Die angehobenen Arbeits- und Grundpreise, die seit Jahresbeginn gelten, hat die ÜZ Mainfranken in Lülsfeld (Lkr. Schweinfurt) zu einem der teuersten Stromversorger der Region werden lassen. Kundinnen und Kunden reagierten darauf teilweise empört. Nun kündigt der Stromversorger, der eigenen Angaben nach circa 127.000 Menschen in 43 Kommunen in den Landkreisen Schweinfurt, Kitzingen, Haßberge, Würzburg, Main-Spessart und Bamberg beliefert, an, seine Strompreise zu senken. Ab 1. Mai soll die Kilowattstunde in allen Tarifen teils deutlich weniger kosten. In der Grundversorgung sinken die Preise um fast 30 Prozent.
Die ÜZ löse damit ihr Versprechen ein, sinkende Einkaufspreise beim Strom weiterzugeben, statt Gewinne zu steigern, sagt der Geschäftsführende Vorstand, Jürgen Kriegbaum, im Gespräch mit dieser Redaktion. Anwesend sind auch Vorstandsvorsitzender Gerd Düll und Aufsichtsratsvorsitzender Burkhard Wächter. Die Anhebung der Preise zum Jahresstart sei aus betriebswirtschaftlichen Gründen unumgänglich gewesen, rechtfertigt Kriegbaum diesen Schritt, der die ÜZ ins Kreuzfeuer der Kritik geführt und Kunden gekostet hat. Zudem schildert er, welch' drastische Auswirkungen die Energiewende auf die größte Energiegenossenschaft Bayerns und die gesamte Branche hat.
Wie ändern sich die Preise der ÜZ ab 1. Mai 2023?
Im Tarif "Natur Eintarif" sinkt der Preis pro Kilowattstunde von 60,80 Cent (alle Angaben brutto) auf 45,58 Cent. Der Tarif "Mix Eintarif" kostet ab Mai 48,23 Cent statt aktuell 65,37 Cent. Zwischen 80 und 90 Prozent der ÜZ-Kundinnen und -Kunden haben einen dieser beiden Tarife. In der Grundversorgung (Eintarif) geht der Kilowattstunden-Preis von 77,33 auf 49,47 Cent zurück.
Die Preise sollen bis Jahresende gelten, auch, falls Strom an der Börse noch günstiger werden sollte. Mit ihren neuen Preisen wird die ÜZ immer noch über denen mancher Wettbewerber liegen. Der regionale Versorger erklärt dies mit unterschiedlichen Beschaffungsstrategien der Anbieter auf dem Markt und unterschiedlichen Zeitpunkten von Preisanpassungen. Zudem werde die ÜZ Neukunden weiterhin keine günstigeren Werbeangebote zulasten langjähriger Kunden unterbreiten.
Verzichtet die ÜZ auf weitere Zusatzkosten, die sie zum 1. Januar eingeführt hat?
Tatsächlich streicht die ÜZ den erst mit der jüngsten Preiserhöhung eingeführten Zuschlag von zwei Euro pro Monat auf den Grundpreis, der für die rund 4500 von Kunden betriebenen Photovoltaikanlagen entrichtet werden muss. Dies sei angesichts der erwarteten Zunahme von Solaranlagen (Stichwort: Balkon-Photovoltaik-Anlagen) nicht mehr zu rechtfertigen, findet die ÜZ jetzt. Unverändert lässt die ÜZ die Grundgebühr von je nach Tarif etwa 200 Euro pro Jahr, die im Vergleich zu anderen regionalen Versorgern recht teuer ist.
Wie viele Kundinnen und Kunden hat die ÜZ durch ihre Preissteigerung Anfang 2023 verloren?
Die Reaktionen mancher Kunden am Telefon seien extrem ausfällig gewesen, berichtet Kriegbaum von teils wüsten Beschimpfungen. Wie viele Kündigungen direkt mit der Preiserhöhung zusammenhängen, sagt er nicht. Nur so viel: Vergangenes Jahr habe die ÜZ knapp 2000 von rund 55.000 Kunden in den Tarifen "Natur" und "Mix" verloren. Das sind etwa doppelt so viele wie in den Jahren zuvor. Zugleich registrierte die ÜZ aber auch Neukunden.
Preise erst rauf, dann runter: Hat die ÜZ vor dem Hintergrund der Strompreisgrenze einfach nur schnell Kasse machen wollen?
Kriegbaum weist dies zurück. Die ÜZ habe die Preise für 2023 im Oktober 2022 festgelegt, als das Strompreisbremsen-Gesetz noch nicht verabschiedet war. Dass die ÜZ ihre Strompreise erst ab Mai senken wird, stehe auch nicht im Widerspruch zu dem Ende 2022 gegebenen Versprechen des Versorgers, die Preise schnellstmöglich wieder zu verringern. Auch wenn sich bereits Anfang dieses Jahres ein Abwärtstrend an der Strombörse abgezeichnet hat, habe die ÜZ abwarten wollen, ob sich die Lage auf Dauer stabilisiert. Zudem sei es wichtig gewesen, genaue Verbrauchszahlen für das Vorjahr zu haben, um exakte Prognosen erstellen und Preise festlegen zu können.
Hat der Stromversorger also doch schlecht gewirtschaftet, als er die für 2023 benötigten Strommengen eingekauft hat? Oder hatte er einfach Pech?
Das Wort "Pech" lässt Kriegbaum nicht gelten. Im August 2022 habe die Megawattstunde beim Einkauf an der Strombörse in der Spitze fast 1000 Euro gekostet. Innerhalb weniger Wochen fiel der Preis aber wieder um etwa die Hälfte. Als man im Oktober die Preise für das Jahr 2023 festlegen musste, sei dies ein "Blick in die Glaskugel" gewesen. Vorstand und Aufsichtsrat hätten lange diskutiert und dann "auf Nummer sicher geplant".
Etwas anderes wäre damals mit Blick auf die roten Zahlen des Unternehmens unverantwortbar gewesen, wirft Vorstandsvorsitzender Düll ein. Als die Preise an der Börse nach einem kurzen erneuten Anstieg im Spätherbst gefallen sind, habe die ÜZ zusätzliche Strommengen vergleichsweise günstig eingekauft. Dies sei eine Basis, um die Preise jetzt senken zu können.
Was macht es gerade für die ÜZ so kompliziert, sicher zu kalkulieren?
Hier spielt eine Vielzahl von Faktoren hinein. Das Unternehmen beruft sich vor allem auf Besonderheiten seines Versorgungsgebiets. Der Grundlast-Anteil am Stromverbrauch, der ziemlich sicher vorhersehbar ist, sei wegen des Fehlens einer nennenswerten Zahl großer Stromabnehmer eher gering. Ein Stadtwerk, das große Industriebetriebe versorgt, könne ganz anders agieren und größere Strommengen auf längere Sicht günstig einkaufen.
Hinzu kommt aus Sicht der ÜZ der in ihrem Gebiet hohe Anteil regenerativ erzeugten Stroms, vor allem in Form von Photovoltaikanlagen. Diese sorgten zusätzlich dafür, dass der Strombedarf ihrer Kunden stark schwankt, also nur schwer kalkulierbar sei.
Also hat die ÜZ keinen Vorteil daraus, dass in ihrem Gebiet mehr Strom aus Sonne, Wind und Wasser kostengünstig erzeugt als verbraucht wird?
Der Ökostrom bringt der ÜZ eigenen Aussagen nach vor allem erheblichen Mehraufwand, was den Unterhalt und Ausbau des Stromnetzes angeht. Denn Strom, der vor Ort nicht gebraucht wird, müsse die ÜZ "entsorgen". Er wird ins Netz eingespeist und dorthin geleitet, wo er abgenommen werden kann, beschreibt Kriegbaum. Dieser Aufwand erhöht die Netzentgelte für alle Stromkunden im Versorgungsgebiet, nicht nur für die der ÜZ. Hier eine gerechtere Lösung zu finden, um die Kosten flächendeckend auf alle Stromkunden, auch die in den Städten, zu verteilen, sei ein bislang von der Politik nicht gelöstes Problem, heißt es seitens der ÜZ.
Als Netzbetreiber rechnet diese zwar für den Gesetzgeber die Einspeisevergütung für die Betreiber von PV-Anlagen in ihrem Gebiet ab. Ihr gehört der produzierte Strom aber nicht. Diesen muss sie, wie alle anderen, an der Börse kaufen. Die ÜZ ist an Anlagen der regenerativen Stromerzeugung nur geringfügig selbst beteiligt. Deshalb profitiere sie auch nur in geringem Umfang vom Umstand, dass Ökostrom, obwohl er sehr viel billiger hergestellt wird als etwa Strom aus Gaskraftwerken, im Handel derzeit teuer verkauft wird.
Wobei der Staat solche sogenannten Übergewinne nach Angaben der ÜZ bei Stromerzeugern seit 1. Dezember abschöpft, um damit auch die Kosten der Strompreisbremse zu finanzieren.
Warum werden Kunden erst mal kaum etwas von der Preissenkung merken?
Die von der Bundesregierung eingeführte Strompreisbremse sorgt in Deutschland dafür, dass Strom für Privathaushalte pro Kilowattstunde maximal 40 Cent kostet. Dies gilt für 80 Prozent des prognostizierten Verbrauchs. Da die ÜZ – egal in welchem Tarif – mit ihren Preisen auch nach dem 1. Mai über dieser Preisschwelle liegen wird, merkt der Kunde erst einmal nichts von der Preissenkung. Die ÜZ hat die Preisbremse auf alle Monatsabschläge 2023 eingerechnet und diese entsprechend reduziert. Von den niedrigeren Preisen profitieren also direkt diejenigen, die mehr Strom verbrauchen, als durch die Preisbremse gedeckelt ist.