Als wäre Corona nicht schon schlimm genug, hat insbesondere die Bauwirtschaft derzeit unter einem weiteren Problem zu leiden: Baustoffe werden knapp, insbesondere Holz. Beim Sand ist der Mangel seit einigen Jahren bekannt, beim Gips trat das Thema zuletzt durch die intensiven Bergbau-Pläne des mainfränkischen Knauf-Konzerns im Westen von Würzburg zutage.
Nun ist also auch Holz Mangelware. Und das, obwohl gerade Steigerwald und Spessart grundsätzlich viel hergeben. Doch der Holzmarkt in Bayern schält sich derzeit aus "einer verheerenden Krise", wie es ein Sprecher des bayerischen Forstministeriums auf Anfrage ausdrückte. Insbesondere die Preise für Fichte seien mit zuletzt 20 bis 35 Euro pro Festmeter für mit Käfern befallene Stämme und mit 50 Euro für sonstige Stämme auf einem für Waldbesitzer "ruinösen Niveau" gewesen. Es habe im Freistaat schon Jahre mit doppelt so hohen Beträgen gegeben.
Wie es um den Holzeinschlag in Bayern steht
Obwohl sich diese Preise laut Ministerium langsam erholen, ist der Holzeinschlag in Bayern zwischen 2019 und 2020 um fünf Prozent zurückgegangen. Von den zuletzt 18,1 Millionen Festmetern aus den Wäldern ging den Angaben zufolge gut die Hälfte als Schnittholz in den freien Markt, also zum Beispiel in die Bau- und Möbelbranche. Der Rest wird zur Energieerzeugung oder etwa für die Herstellung von Papier verwendet.
Alles in allem ist für Thomas Brand die Lage auf dem Markt im Moment "eine absolute Katastrophe". Der Niederlassungsleiter des Holz- und Baufachhändlers Jordan in Estenfeld bei Würzburg erlebt einen enormen Stau bei der Nachfrage, zum Beispiel von Zimmereien und Schreinereien. Mit der Folge, dass die Waren im Schnitt um 30 Prozent teurer geworden seien.
Den Grund dafür kennt Brand auch: US-amerikanische und chinesische Unternehmen kauften den deutschen Holzmarkt leer. Außerdem hätten sich die Menschen hierzulande wegen der Lockdowns wieder mehr auf ihr Haus oder ihre Wohnung besonnen, so dass fleißig in Aus- und Umbau investiert werde.
Mittlerweile sei der Mangel an Holz für den Bau so groß, dass Firmen schon Aufträge stornieren müssten, hat Brand beobachtet. Was gerade auf dem Markt los sei, "das haben selbst Alteingesessene noch nicht erlebt".
OSB-Platten und Co.: Lieferzeiten sind eine Hürde
Eine Einschätzung, die Brands Kunde Markus Sponsel in Fuchsstadt (Lkr. Würzburg) teilt. Der Obermeister der Würzburger Schreinerinnung spricht von "horrend steigenden Preisen", egal bei welcher Holzart. Die gerade im Innenausbau populären OSB-Platten aus Spanholz "kann man im Moment eigentlich mit Gold aufwiegen". Doppelt und dreifach so lange Lieferzeiten von bis zu zehn Wochen seien derzeit üblich.
Sponsel schätzt, dass die Preisexplosion auf jeden Fall bald zum Endverbraucher durchschlägt. Schon jetzt sei klar, dass sich der Bau eines klassischen Wohnhauses um bis zu 30 Prozent verteuere. Für seine Schreinerei in Fuchsstadt sieht er aber kein Problem: Er habe vor einigen Wochen vorauseilend Holz eingekauft, so dass "wir unser Lager jetzt rappelvoll haben". Der Vorrat reiche für die nächsten zwei Monate.
Ähnlich entspannt gibt sich Zimmerermeister Volker Schäfer im Lohrer Stadtteil Halsbach (Lkr. Main-Spessart), wenngleich er einen Preisanstieg beim Holz von bis zu 40 Prozent in den vergangenen drei Monaten beobachtet hat. "Ich komme noch zurecht." Freilich plagen auch Schäfer die langen Lieferzeiten: Lagen sie einst bei zwei Wochen, muss er nun sechs Wochen warten. Den Grund für die Turbulenzen auf dem Holzmarkt sieht Schäfer in Spekulationen der Händler.
"Das ist alles künstlich gemacht": So drückt es Zimmerermeister Hans Feser in Kützberg (Lkr. Schweinfurt) aus. Denn hierzulande "ist eigentlich genügend Holz da". Aber die Chinesen und US-Amerikaner hätten in der jüngsten Vergangenheit Millionen von Tonnen weggekauft und so die Marktpreise beeinflusst. Feser hat beobachtet, dass deswegen Holz für den Bau doppelt so teuer geworden sei. Ja, dadurch werde auch der klassische Hausbau um mindestens 30 Prozent teurer, bestätigt Feser.
Nicht nur Holz: Wo es auch Rohstoff-Engpässe gibt
Der Obermeister der Zimmererinnung Schweinfurt sieht vor allem jene Handwerksbetriebe in der Klemme, die sich rein auf Holzbau spezialisiert haben. Er kenne welche, die jetzt Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken müssten. Doch aus Fesers Sicht herrscht Not nicht nur beim Holz. Auch Metall, Dämmstoffe und andere Waren für den Bau seien in letzter Zeit teurer geworden.
In der Mitte der Kette zwischen Wald und Endkunde befinden sich die Sägewerke. Ein solches betreibt Thomas Voit in Oberschwappach (Lkr. Haßberge). "Ein totales Chaos beim Preis", hat er beobachtet. Hinzu komme, dass Eichenholz immer knapper werde, weil dort Schädlingsbefall die Verwertung erschwert habe. Wie sehr der Markt in Turbulenzen geraten ist, zeigt allein diese Zahl aus dem Branchenmagazin "Holzkurier": 2020 stiegen die deutschen Nadelschnittholz-Exporte in die USA binnen Jahresfrist um 54 Prozent. Holz also, das der heimischen Bau- und Möbelbranche fehlt.
Dass der Schuh derzeit an einigen Stellen drückt, hat Mitte der Woche die Handwerkskammer für Unterfranken in ihrem Konjunkturbericht betont. Demnach berichten 83 Prozent der Bauunternehmen von gestiegenen Preisen beim Einkauf. "Diese Preissteigerungen werden von den Betrieben aktuell noch nicht in Gänze an die Verbraucher weitergegeben. Doch hält die Entwicklung an, müssen wir uns wohl auf höhere Handwerkerpreise einstellen", so Kammer-Präsident Walter Heußlein. Lieferengpässe sorgten zunehmend für Probleme.
Auch Gips, Sand und Kies werden knapp
Indes tun sich nicht nur beim Holz solche Lücken auf. Ähnlich problematisch sieht es auch beim Gips aus. Hier ist das Unternehmen Knauf aus Iphofen (Lkr. Kitzingen) Weltmarktführer. Der Konzern drückt seit Monaten aufs Tempo, um Vorkommen bei Altertheim (Lkr. Würzburg) aus der Erde holen zu dürfen. Das geplante Bergwerk "Grube Franken" wäre das größte in Bayern und soll 2025 in Betrieb gehen. Noch gibt es allerdings einige Fragezeichen, insbesondere in puncto Trinkwasserschutz.
Knauf läuft die Zeit davon. Denn bis 2038 steigt Deutschland aus der Kohleverstromung aus. In der Rauchgasentschwefelung dieser Anlagen entsteht künstlicher, sogenannter REA-Gips. Er hat einen Marktanteil von 43 Prozent in Deutschland, wird aber mit der Kohleverstromung verschwinden. Knauf braucht also dringend Ersatz.
Sand und Kies sind ebenfalls Mangelware auf dem Bau geworden. Der aktuelle "Rohstoffreport" der Industrie- und Handelskammern in Bayern weist darauf hin, dass 38 Prozent der einschlägigen Unternehmen im Freistaat einen Versorgungsengpass bei Steinen und Erden verzeichnen.
Das bekommt zum Beispiel der Schweinfurter Baukonzern Glöckle zu spüren. Er baggert seit den 1960er Jahren im Nachbarort Grafenrheinfeld nach Kies. Das gehe noch zwei Jahre gut, dann sei der Vorrat erschöpft. Aus diesem Grund hat Glöckle einen Antrag gestellt, in Grafenrheinfeld an anderer Stelle auf 45 Hektar Kiesabbau betreiben zu dürfen. Für 20 bis 30 Jahre soll das den Nachschub sichern.