Sie meinen, Missstände, Fehlleistungen oder Anzeichen gesetzeswidriger Handlungen erkannt zu haben, etwa in einer Behörde oder einem Unternehmen. Sie möchten, dass der Sache nachgegangen wird und dass die Öffentlichkeit davon erfährt. Aber Ihren Namen, den wollen Sie dabei keinesfalls auch öffentlich preisgeben. Ihre Hinweise an die Redaktion könnten ja den eigenen Arbeitgeber betreffen. Pressionen oder andere Nachteile könnten drohen.
Das anonyme Schreiben
Ein Beispiel sind die Mobbingvorwürfe im Würzburger Landratsamt, zu denen die Redaktion vor geraumer Zeit recherchiert und berichtet hat. Den Stein brachte ein anonymes Schreiben ins Rollen. Weil anonymen Schreiben ein Makel anhaftet, war am 13. April dazu erklärt worden, „wie die Redaktion mit anonymen Schreiben umgeht“. Siehe auch Kopie am Ende des Beitrages.
Das Zeugnisverweigerungsrecht
Den Weg, um Redaktionen in vergleichbaren Fällen auch erkennbar informieren zu können, weise ich gerne. Niemand muss danach befürchten, in Berichten oder auf anderem Wege identifizierbar gemacht zu werden. Denn die Identität von Informanten wird auf deren Wunsch zuverlässig geschützt. Dafür steht das Zeugnisverweigerungsrecht des Journalisten als Berufsgeheimnisträger. Damit das nicht angetastet werden kann, müssen Medien sämtliche Aufzeichnungen sichern und auch digital hinter einen Schutzwall legen.
Schutz gilt auch gegenüsber Polizei und Staatsanwaltschaft
Es geht schließlich um die hohen grundrechtlich geschützten Güter der informationellen Selbstbestimmung und der Pressefreiheit. Das Zeugnisverweigungsrecht bewahrt auch das wichtige Vertrauen zwischen Redaktion und Informanten (auch Whistleblower). Denn wer nicht anonym informiert, wer also vertraut, der kann bei Journalisten ebenfalls mit mehr Vertrauen rechnen. Er kann Hinweise für Recherchen geben, steht für Rückfragen zur Verfügung. Die Sicherheit ist weitgehend: Das Recht, Zeugnis zu verweigern, das redaktionelle Mitarbeiter haben, ist Teil des Redaktionsgeheimnisses und gilt auch gegenüber Polizei und Staatsanwaltschaft.
Informanten machen Skandale ruchbar
Für die öffentliche Aufgabe der Medien, nämlich Information, Kontrolle, dazu Kritik von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft ist die Informationsfreiheit entscheidend. Dazu gehört der Schutz von Informanten. Die Mehrzahl der Skandale im Lande, wurde durch Informanten ruchbar, weil sie Recherchen der Medien ausgelöst haben. Oft haben Recherche-Ergebnisse dann auch Staatsanwaltschaften auf den Plan gerufen.
Wissen sollte man noch: Der Schutz von Informanten ist dann nicht mehr gegeben, wenn ihm Verstrickungen in Straftaten nachgewiesen werden können.
Digitale Unsicherheiten
Damit das Recht der Zeugnisverweigerung nicht unterlaufen werden kann, sind Redaktionen auch vor Durchsuchungen oder Beschlagnahmungen von Schriftstücken, Bild-, Ton-, und Datenträgern, Abbildungen und anderen Darstellungen geschützt. Unsicherheiten gibt es dennoch: So müssen sich Journalisten seit Jahren gegen zu weit reichende Überwachung und Speicherung von Daten aus Kommunikationsnetzen (siehe djv) wehren. Es gibt mittlerweile viele Empfehlungen und Publikationen, die grundsätzlich zeigen, wie man sich digital besser schützen kann. Hier Peter Welchering: "Warum Informantenschutz so wichtig ist".
Das Medium haftet
Wie auch immer: Niemand muss sich der Verbreitung falscher Anschuldigungen schutzlos ausgesetzt sehen. Veröffentlichen wird die Presse aus gutem Grund nur gut recherchierte Fälle. Denn für sie gilt trotz allem Informantenschutz: Für das was veröffentlicht wurde, haftet das jeweilige Medium.
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Anton Sahlender, Leseranwalt. Siehe auch: www.vdmo.de