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Würzburg
Fachkräfte gesucht: Wie kann man ältere Mitarbeiter im Betrieb halten?
Die Zahl der Rentner in Unterfranken wächst immer weiter, gleichzeitig fehlen Fachkräfte. Wer fit genug ist, könnte auch noch länger arbeiten. Wie das funktionieren könnte.
Um Mitarbeiter auch über das Rentenalter hinaus im Betrieb zu halten, braucht es vor allem Wertschätzung – und Arbeitskonditionen, die es dem Mitarbeiter leicht machen.
Foto: Thinkstock | Um Mitarbeiter auch über das Rentenalter hinaus im Betrieb zu halten, braucht es vor allem Wertschätzung – und Arbeitskonditionen, die es dem Mitarbeiter leicht machen.
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:23 Uhr

Unterfranken wird alt: Die Zahl der Bürger, die 65 Jahre oder älter sind, wächst immer weiter. Die Menschen leben länger und bleiben oft auch im Alter leistungsfähig. Andererseits fehlen den Unternehmen immer mehr Fachkräfte, besonders wenn in den nächsten Jahren die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gehen.

Wie es gelingen kann, den Bedarf der Firmen zu decken und ältere Mitarbeiter länger im Betrieb zu halten, darüber diskutierten Experten am Mittwoch beim 17. Wirtschaftsforum Mainfranken im Vogel Convention Center. Wegen der Corona-Pandemie fand das Wirtschaftsforum dieses Jahr als Livestream online statt. 

Mehrere Experten diskutierten am Mittwoch beim 17. Wirtschaftsforum Mainfranken im Vogel Convention Center (VCC) in Würzburg zum Thema 'Arbeiten im Alter – Chancen statt Grenzen'.  Im Bild von links: Dr. Georg Hanen, Jürgen Zips, Ivo Knahn (Moderator), Professor Dr. Christian Hendrich und Professor Dr. Bernd Raffelhüschen.
Foto: Patty Varasano | Mehrere Experten diskutierten am Mittwoch beim 17. Wirtschaftsforum Mainfranken im Vogel Convention Center (VCC) in Würzburg zum Thema "Arbeiten im Alter – Chancen statt Grenzen".  Im Bild von links: Dr.

Kollaps des Rentensystems verhindern

"Bis 2040 wird sich die Anzahl der Rentner verdoppelt haben", sagte Bernd Raffelhüschen, Rentenexperte und Direktor des Forschungszentrums Generationenverträge an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Es gebe dann immer mehr Alte, die immer älter werden. "Leider fehlen dagegen die jungen Beitragszahler, diese sind nicht geboren worden." Nur mit einer Anhebung der Lebensarbeitszeit könne aus seiner Sicht ein Kollaps des Rentensystems verhindert werden. "Wer länger lebt, kann und muss auch länger arbeiten", so Raffelhüschen. 

"Wer länger lebt, kann und muss auch länger arbeiten"
Rentenexperte Bernd Raffelhüschen

Raffelhüschen forderte, dass die abschlagsfreie Rente ab 63 zurückgenommen werden. "Gerade die 60- bis 70-Jährigen sind Millionen-Jahrgänge und sie sind für den Arbeitsmarkt das größte Reservoir. Sie können alles und sie werden gebraucht", so der Rentenexperte. Das Renteneintrittsalter solle an die steigende Lebenserwartung gekoppelt werden: "Der Zugewinn an Lebenserwartung wird so zwischen Arbeitszeit und Rentenbezugszeit aufgeteilt, dass jeder Jahrgang für ein Rentenbezugsjahr die gleiche Zahl an Beitragsjahren geleistet hat", so Raffelhüschen weiter. Dies sei ein Gebot der Fairness zwischen den Generationen. 

Rentenexperte Bernd Raffelhüschen forderte eine Verlängerung des Lebensarbeitszeit.
Foto: Patty Varasano | Rentenexperte Bernd Raffelhüschen forderte eine Verlängerung des Lebensarbeitszeit.

Dass die Menschen heute schon länger fit sind, bestätigte Professor Dr. Christian Hendrich, Ärztlicher Direktor und Chefarzt des Orthopädischen Krankenhauses Schloss Werneck. "70 ist das neue 60", sagte er. Ein Mensch fühle sich erst alt, wenn er nicht mehr mobil ist. Dank moderner Medizin sei dies immer später der Fall. "Es gibt immer mehr Menschen, die noch mit weit über 70 berufstätig sind." Aber er räumte auch ein, dass nicht jeder in jedem Beruf so lange arbeiten könne.

"Viele Versicherte, die in unsere Beratungsstellen kommen, wollen früher in Rente gehen", berichtete Jürgen Zips, stellvertretender Geschäftsführer bei der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern (DRV). Meist würden sich die Menschen bereits ab 50 plus Gedanken über die Rente machen und dann auch eine Beratung in Anspruch nehmen. Wer in seinem Arbeits- beziehungsweise Tarifvertrag keine Befristung auf das reguläre Rentenalter hat, kann einfach weiterarbeiten, auch über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus. Und: "Wer offiziell in Rente geht, kann auch als Rentner weiterarbeiten."

Es gibt auch bürokratische Hürden

Für das Arbeiten im Alter gebe es oft noch bürokratische Hürden. "Nicht das Renten-, sondern das Arbeitsrecht machen hier mancher Firma Probleme", sagt Zips. So sei längeres Arbeiten bei einigen Tarifverträgen ausgeschlossen. "Die Gesetze im Arbeitsrecht sind für normale Arbeitnehmer und nicht für Rentner gemacht", so der DRV-Geschäftsführer weiter. 

Einer, der genau das getan hat, ist Georg Hanen aus Lohr (Lkr. Main-Spessart). Er ging mit 60 Jahren in Ruhestand, kehrte anschließend aber aus Tatendrang wieder ins Berufsleben zurück und besetzte von 2013 bis 2017 die Position des Geschäftsführers der Bosch Management Suppport (BMS). Dort sind 1600 Senioren registriert, die wie Hanen zeitlich befristet für Bosch arbeiten. Ehemalige Mitarbeiter werden hier befristet für Projekt- und Beratungsaufgaben ins Unternehmen vermittelt.

Arbeitskonditionen müssen angepasst werden

"Es gehen jedes Jahr tausende Jahre Fachwissen in den Ruhestand", so Hanen. Das muss nicht sein. Denn man könne diese Leute als sogenannte Senior-Experten in den Betrieb zurückholen. "Junge und alte Mitarbeiter als Teams zusammenzubringen, das bringt eine wechselseitige Befruchtung", sagte Hanen. Um Mitarbeiter auch über das Rentenalter hinaus im Betrieb zu halten, brauche es vor allem Wertschätzung, aber auch Arbeitskonditionen, die es dem Mitarbeiter leicht machen. Und man sollte auf Freiwilligkeit setzen. "Die Leute wollen nicht zum Weiterarbeiten gezwungen werden", so Hanen.

Eingeladen zum Wirtschaftsforum hatten die Region Mainfranken GmbH und die vbw Bezirkskgruppe. Moderiert wurde das Gespräch von Ivo Knahn, stellvertretender Chefredakteur der Main-Post.

Arbeiten im Alter

Haben Sie Fragen zur Rente? Dann können Sie beim kostenlosen Servicetelefon der Deutschen Rentenversicherung anrufen: Dort beantworten Experten alle Fragen rund um Prävention, Reha, Rente oder Altersvorsorge. Telefon (0800) 10 00 48 00. 
Beratung und Hilfen für Firmen gibt es auch bei der vbw Bezirksgruppe Unterfranken, Berliner Platz 6, 97080 Würzburg. Telefon (0931) 322090.
Quelle: clk
 
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