Das Jammern ist seit Wochen groß: Holz und andere Baustoffe sind rar geworden, teurer auch. Das bringt Handwerksbetriebe in die Klemme, weil sie mitunter Aufträge nicht wie gewünscht ausführen können. Welche Folgen kann das haben? Zwei Experten aus der Region haben Antworten auf die wichtigsten Fragen und sagen, was Kunden und Firmen jetzt beachten müssen.
Neben steigenden Kosten kann es zu Verzögerungen bei der Bauausführung kommen. Der Würzburger Rechtsanwalt Uwe Luz, der auf Baurecht spezialisiert ist, sagt: Hat der Handwerksbetrieb das Material frühzeitig bestellt, trifft ihn kein Verschulden, wenn sein Lieferant verzögert oder nicht die gewünschte Menge liefert. Muss deswegen zum Beispiel die Baustelleneinrichtung länger vorgehalten werden, habe diese Kosten der Handwerksbetrieb zu tragen.
"Wer derzeit bauen möchte, muss sich auf solche Unwägbarkeiten einrichten", lautet der Hinweis von Rechtsanwalt Luz von der Kanzlei Ulbrich & Kollegen. Wer seine Wohnung wegen der Bauverzögerung länger mieten muss, hat diese Kosten selber zu tragen - wenn den Handwerker wegen der Verzögerung kein Verschulden trifft. Der Tipp von Luz: Auftraggeber und Baufirma sollten vorab über solche Risiken miteinander reden. Wenn ein Betrieb von seinen Lieferanten keine Preis- und Liefergarantie bekomme, könne er die mit dem Kunden vereinbarte Termine und Festpreise womöglich nicht einhalten. Ein Kompromiss schaffe in solchen Fällen Kalkulationssicherheit – für beide Seiten.
Luz rät Firmen, einen konkreten Fertigstellungstermin nur dann zu versprechen, wenn sie sicherstellen können, dass das notwendige Material rechtzeitig eintrifft. Betriebe sollten Strafklauseln im Vertrag wegen der momentan unsicheren Lage vermeiden. Im Übrigen sei ein Handwerksunternehmen in der Regel nicht verpflichtet, bestimmte Baustoffe auf Lager zu haben.
Grundsätzlich gilt nach Angaben von Simone Rzehak von der Verbraucherzentrale Bayern in Würzburg: Ein Kostenvoranschlag ist bindend. Und zwar so lange, bis der Handwerksbetrieb in der Regel mit einer Entscheidung des Kunden rechnen könne. Das können laut Rzehak bis zu vier Wochen sein. Meistens gebe der Handwerker im Kostenvoranschlag aber eine Frist vor, wie lange er sich zum Beispiel an den Preis bindet.
In der Regel sei der Kostenvoranschlag nicht zu vergüten, sagt Verbraucherberaterin Rzehak. Ausnahme: Es wurde ausdrücklich vereinbart. Hiervon sei Kunden aber abzuraten.
Bis zu 15 Prozent dürfe der Preis in der Endabrechnung über dem vereinbarten Betrag liegen, sagt Verbraucherrechtsexpertin Rzehak. Es sei denn, es wurde ein Festpreis vereinbart. Überschreitet dieser in der Endabrechnung 15 Prozent, dann muss der Handwerker dem Kunden vorab einen entsprechenden Hinweis geben. Allerdings seien teurer gewordene Rohstoffe normalerweise kein Grund, einen höheren Betrag in Rechnung zu stellen. Ein Preisanstieg sei Bestandteil einer Kalkulation.
Entscheidend ist laut Rzehak, was im Kostenvoranschlag vereinbart worden ist. Wurde dort ein bestimmtes Material - zum Beispiel Eichenholz - niedergeschrieben, dann könne der Handwerker nicht einfach Buchenholz verwenden. Steht im Kostenvoranschlag ein Überbegriff wie "Weichholz", dann habe die Firma freie Hand. Rzehaks Tipp für Kunden: Wer ein bestimmtes Material will, sollte dies im Vertrag ausdrücklich festhalten. Kann der Handwerker das nicht zusichern, sei es besser, den Vertrag erst gar nicht abzuschließen.
Das könne ein Unternehmer durchaus versuchen, so Verbraucherrechtlerin Rzehak. Der Kunde müsse sich aber nicht darauf einlassen. Schließlich bestehe Vertragsfreiheit. Unter Umständen sei es mit Blick auf die momentanen Unwägbarkeiten sogar im Sinne des Kunden, wenn der Vertrag nicht ausgeführt wird. Die Frage der Vertragsauflösung stelle sich eher bei Bauunternehmen, sagt Rechtsanwalt Uwe Luz. Wenn sie beispielsweise ein neues Eigenheim zum Pauschalpreis versprochen haben, ihnen jetzt aber die Kosten davonlaufen. Grundsätzlich gilt laut Luz: Baufirmen haben keinen Anspruch auf Auflösung des Vertrags. Treten Verzögerungen auf der Baustelle auf, seien beide Vertragsparteien angehalten, die Probleme gemeinsam zu lösen.
Rechtsanwalt Luz hat eine prekäre Beobachtung gemacht: Es sei zum Beispiel bei Dämmmaterial oder Baustahl vorgekommen, dass Lieferanten trotz vereinbarter Preisbindung die Handwerksbetriebe geradezu nötigten, bei weiteren Lieferungen einer Verteuerung zuzustimmen. "Das ist zwar vertragswidrig", doch Lieferanten hätten bereits Baubetriebe dahingehend auflaufen lassen und Lieferungen kurzerhand beendet. Handwerksbetriebe und ihre Kunden sollten laut Luz derzeit einkalkulieren, dass sich der Baufortschritt generell "um einige Wochen" verzögern kann. Kommt es mit dem Kunden zum Streit, könne ein Unternehmen die Arbeiten freilich nicht einfach komplett einstellen: Das verbiete die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), ein zum Beispiel im Hausbau häufig vereinbartes Regelwerk. Luz hat indes bei Unternehmen in der Region beobachtet, dass sie sich mit Blick auf die angespannte Materiallage gegenseitig helfen. Außerdem sei es für die meisten Handwerksbetriebe eine Art Ehrensache, einen einmal übernommenen Auftrag auch zu Ende zu bringen.