Immer mehr Menschen gehen noch vor Erreichen der Regelaltersgrenze in Rente – auch in Unterfranken, das zeigen die Zahlen der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern. Besonders beliebt ist dabei die Rente für besonders langjährig Versicherte, besser bekannt als "Rente ab 63". Seit ihrer Einführung im Jahr 2014 gingen die Zahlen der Frühverrentungen deutlich nach oben. Von 12 311 Rentenzugängen im Jahr 2017 in der Region gingen lediglich 4672 Menschen regulär in Rente – das ist nicht einmal die Hälfte. Wer es sich leisten kann, geht früher – so der Trend.
Die Rente ab 63 kostet viel Geld
"Erstaunlicherweise gehen viele Beschäftigte mit hohen Rentenansprüchen, die gesund und fit sind, früher in Rente als zum gesetzlichen Rentenalter. Sie nutzen die Möglichkeiten der Frühverrentung und der Altersteilzeit, um zum frühestmöglichen Zeitpunkt den Arbeitsmarkt zu verlassen", sagt Professor Thomas Zwick. Der Lehrstuhlinhaber für Betriebswirtschaft, Personal und Organisation an der Universität Würzburghat in einem Forschungsprojekt die Daten der Bundesagentur für Arbeit von 1,8 Millionen Menschen ausgewertet und untersucht, wann sie den Arbeitsmarkt aus Altersgründen verlassen haben.
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Thomas Zwick sieht die Rente ab 63 als "ein Geschenk an Beschäftigte mit sehr langen, oft ununterbrochenen Erwerbsbiographien". Wer 45 Jahre Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt hat, kann seit dem 1. Juli 2014 ab Vollendung des 63. Lebensjahres ohne Abzüge in Altersrente gehen. Die Altersgrenze wird seither schrittweise auf 65 Jahre angehoben. "Viele dieser Beschäftigten hätten bis zum regulären Rentenalter weiter arbeiten können. Bereits mehr als eine Million Berechtigte haben einen Antrag auf diese Art der Frühverrentung gestellt. Ihre zum Großteil hohen Rentenansprüche müssen nun länger von der jüngeren Generation bezahlt werden", sagt Zwick.
Mehrausgaben in Milliardenhöhe
Seit Inkrafttreten der Neuregelung im Juli 2014 verzeichnete die Rentenversicherung nach eigenen Angaben fast 1,2 Millionen Anträge. Das sei deutlich mehr als von der Regierung prognostiziert. So steigen auch die Kosten, die die Rentenversicherung für die Rente ab 63 aufbringen muss: Von 2014 bis 2016 seien direkte Mehrausgaben von 6,5 Milliarden Euro entstanden,berechnete kürzlich das Münchner Ifo-Institut. Die Bundesregierung hatte in ihrem Gesetzentwurf nur 5 Milliarden Euro erwartet. „Da sich sowohl die Rentenzugänge als auch die Rentenhöhen im erwartbaren Rahmen bewegen, sind die im Gesetzentwurf genannten Kosten weiterhin plausibel", erklärt dagegen eine Sprecherin im Bundesarbeitsministerium. Die Rentenansprüche seien durchaus verdient und nicht geschenkt, so die Sprecherin weiter.
Viele leisten freiwillige Ausgleichszahlungen
Durch das so genannte Flexirentengesetz kann jeder, der in der gesetzlichen Rentenkasse versichert ist, ab dem 50. Lebensjahr freiwillig Zahlungen leisten, um Abschläge bei der Rente auszugleichen. Denn: "Jeder Monat des vorgezogenen Rentenbeginns mindert die Rente um 0,3 Prozent. Pro Jahr des vorzeitigen Rentenbezugs ergibt sich somit eine Minderung Ihrer Rente um 3,6 Prozent", sagt Jürgen Zips, Stellvertreter des Geschäftsführers und Direktor der Deutschen Rentenversicherung Nordbayern. Die Minderung gelte dann für die gesamte Laufzeit der Rente. "Dieser Umstand ist vielen Menschen erstmal nicht bewusst", so Zips.
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Die Altersgrenze für die Regelaltersrente steigt derzeit schrittweise von 65 auf 67 Jahre. Doch laut einer Untersuchung der Bergischen Universität Wuppertal wünschen sich 71 Prozent der Deutschen zwischen 53 und 59 Jahren einen vorzeitigen Ruhestand– zum Teil deutlich vor der regulären Altersgrenze. Von den geburtenstarken Jahrgängen der sogenannten Babyboomer-Generation möchten laut der Umfrage 30 Prozent bereits mit 60 Jahren in den Ruhestand gehen. Nur weniger als zehn Prozent aller erwerbstätigen Befragten wollen gern bis zur Regelaltersgrenze erwerbstätig sein.
Viele Bundesbürger, die es sich leisten können, entscheiden sich dafür mehr zu zahlen, um bei gleicher Rente eher aufzuhören. In den Auskunfts- und Beratungsstellen der Rentenversicherung Nordbayern haben sich allein im Jahr 2018 in Ober-, Mittel- und Unterfranken über 10 800 Personen über die Möglichkeiten zur Ausgleichszahlung für Rentenabschläge erkundigt.
Wer 45 Jahre Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt hat, kann seit dem 1. Juli 2014 ab Vollendung des 63. Lebensjahres ohne Abzüge die Altersrente für besonders langjährig Versicherte (sogenannte abschlagsfreie Rente ab 63) in Anspruch nehmen. Zuvor konnte eine abschlagsfreie Altersrente erst nach Vollendung des 65. Lebensjahres bezogen werden. Wer früher in Rente gehen wollte, musste in der Regel für jeden Monat des Rentenbezugs vor der Regelaltersgrenze (aktuell, das heißt für den Geburtsjahrgang 1954, 65 Jahre und 8 Monate) 0,3 Prozent Kürzungen bei der Rente in Kauf nehmen.
Mit der abschlagsfreien "Rente ab 63" werden die Menschen belohnt, die mit ihrer Lebensarbeitsleistung das Rentensystem stützen. Es werden diejenigen in den Blick genommen, die ihr Arbeitsleben bereits in jungen Jahren begonnen und über Jahrzehnte hinweg durch Beschäftigung, selbständige Tätigkeit und Pflege sowie Kindererziehung ihren Beitrag zur Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung geleistet haben. Für diese Menschen wurde die bereits bestehende Möglichkeit, nach 45 Beitragsjahren ab 65 abschlagsfrei in Rente zu gehen, vorübergehend vorgezogen.
Aus der "Rente ab 63" wird schrittweise die Rente mit 65. Die Möglichkeit mit 63 abschlagfrei in Rente zu gehen hatten ab 1. Juli 2014 nur Versicherte, die vor dem 1. Januar 1953 geboren sind und die die sonstigen Voraussetzungen erfüllten. Für Versicherte, die ab dem 1. Januar 1953 geboren sind, steigt die Altersgrenze mit jedem Jahrgang um zwei Monate. Wer also ab dem 1. Januar 1964 geboren wurde, kann nach 45 Beitragsjahren abschlagsfrei in Rente gehen, wenn er das 65. Lebensjahr vollendet hat.
Wer eine Rente von 1200 Euro erwartet und drei Jahre eher in Ruhestand gehen will, muss einen Abschlag von monatlich rund 130 Euro hinnehmen. Das heißt die Rente läge nur bei etwa 1070 Euro. Wer dieses Minus vermeiden möchte, kann vorher 32 821 Euro in die Rentenkasse einzahlen. Geht man nur ein Jahr früher in Rente, beträgt der monatliche Abschlag lediglich 43,20 Euro, der Ausgleich kostet dann 10 123 Euro. Wichtig dabei: Die Summe kann auch in Raten oder nur teilweise geleistet werden, beginnen darf man damit aber frühestens im Alter von 50 Jahren.
Arbeitnehmer, die bereits die Voraussetzungen für eine Altersrente erfüllen, sind nicht verpflichtet, diese auch in Anspruch zu nehmen. Sie können vorbehaltlich tarifvertraglicher oder anderer arbeitsrechtlicher Einschränkungen weiterarbeiten.
Bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze kann neben einer Altersrente nur begrenzt hinzuverdient werden. Die Regelaltersgrenze steigt derzeit schrittweise von 65 auf 67 Jahre. Abhängig von der Höhe des Hinzuverdienstes wird die Altersrente in voller Höhe oder als Teilrente gezahlt. Wird die höchste Hinzuverdienstgrenze überschritten, erlischt der Anspruch auf die Rente. Nach Erreichen der Regelaltersgrenze können Rentner ohne Auswirkungen auf die Altersrente unbegrenzt hinzuverdienen.