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LESERANWALT
Die Herausforderung: Vom Streit zum Dialog
Brückenschlag       -  Respekt ist eine Brücke vom Streit zum Dialog
| Respekt ist eine Brücke vom Streit zum Dialog
Anton Sahlender
Anton Sahlender
 |  aktualisiert: 27.04.2023 05:47 Uhr

Ebenso wie das Lob sollten Redaktionen den Ärger über ihre Beiträge schätzen lernen. Sie dürfen auch darin ein Zeichen sehen, dass dem Absender die Zeitung, über die er sich ärgert, wichtig ist, dass er an ihr hängt. Letzteres tun ja leider nicht mehr so viele Menschen wie früher, misst man das an Verkaufszahlen. Die sind eine Währung, die noch zählt, obwohl die Reichweiten von redaktionellen Beiträgen im Internet auf nie dagewesene Größenordnungen angewachsen sind.

 

Aufruf zu Begründungen

Leserbriefe, digitale Kommentare, Anrufe oder Zuschriften, in denen Journalisten sogar namentlich angegriffen werden, lassen sich gut ertragen, wenn dabei noch ein sachlich begründetes Warum deutlich wird. Zu Letzterem rufe ich hier nicht zum ersten Mal auf. Denn ohne funktioniert kein Protestieren und Schimpfen, auch nicht gegen Politiker. Am besten wirkt natürlich Kritik, die frei ist von Vorwurf und Unterstellung.

 

Die Unterschiede

Kritikschreiben unterscheiden sich gewaltig. Dazu zwei einfache Beispiele. Unter Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft lässt es sich einordnen, wenn ein Leser fünf Tippfehler aus einer Ausgabe ausgeschnitten hat und sie mit der Bemerkung einschickt, „bitte sorgfältiger arbeiten“. Dem aufmerksamen Mann aus dem Kreis Schweinfurt sei gedankt. Erschwert wird der Dialog, wenn Unzufriedenheit mit der Sportberichterstattung in der Frage gipfelt, “wann rollen bei der Main-Post endlich Köpfe?“

 

Vorbildliches Bemühen

Alle bekannten Maßstäbe hat jener Leser gesprengt, der bei mir mit neun DINA-4-Seiten auf einen Samstagsbrief (2.12.: „Herr Schmidt, Sie sprengen jeden Ignoranz-Maßstab“) reagiert hat. Als „unglaubliches Machwerk“ des Autors hat er den Brief bezeichnet, das er zerpflücken wollte. Ob das gelungen ist, beurteile ich als Nicht-Fachmann lieber nicht. Gedankt habe ich dem verärgerten Mann aus der Landwirtschaft aber doch: Für vorbildliches Bemühen zu argumentieren, aus seiner Perspektive für Glyphosat und für Schmidt.

 

Der Brückenschlag

Die neun Seiten habe ich, wie ich das bei Zuschriften an mich tue, an die zuständige Redaktion und den Autor jenes Samstagsbriefes gegeben. Dort waren bereits überschwängliche Lobesschreiben, aber auch harte Kritiken eingegangen. Das darf als Erfolg einer seltenen und gewöhnungsbedürftigen Stilform verbucht werden, die leider in der Zeitung meist unerklärt bleibt und nur auf mainpost.de konzeptionell dargestellt wird (siehe auch Abbildung).

Samstagsbrief       -  Die konzeptionelle Erklärung für den Samstagsbrief, die nur auf mainpost.de ständig beigefügt ist...
| Die konzeptionelle Erklärung für den Samstagsbrief, die nur auf mainpost.de ständig beigefügt ist...

 

Sie zielt darauf ab, eine Kontroverse herauszufordern. Was mit einem journalistischen Monolog beginnt, soll in Streit münden. Der bedarf dann aber des gegenseitigen Respekts, um daraus den Dialog zu machen, den guter Journalismus sucht und braucht. Der Dialog schlägt Brücken, die über Unfreundlichkeiten hinwegführen. Das ist die Herausforderung für Redaktionen und für kritische Leser.

Einige weitere Leseranwalt-Kolumnen zu diesem Thema:

"Der missverständliche Samstagsbrief" (2016)

"Leser vergibt glatte Sechs" (2017)

"Falsche Fakten sollten auch in Nutzer-Kommentaren nicht verbreitet werden" (2016

Anton Sahlender, Leseranwalt, siehe auch www.vdmo.de

 
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