Nach dem Protest von Bauern am Sonntag vor dem Zentrallager von Aldi Süd in Helmstadt (Lkr. Würzburg) scheinen sich die Wogen wieder zu glätten. Am Tag danach kamen Vertreter des Discounters und Landwirte in Helmstadt zusammen, um über die Lebensmittelpreise zu reden.
In der Folge soll es nächste Woche ein Spitzentreffen von Aldi, Rewe und Edeka mit Bauern geben, wie Claus Hochrein am Montagabend auf Anfrage sagte. Der Landwirt aus Eisenheim (Lkr. Würzburg) ist im Bundesbeirat der Bauerninitiative "Land schafft Verbindung" (LSV) und nahm an dem "sehr konstruktiven Gespräch" bei Aldi Süd teil. Wo das Spitzentreffen nächste Woche stattfinden wird, sei noch nicht klar.
Ungefähr 90 Landwirte hatten am Sonntagnachmittag das Aldi-Zentrallager in Helmstadt mit ihren Traktoren blockiert. Sie wollten mit dem Protest auf die aus ihrer Sicht unfairen Lebensmittelpreise aufmerksam machen.
Ähnliche Aktionen hatte es am Sonntag vor Aldi-Lagern in Adelsdorf bei Erlangen sowie im Allgäu gegeben. Schon im März hatten Bauern in Helmstadt mit einer Mahnwache gegen die Marktmacht von Aldi bei Lebensmittelpreisen demonstriert.
Diese Macht von Aldi, Lidl, Edeka und Rewe ist in der Tat groß: Nach Angaben des Statistik-Portals Statista beherrschen sie fast drei Viertel des Lebensmittelhandels in Deutschland. Spitzenreiter ist Edeka mit allein 27 Prozent Marktanteil. Schon deshalb sei die Abhängigkeit der Bauern von diesem Quartett enorm, ein Ausscheren aus dem Preissystem der dominierenden Konzerne kaum möglich, sagte Landwirt Hochrein am Montag.
Was ihn und seine Mitstreiter stört: Die vier Großen gäben vor, wie hoch der Preis zu sein hat. Zögen dann verarbeitende Betriebe wie Molkereien oder Schlachtereien noch ihren Anteil ab, bleibe am Ende für die Landwirte nicht mehr viel übrig.
Hochrein rechnet das am Beispiel von einem Liter Milch vor: Mindestens 45 Cent müsse ein Bauer dafür bekommen. Zurzeit erhalte er aber in Norddeutschland zwischen 29 und 32 Cent, in Bayern 33 Cent. Das reiche hinten und vorne nicht.
Die Bildung des Preises muss nach Ansicht von Hochrein geändert werden: "Wir müssen rückwärts denken." In Zukunft sollten die Bauern vorgeben, wie viel Euro sie je Produkt mindestens verdienen müssen. In der Folge könnten dann die Verarbeiter und am Ende die Händler festlegen, wie viel sie im Laden verlangen.
Dass Milch, Fleisch, Obst und Getreideprodukte in den Geschäften dann vermutlich teurer werden, ist Hochrein klar. "Aber das muss es dem Verbraucher auch wert sein." Schließlich sei zu bedenken, dass auch die Landwirte in der Produktion mit steigenden Kosten zum Beispiel beim Lohn für Helfer zurechtkommen müssten. Von den vier großen Händlern verlangt Hochrein im Namen gleichgesinnter Landwirte "einen Ehrenkodex, wie sie mit uns umgehen".
Der Eisenheimer Bauer rechnet nicht damit, dass es in Mainfranken nach der Aktion in Helmstadt zu weiteren Protesten kommt. Nach dem Gespräch am Montag bei Aldi Süd werde auf der Facebook-Seite von "Land schafft Verbindung" ein Protokoll mit den wichtigsten Punkten veröffentlicht - "in der Hoffnung, dass wir die Bauern damit beruhigt bekommen".
Aldi schickte mächtige Manager nach Helmstadt
Dieses Protokoll liegt der Redaktion vor. Demnach hatte Aldi Süd am Montag hochkarätige Vertreter nach Helmstadt geschickt, wie zum Beispiel Jens Ritschel vom mächtigen Verwaltungsrat in der Zentrale in Mülheim/Ruhr oder Erick Döbele, der den Zentraleinkauf verantwortet.
Schon im Vorfeld hatte der Discounter in einem Schreiben an Hochrein durchblicken lassen, sich bei den Lebensmittelpreisen grundsätzlich bewegen zu wollen. "Wir als Aldi Süd sind bereit, uns für die Sache der Bauern einzusetzen." Doch das gehe nur, wenn alle Händler mitziehen. Außerdem sei die Politik gefordert, eine Vorgabe für die Preisbildung bei Lebensmitteln zu machen.