Nichts macht den Deutschen scheinbar so viel Angst wie das Fehlen von Klopapier. In vielen Supermärkten, Drogerien und Discountern sind die Rollen seit Beginn der Corona-Krise immer wieder ausverkauft. Einen Grund für das Bunkern von Toilettenpapier gibt es nicht. "Es ist so, dass wir uns der Dynamik des Marktes entsprechend anpassen", sagt Jürgen Fischar, Verkaufsleiter beim Hygienepapierhersteller Fripa in Miltenberg. Das heißt: Fripa hat die Produktion massiv hochgefahren.
Die Bänder in den Fabrikhallen in Miltenberg laufen hier rund um die Uhr, 24/7 wie es heißt. Fertigt die bayerische Firma normalerweise 130 000 Tonnen Hygienepapier im Jahr, ist es jetzt deutlich mehr. "Wir produzieren am Limit", sagt Unternehmenssprecher Fischar. "Wir haben zwar den mehr als doppelten Auftragseingang gegenüber dem Normalgeschäft, können aber unsere Fertigung mengenmäßig nicht um 100 Prozent ausweiten."
Warum ist Deutschland so von der Rolle?
Warum die Leute so wild auf Klopapier seien, könne er sich nicht erklären. "Vielleicht weil es gut zu lagern und nicht allzu teuer ist." Das Hamstern von Produkten sei ein Phänomen der Krise. "Die Versorgung der Bevölkerung mit Klopapier ist aber sichergestellt", sagt Fischar. Es gebe keine Unterversorgung, "leider aber immer noch unverständlich hohe Zugriffszahlen der Verbraucher in den Märkten".
Die Gewinner der Corona-Krise sind die Hersteller von Toilettenpapier, das berichtet auch der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH). Hamsterkäufe beim Hygieneartikel hätten den Absatz massiv erhöht. Von Februar zum März 2020 sei eine Steigerung um 700 Prozent zu verzeichnen, sagt Christian Böttcher, Sprecher des BVLH, ohne genaue Zahlen zu nennen.
Das Toilettenpapier nehme beim Kaufverhalten der Deutschen eine Sonderstellung ein, so der Sprecher. Wegen der Angst, man dürfe irgendwann nicht mehr das Haus verlassen, werde gebunkert. Es entstehe eine paradoxe Situation. Böttcher: "Einige wissen nicht, wohin damit. Andere haben zu wenig."
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450 Mitarbeiter hat das Familienunternehmen in Miltenberg, das in der dritten Generation Hygienepapier herstellt. Neben Klopapier werden dort auch Taschentücher, Küchentücher und Papierhandtücher produziert.
Geliefert wird das Papier an den Großhandel, an Supermärkte und Discounter. "Zu unserem regulären Fünf-Schicht-Betrieb kommen nun noch Zusatz-Schichten dazu. Wir haben alles an Personal animiert, was irgendwie möglich ist, um eine deutlich höhere Produktion zu erreichen." Zum Schutz der Mitarbeiter gebe es strenge Regeln. Auch wenn die Produktion auf Hochtouren läuft: "Das Auftragsvolumen, das bei uns gerade eingeht, können wir fast nicht schaffen", erklärt Fischar.
Doch warum hamstern die Deutschen ausgerechnet Klopapier? "Was man mit Sicherheit sagen kann, dass es sich bei dem Horten von Klopapier ab einem gewissen Moment um Imitationsverhalten handelt", sagt die Wirtschaftspsychologin Anja Achtziger, die aus Lohr am Main stammt.
"Man hört von Nachbarn, Freunden, Kollegen oder liest in der Presse, dass viel Toilettenpapier gekauft wurde. Einige werden dann nervös, weil sie glauben da gibt es offensichtlich eine Notwendigkeit, die sie übersehen haben und kaufen auch schleunigst dasselbe Produkt." So viel könne man bei Klopapier auch nicht falsch machen, meint die Wirtschaftspsychologin. Es ist relativ günstig und quasi endlos haltbar.
Genau dieser letzte Punkt stimmt Jürgen Fischar nachdenklich. Denn trotz der aktuell hohen Nachfrage fürchtet er, dass auch die Miltenberger Firma Fripa noch in ein großes Loch fallen wird. Denn: "Irgendwann sind alle Leute mit Klopapier eingedeckt und dann werden wir definitiv weniger verkaufen."