Zwei Tage war der neue SKF-Präsident Rickard Gustafson kürzlich in Schweinfurt. Antrittsbesuch, zum ersten Mal im mit 4100 Beschäftigten weltweit größten Werk des Wälzlagerherstellers aus dem schwedischen Göteborg, der weltweit gut 42 000 Menschen Arbeit gibt. Zeit, die Stadt am Main zu erkunden, blieb für Gustafson dabei kaum. Nicht mal den beeindruckenden Ausblick aus dem SKF-Hochhaus konnte der neue CEO lange genießen. Zu voll gepackt war das Programm mit zahlreichen Führungen und Meetings.
Im Management ist der 56 Jahre alte Schwede quasi ein alter Hase, arbeitete er doch vor seinem Wechsel zu SKF als Nachfolger von Alrik Danielson zehn Jahre bei der skandinavischen Fluglinie SAS, war davor bei einem Versicherungskonzern und bei General Electric. "SKF ist für mich eine industrielle Ikone", betont er.
Es sei wahrscheinlich die schwedische Marke, die am stärksten globalisiert sei. Genau das sei die Herausforderung gewesen bei 165 Produktionsstädten in 28 Ländern und gut acht Milliarden Euro Jahresumsatz, die ihn gereizt habe.
Gustafson äußert im exklusiven Gespräch mit dieser Redaktion klare Vorstellungen, wie er die Zukunft des Standorts Schweinfurt sieht und wie sich SKF als Ganzes entwickeln muss, um wettbewerbsfähig zu sein.
Gleichwohl ist der Respekt vor dem, was am weltweit größten SKF-Standort geleistet wird, ausgeprägt: Auf einer Skala von eins (sehr schlecht) bis zehn (sehr gut), würde der CEO den von Martin Johannsmann geleiteten Schweinfurter Werken "eine Acht geben, wegen der großen Tradition, der Fähigkeiten der Beschäftigten und der technischen Möglichkeiten hier." Schweinfurt sei ein "wichtiger Standort und wir bedienen hier sehr wichtige Kunden".
Beschäftigungssicherung für Schweinfurt bleibt, aber Wandel gefordert
An der vor seiner Zeit ausgehandelten Beschäftigungssicherung in Schweinfurt bis 2026 rüttelt Gustafson ausdrücklich nicht, sagt aber auch: "Es gibt aus meiner Sicht nirgendwo eine Jobgarantie. Wenn man nicht wettbewerbsfähig ist und die Kunden nicht bei einem kaufen wollen, hat man keine Zukunft. Wir müssen unsere Möglichkeiten ausschöpfen, zusammenarbeiten und gemeinsam mit den Gewerkschaften und dem Betriebsrat Wege finden, unsere Zukunft zu sichern." Das Erfolgsrezept sei, sich immer weiter zu wandeln "und die Produktivität zu steigern."
Natürlich, so Gustafson, könne es sein, dass in einigen Jahren Produkte, die jetzt in Schweinfurt hergestellt würden, in China produziert würden. Man könne sich dem weltweiten Trend und den Bedürfnissen der Kunden nicht verschließen. Er sei aber "auch überzeugt, dass wir in Europa genügend Möglichkeiten für ein erfolgreiches Business haben. Ich will da sein, wo die Kunden sind und die weisen uns den Weg, wie wir für sie relevant bleiben können."
Klimaschutz als Herzensthema und Chance für neue Geschäftsfelder
Ein Thema, auf das Rickard Gustafson ein besonderes Augenmerk legt, ist der Klimaschutz. Bis 2030 will SKF für alle Werke weltweit CO2-Neutralität, bis 2050 soll das auch für die komplette Wertschöpfungskette gelten, insbesondere für den eingekauften Stahl. In Göteborg oder in Werken in Spanien und Österreich sei man schon CO2-neutral, in Schweinfurt arbeite man daran.
SKF, so Gustafson, "glaubt an eine nachhaltige Zukunft". Dabei gehe es nicht nur um die Bewahrung der Lebensgrundlagen, sondern aus seiner Sicht auch um eine Geschäftsperspektive, die Chancen biete. Er sei überzeugt, dass die SKF-Kunden wissen wollen, wie man den eigenen CO2-Fußabdruck verringere, weil das wiederum auch eine Forderung von deren Kunden sei.
Darüber hinaus biete man zahlreiche Produkte für Wachstumsindustrien wie Windkraft, Eisenbahn oder E-Mobilität: "Wenn wir deren Partner sein wollen, müssen wir dieselbe Sprache sprechen." Außerdem: "Ich glaube nicht, dass die nächste Generation für eine Firma arbeiten will, die Klimaschutz nicht ernst nimmt. Ich bin überzeugt, dass wir auf dieser Reise unbedingt dabei sein müssen."