
Begriffe wie Industrie 4.0 oder Digitalisierung sind für die Bosch Rexroth AG so selbstverständlich wie für den Handwerker der Hammer oder der Lötkolben. Der Konzern mit Sitz in Lohr am Main (Lkr. Main-Spessart) verkauft längst nicht nur Maschinenkomponenten, sondern er versteht sich auch als Anbieter von digitalen Lösungen für Abläufe in Fabriken.
In diesem Zusammenhang ist die am Dienstag eröffnete Modellfabrik für Industrie 4.0-Lösungen zu verstehen. Sie wirft im knapp drei Autostunden von Lohr entfernten "Science Park" im Norden von Ulm deutliche Wellen bis nach Mainfranken, wo der Konzern an vier Standorten insgesamt gut 7300 Menschen beschäftigt und damit nach dem Autozulieferer ZF in Schweinfurt zweitgrößter kommerzieller Arbeitgeber ist.
Wie Bosch Rexroth am Dienstag weiter mitteilte, ist die Ulmer Modellfabrik als eine Art Testlabor zu verstehen, in dem es um die durchdigitalisierte Fertigung in Betrieben geht. So fahren dort selbstlernende Roboter als Warentransporter umher. Ein "intelligenter Boden" steuert den Datenaustausch und die Wege.
Auf diese Weise könne der Einsatz von Maschinen noch effizienter als bisher werden, ist sich Bosch Rexroth sicher. Außerdem werde in der Modellfabrik mit Hilfe von Simulationen gezeigt, wie sich sowohl Maschinen als auch manuelle Arbeitsplätze umstellen und optimieren lassen.
Was die Entwickler in Ulm austüfteln, werde Folgen auch für die mainfränkischen Niederlassungen von Bosch Rexroth haben, sagte Unternehmenssprecherin Judith Muehlich auf Anfrage. Es komme "sicher häufig vor", dass zum Beispiel Mitarbeiter aus Lohr in die neue Modellfabrik fahren, um dort ihr Fachwissen für ein neues Projekt einzubringen. "Dieser Austausch befruchtet wiederum die Entwicklungen in den Werken", so Muehlich.
Was das neue Bosch-Rexroth-Zentrum bietet
Die Modellfabrik ist Teil eines neuen Kunden- und Innovationszentrums im Ulmer "Science Park". 20 Millionen Euro hat Bosch Rexroth zusammen mit Partnern dafür investiert. 200 Beschäftigte aus 18 Nationen seien dort im Einsatz, in zwei Jahren sollen es 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein. Ihnen steht neben der Modellfabrik ein 10 000 Quadratmeter großes Außengelände mit Werkstätten und einer Versuchsfläche für elektrisch angetriebene, mobile Maschinen zur Verfügung.

Zudem habe das Innovationszentrum Trainingsräume, in denen sich sowohl die Belegschaft des Konzerns als auch Kunden fortbilden können, wie sich Maschinen und Arbeitsplätze weiter digital vernetzen lassen, teilte das Tochterunternehmen des schwäbischen Bosch-Konzerns weiter mit. "In Ulm bringen wir zusammen, was zusammengehört: Kunden und Innovationen", sagte Vorstandsvorsitzender Rolf Najork am Dienstag laut der Mitteilung.
Welche Ziele Bosch Rexroth mit Hilfe von Ulm hat
Das bedeutet: Neben der Modellfabrik geht es auch um die Ausarbeitung von Produktideen, die stark mit Software zusammenhängen und den Kunden eine noch flexiblere Fertigung in ihren Fabriken ermöglichen sollen. Bosch Rexroth wolle fortan mit Hilfe aus Ulm "die Anzahl erfolgreicher Produkteinführungen mindestens verdoppeln und schneller auf den Markt bringen", so Najork. Außerdem soll das neue Zentrum nach Unternehmensangaben daran arbeiten, dass Maschinen wie Bagger oder Radlader komplett mit Elektroantrieben und damit emissionsfrei laufen.
Es ist innerhalb weniger Monate das zweite Mal, dass die Bosch Rexroth AG mit ihren weltweit fast 30 000 Beschäftigten mit Schritten nach vorne auf sich aufmerksam macht. Im Mai hatte das Unternehmen angekündigt, in nächster Zeit 100 Millionen Euro in seine Werke in Lohr zu investieren.