebenso kein Problem mit Lieferzeiten oder Materialmangel – dank langfristiger Geschäftsbeziehungen. Die Wartezeiten bei Aufträgen hingen derzeit eher am Fachkräftemangel als an Lieferschwierigkeiten, so Schmitt.
Suntec-Geschäftsführer Hilpert sieht die Lage nicht ganz so entspannt, obwohl seine Firma die Lagerkapazitäten bereits ausgeweitet habe: "Es ist schwierig, eine Baustelle am Stück durchzuziehen, weil immer etwas fehlt." Im Großhandel sei fast nichts mehr von heute auf morgen verfügbar. "Es ist mehr Vorausschau notwendig, um ein Projekt flüssig laufen zu lassen", fügt Hilpert an.