AfD-Chef Jörg Meuthen legte sich am Sonntag in der ARD-Sendung "Anne Will" fest: Der österreichische Vizekanzler Heinz-Christian Strache habe zwar "ein kapitales Fehlverhalten" an den Tag gelegt, aber es sei eben nur ein "singulärer Vorgang" gewesen. Die sogenannte Ibiza-Affäre sei keine "Geschichte der ganzen FPÖ" und sie habe "mit der AfD ganz gewiss gar nichts zu tun". "Die Konsequenzen sind gezogen und für mich ist das damit erledigt", so Meuthen final – eine kapitale Fehleinschätzung.
Schließlich hat die AfD traditionell eine sehr enge Beziehung zu ihrer österreichischen Schwesterpartei. Mehr noch: Die FPÖ ist eine Blaupause für die AfD. Schon 2016 hatte die damalige AfD-Bundessprecherin Frauke Petry erklärt, ihre Partei "wäre mit dem Klammerbeutel gepudert, nicht von den Erfahrungen der FPÖ zu profitieren". Seither wuchsen die Rechtspopulisten von nördlich und südlich der Alpen immer enger zusammen, ähnelten sich immer stärker in Rhetorik, Ausrichtung und Selbstverständnis. Beide nehmen für sich in Anspruch, die einzigen zu sein, die "das Volk" vertreten. Beide scheuen sich nicht vor Nähe zu Rechtsextremisten. Beide pflegen gute Kontakte zum autoritären russischen Regime. Und an demokratische Spielregeln, etwa zur Parteienfinanzierung oder zur Pressefreiheit, fühlen sie sich höchstens bedingt gebunden.
Dubiose Wahlkampfhilfe und Pläne für die Medienlandschaft
Das wird in dem Ibiza-Video deutlich. Strache stellt darin einer vermeintlich reichen Russin lukrative öffentliche Bauaufträge in Aussicht, falls sie die auflagenstarke österreichische "Kronen-Zeitung" aufkauft und die Redaktion nach FPÖ-Wünschen umbaut. Außerdem erklärte er, wie sie seiner Partei über einen gemeinnützigen Verein Geld zuschanzen könne, um Gesetze zur Parteienfinanzierung zu umgehen.
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Das erinnert stark an die AfD. Monatelang sorgten Berichte über einen dubiosen Verein, der der AfD kostenlose Wahlkampfhilfe spendiert, für Aufsehen. Darüber hinaus erhielten Meuthen, AfD-Co-Chefin Alice Weidel und das Bundesvorstandsmitglied Guido Reil fragwürdige Unterstützung aus der Schweiz. Für die Spenden an Meuthen und Reil musste die AfD bereits über 400 000 Euro Strafe zahlen.
Weitere Parallelen zeigen sich beim Blick darauf, welche Rolle die beiden Parteien den Medien zugedacht haben. "Wir wollen eine Medienlandschaft ähnlich wie der Orbáns aufbauen", so Strache im Video. Ungarns Premier kontrolliert Analysen zufolge bis zu 80 Prozent des ungarischen Medienmarkts. Was der inzwischen zurückgetretene FPÖ-Chef unmissverständlich sagt, hört man seit Langem – mal mehr, mal weniger deutlich – von AfD-Vertretern. So erklärte etwa der einstige unterfränkische AfD-Chef Gottfried Walter vor der Bundestagswahl 2017 vielsagend: Auch für Zeitungen wie die Main-Post "gibt es seitens der AfD explizite Vorstellungen, wie die Zukunft aussehen kann und muss".
Es geht um Mandate, Geld und ein Ende der Pressefreiheit
Wie sich die AfD Journalismus vorstellt, zeigt sich inzwischen im Bundestag. Schon kurz nach dem Einzug ins Parlament gab es Pläne, einen eigenen "Newsroom" einzurichten, um selbst Nachrichten zu produzieren. Anfang Mai lud die Fraktion AfD-freundliche Blogger zu einer "Konferenz der Freien Medien". Vertreter der "Mainstream"-Medien waren nicht zugelassen.
Diese dürften nach dem FPÖ-Skandal auch für die AfD unbequem werden. Der öffentliche Druck wird wachsen. Dass die AfD endlich vor allem beim Thema Parteispenden auspackt, ist zwar unwahrscheinlich. Doch auch dieses Schweigen wird vom Wähler registriert. Ein Ende des Erfolgs der Rechtspopulisten, egal wo in Europa, ist dennoch nicht zu erwarten. Aber deren Ziele werden sichtbarer: Es geht um Mandate, Geld und ein Ende der Pressefreiheit. Und das "zack, zack, zack", wie Strache im Video sagte.