Trockenheit als Folge des Klimawandels: In einigen Regionen Deutschlands werde das Wasser jetzt schon zeitweise knapp, warnt Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Mit einer nationalen Strategie will sie das Thema angehen. Ziel sei, dass auch in 30 Jahren immer und überall in Deutschland ausreichend Wasser zur Verfügung stehe, so Schulze. Dafür müssten heute schon die natürlichen Wasserreserven besser geschützt, Grundwasser, Bäche, Flüsse und Seen sauberer gehalten und das Wassermanagement bis 2030 deutlich verbessert werden. Andernfalls drohten Wasserknappheit und Verteilungskämpfe. Dass bei der Pressekonferenz am Dienstag in Berlin auch zwei Würzburger und damit Bürger aus der trockensten Region Bayerns zu Wort kommen, passt da gut ins Bild.
Titus Lanz und Melanie C. Baumann sind die beiden per Los bestimmten Bürgerbotschafter aus Würzburg, die neben Schulze auf dem Podium sitzen. Dass sie einmal der Bundesumweltministerin Ratschläge für eine nationale Wasserstrategie erteilen würden, hätten sie sich vor einigen Monaten wohl nicht vorgestellt. Der 50-jährige Lanz arbeitet als Physiker, die 27-jährige Baumann als Assistenz der Generalleitung im Kloster Oberzell. Beide sind keine Wasserexperten. Doch sie repräsentieren einen Querschnitt der Bevölkerung. 300 zufällig ausgewählte Bürger aus vier Städten haben über Monate Maßnahmen zum Wasserschutz zusammengetragen. Den daraus entstandenen Forderungskatalog überreichten die Würzburger gemeinsam mit zwei weiteren Bürgerbotschaftern stellvertretend der Ministerin. Ihre Vorschläge sollen in die nationale Strategie einfließen.
"Ich finde es sehr gut, dass sich Politiker Bürgermeinungen anhören, die nicht durch die Brille bestimmter Lobbyisten gefiltert werden", sagt Titus Lanz. "Ich hoffe, dass die Vorschläge, die wir erarbeitet haben, jetzt auch tatsächlich umgesetzt werden", ergänzt Melanie Baumann. Die Bürger fordern zum Beispiel, bei Wasserverschmutzung stärker die Verursacher in die Pflicht zu nehmen. Müssen etwa Medikamentenrückstände in einer Kläranlage aufwändig und teuer durch eine vierte Reinigungsstufe aus dem Wasser herausgefiltert werden, müsste man den Hersteller des Medikaments in die Finanzierung mit einbeziehen, erklärt Lanz. Die Sensibilisierung im Umgang mit der wertvollen Ressource Wasser müsste im Schulunterricht in ganz Deutschland verankert werden, findet Baumann. Ein gutes Beispiel seien die sogenannten Wasserschulen der Aktion Grundwasserschutz in Unterfranken.
Weiter fordern die Bürger, die Versiegelung der Flächen zu verringern, damit mehr Regenwasser versickern kann, Auen rund um Gewässer besser zu schützen, Brauchwasser statt Trinkwasser zur Bewässerung einzusetzen und Wasserkreisläufe zu schaffen. Die Bundesumweltministerin verspricht, die Anregungen als Auftrag mitzunehmen. Sie empfinde die Argumente als "enormen Rückenwind". Das Thema sei den Bürgern wichtig. Sie sagt: "Wir müssen jetzt Vorsorge ergreifen."
Wasser zum Trinken, Kochen, Waschen hat Vorrang
Zur Modernisierung des Wassersektors und zur Anpassung der Gewässer an den Klimawandel schlägt Schulze ein Sofortprogramm in Höhe von einer Milliarde Euro vor, die in den kommenden zehn Jahren investiert werden sollen.
Behörden sollen künftig genauer vorhersagen können, wo Wasser gebraucht wird. Das Ministerium geht davon aus, dass zusätzliche Fernleitungen nötig werden, um regionale Unterschiede bei der Wasserverfügbarkeit auszugleichen. Im Fall von Wasserknappheit sollen die Versorgung mit Trinkwasser und der Wassermindestbedarf für Tiere und Pflanzen Vorrang haben.
Über "smarte Wassertarife" könnten Bürger künftig Anreize bekommen, ihren Wasserverbrauch an die Verfügbarkeit anzupassen. So könnte das Wasser günstiger werden in Zeiten, in denen die Nachfrage gering ist. Unternehmen, die mit ihren Produkten das Wasser belasten, will Schulze stärker in die Pflicht nehmen.
Die nationale Wasserstrategie, die das Ministerium nach zwei Jahren Beratung mit Unternehmen, Verbänden, Ländern, Kommunen und Bürgern erarbeitet hat, ist noch nicht beschlossen. Es handele sich dabei um einen Entwurf ihres Hauses, der von einer künftigen Bundesregierung noch verbindlich verabschiedet werden müsse, so die Bundesministerin.
(mit Informationen von dpa)