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Schweinfurt/München
Porträt: Richard Graupner als graue Eminenz der Höcke-AfD?
Seit 2018 sitzt AfD-Bezirkschef Richard Graupner im Landtag. Im persönlichen Umgang ist er höflich. Er selbst sieht sich als "Sympathisant" des rechtsnationalen Lagers.
Der unterfränkische AfD-Bezirksvorsitzende Richard Graupner
Foto: Anand Anders | Der unterfränkische AfD-Bezirksvorsitzende Richard Graupner
Henry Stern       -  Obermeier/ Henry Stern
Henry Stern
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:45 Uhr

Richard Graupner ist ein höflicher Mensch. Während es in der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag auch Abgeordnete gibt, die grundsätzlich nicht mit Journalisten reden, ist der Schweinfurter Abgeordnete für ein Gespräch stets offen. Damit unterscheidet er sich etwa von seinem Fraktionskollegen und Vorgänger im Amt des unterfränkischen AfD-Bezirkschefs Christian Klingen, der die Presse eher mied. "Sehr gerne" sogar gebe er, Graupner, Auskunft etwa über eine umstrittene Veranstaltung des rechtsnationalen "Flügels" der AfD Anfang Mai in Greding, an dem neben Graupner auch der AfD-Rechtsaußen Björn Höcke und die bayerische Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner teilgenommen hatten.

"Es war eine rundum misslungene Veranstaltung", sagt Graupner. Womit wohl eher nicht die inhaltliche Ausrichtung der Veranstaltung gemeint ist, sondern die negative Außenwirkung. Für diese sorgten vor allem zwei Ereignisse: Erstens das Absingen der ersten Strophe des Deutschlandliedes ("Deutschland, Deutschland über alles") auf offener Bühne, an dem sich auch der für sein Landtagsmandat freigestellte Polizeihauptkommissar Graupner beteiligte. Auch der bekennende "Flügel"-Anhänger Klingen stand auf der Bühne.

Richard Graupner bei einer AfD-Demo in Schweinfurt im Jahr 2016. Mit im Bild (von rechts): der heutige Bundestagsabgeordnete Petr Bystron, die Fraktionschefin im Landtag Katrin Ebner-Steiner, Graupner, AfD-Landeschef und MdB Martin Sichert, Björn Höcke und der Landtagsabgeordnete Christian Klingen
Foto: Josef Lamber | Richard Graupner bei einer AfD-Demo in Schweinfurt im Jahr 2016. Mit im Bild (von rechts): der heutige Bundestagsabgeordnete Petr Bystron, die Fraktionschefin im Landtag Katrin Ebner-Steiner, Graupner, AfD-Landeschef ...

Zweitens die ebenfalls auf offener Bühne vom AfD-Landesvorstandsmitglied Benjamin Nolte vorgetragene Forderung, die AfD könne für ihren "Freiheitskampf" auch Ex-NPD-Leute gebrauchen – und sollte deshalb ihre interne "Unvereinbarkeitsliste" auf den "Müllhaufen der Parteigeschichte" werfen.

Teil des "'Flügel'-Hofstaats"?

"Es gibt bei uns keine andere Meinung, als dass dies nicht zur Diskussion steht", sagt Graupner dazu. Nolte habe eine Einzelmeinung formuliert. Warum dies dann aber niemand aus der stark vertretenen bayerischen AfD-Spitze vor Ort klargestellt hat, erklärt Graupner so: "Das war keine Veranstaltung, bei der es Widerspruch gab."

Während der niederbayerische AfD-Landtagsabgeordnete Ralf Stadler wegen des Vorfalls seine Mitgliedschaft in dem im Januar vom Verfassungsschutz zum Verdachtsfall erklärten Höcke-"Flügel" widerrief, sieht Graupner für eine Distanzierung keinen Anlass: Er bleibe "Sympathisant" des rechtsnationalen Lagers in der AfD. Auch mit dem AfD-Rechtsaußen Björn Höcke habe er "kein Problem". Mitglied in dessen "Flügel" sei er aber nicht: "Eine fixe Mitgliedschaft gibt es da nicht, das ist eher fließend", erklärt er.

In der Landtags-AfD kann man allerdings leicht auf andere Einschätzungen stoßen: Der Schweinfurter sei in der Fraktion gar so etwas wie "die graue Eminenz" der Höcke-AfD, ist dort zu hören. Auch der Ende März im Zorn ausgetretene Ex-AfD-Abgeordnete Raimund Swoboda rechnete Graupner dem "'Flügel'-Hofstaat" um AfD-Fraktionschefin Ebner-Steiner zu. Nur deshalb sei der Schweinfurter in den wichtigen Innenausschuss geschickt worden. Bei der richtigen Lagerzugehörigkeit würden "eindeutig Minderqualifizierte" eben bevorzugt, ätzte Swoboda damals.

Klage gegen seinen Dienstherrn

Ohnehin scheint sich durch Graupners politische Karriere ein seltsamer Widerspruch zwischen seinen kontrolliert wirkenden öffentlichen Äußerungen und seinen bis weit nach Rechtsaußen reichenden politischen Kontakten zu ziehen: Verbale Entgleisungen, wie bei manchen seiner Fraktionskollegen, gab es von Graupner im Landtag bislang jedenfalls nicht. Leute, die ihn schon aus seiner Polizei-Zeit kennen, beschreiben ihn als anpassungsfähig. Er wisse, wo er was sagen muss, um gut anzukommen. Auch im Innenausschuss sei er bislang "eher zahm" aufgetreten, heißt es dort.

Andererseits saß Graupner in den 1990er Jahren für die "Republikaner" zusammen mit dem Rechtsextremisten Roderich Sell im Schweinfurter Stadtrat. Und vergangenen Herbst klagte der Kripo-Polizist Graupner erfolgreich gegen das Verbot seines Dienstherren, an einer "Grenzschutzkonferenz" des Vordenkers der "Neuen Rechten", Jürgen Elsässer, teilzunehmen. Zu der Veranstaltung waren unter anderem der englische Rechtsextremist Tommy Robinson und Martin Sellner, einer der führenden Köpfe der vom Verfassungsschutz beobachteten "Identitären Bewegung" (IB), angekündigt.

Er habe keine Kontakte zur Identitären Bewegung, beteuert Graupner auf Nachfrage. Sellner, der zuletzt wegen einer Geldspende des Attentäters im neuseeländischen Christchurch in Bedrängnis geriet, habe er zuvor gar nicht gekannt. Die Teilnahme an einer Veranstaltung bedeute zudem nicht, dass man sich mit den Inhalten aller Teilnehmer gemein mache: "Ich sitze ja manchmal auch mit Linken und Grünen auf einer Bühne", so Graupner.

"Und ich hab' dann auch mitgesungen."
Richard Graupner über das Singen der ersten Strophe des Deutschlandlieds

Und die Sache mit dem Deutschland-Lied? Ein Helfer, "der nicht mal Mitglied in der AfD ist", habe die erste Strophe eingespielt. "Und ich hab' dann auch mitgesungen", sagt Graupner: "Auch wenn es nicht die Strophe ist, die ich normalerweise singe." Nicht nur er sei "stinksauer" über diesen Fehler gewesen. "Die Hysterie um die erste Strophe ist aus unserer Sicht aber auch nicht angemessen", findet Graupner. Verboten ist diese ebenfalls nicht. Man müsse den Text eben "aus dem historischen Kontext" des 19. Jahrhunderts verstehen.

In der ersten Strophe heißt es allerdings nicht nur "Deutschland, Deutschland über alles", sondern auch: "Von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt." In der Nazi-Zeit seien deutsche Soldaten, angetrieben von diesem Text, in viele Länder einmarschiert, kritisierte deshalb Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) die AfD-Sänger: "Wer heute bewusst die erste Strophe des
Deutschlandliedes singt, verhöhnt die Opfer des Nationalsozialismus und macht sich mit den Tätern gemein."

 
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