Als Kinderkrankenschwester hat Heidi Blum gearbeitet, 45 Jahre lang, im Schichtdienst. "Hätte ich keine Zusatzversicherung abgeschlossen, könnte ich heute von meiner Rente nicht leben", sagt die Würzburgerin. Am Freitagnachmittag stand sie daher in der Eichhornstraße in der Würzburger Innenstadt, um gegen Altersarmut zu demonstrieren.
Die rund 300 Mitglieder starke Facebookgruppe "Gemeinsam gegen Altersarmut Würzburg und Umgebung" hatte zu der Mahnwache aufgerufen. Eine bedingungslose Grundrente von 960 Euro, Zuschläge nach Beitragsjahren und eine dreizehnte Rente als Urlaubs- und Weihnachtsgeld fordern die Rentner unter anderem.
Unruhen im Vorfeld: Steht die Bewegung Rechten nahe?
Zu Beginn der Veranstaltung um 14 Uhr waren auf dem QR-Platz etwa 40 Menschen versammelt, die wenigsten von ihnen waren jedoch Rentner: Drei Teilnehmer schwenkten Fahnen mit dem Logo der linken Gruppierung Antifaschistische Aktion (Antifa), ein Banner zeigte neben dem Antifa-Logo den Spruch "Armut hat System – Kapitalismus überwinden".
Altersarmut betreffe alle, so der 24-jährige Julian Höfner, der auch im Vorstand der "Mut"-Partei ist. "Wir hatten Sorge, dass Rechte das Thema besetzen und die Veranstaltung für sich nutzen", erklärte Höfner seine Teilnahme an der Mahnwache.
Im Vorfeld der Mahnwachen wurde den Initiatoren der bundesweiten Bewegung "Fridays gegen Altersarmut" vorgeworfen, der AfD und NPD nahe zu stehen. Brigitte Bauer, Organisatorin der Würzburger Mahnwache und Rentnerin aus Hammelburg, betonte jedoch: "Wir distanzieren uns ausdrücklich von 'Fridays gegen Altersarmut' und allen anderen politischen Gruppierungen."
Rentner sind enttäuscht
Die Polizei forderte schließlich alle Demonstranten mit Antifa- Symbolen auf, den QR-Platz zu verlassen.
Rund 70 Personen standen zeitweise in der Eichhornstraße, etwa ein Drittel Rentner, zwei Drittel aus "anderen Lagern", so die Einschätzung der Polizei. "Ich hatte mehr erwartet", erzählt eine Teilnehmerin auf Anfrage der Redaktion. Sie geht in zwei Jahren in Rente, dann hat sie insgesamt 50 Jahre in der Pflege und im Büro gearbeitet. "Ich werde mich jetzt bald nach einem 450-Euro-Job umschauen."
Organisatorin Brigitte Bauer kündigte am Abend an, in Zukunft monatliche Demonstrationen organisieren zu wollen.
Auf dem Marktplatz in Schweinfurt
In Schweinfurt hatte Volker Müller zum stillen Protest auf dem Marktplatz aufgerufen. Der Rentner, der in der Kommunalpolitik die Freien Wähler unterstützt und als parteipolitisch nicht eingefärbt gilt, hat "irgendwann mitbekommen, dass sich da etwas tut" und ist heute der Administrator der regionalen Facebook-Gruppe "Gemeinsam gegen Altersarmut", die knapp 200 Mitglieder in Main/Rhön und im Bereich Kitzingen hat.
Weil die Resonanz auf die Ankündigung der Mahnwache im Netz und in den lokalen Medien "hoffen ließ", rechnete der 56-Jährige mit 30 Unterstützern bei der Aktion, die am Freitag um 16 Uhr begann und um 18 Uhr endete. Auf den Marktplatz versammelten sich dann um 16 Uhr 53 Mitstreiter, vor allem Ältere, "die nicht hinnehmen werden, dass man nach 40 Jahren im Job keine 1000 Euro Rente in der Tasche hat. Das ist eine Ungerechtigkeit. Das geht gar nicht!", so Volker Müller.
Für alles sei Geld da, nur nicht für die Rentner, waren sich die Teilnehmer einig und auch über den Spruch auf einem mitgeführten Schild: "Wer die Rentner quält, wird nicht gewählt". Gefordert wurde unter anderem ein solidarisches Rentensystem, die steuerfreie Rente und die Einführung einer Vermögenssteuer.
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