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LESERANWALT
Leseranwalt: "Corona-Gegner" ist eine unzulässige Verkürzung
Ein Leser mahnt die Redaktion nach einer Demonstration in Schweinfurt zur Genauigkeit: Selbsternannte Aufklärer hätten nicht als Corona-Gegner bezeichnet werden dürfen.
Demonstration in Schweinfurt, gesichert von der Polizei.  Dort machte Bodo Schiffmann Station. 
Foto: Irene Spiegel | Demonstration in Schweinfurt, gesichert von der Polizei.  Dort machte Bodo Schiffmann Station. 
Anton Sahlender
Anton Sahlender
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:23 Uhr

Es sollte für das Verständnis mal ausreichen, weitgehend aus einer Zuschrift von Herrn R. aus Würzburg zu zitieren. Sie betrifft einen Beitrag vom 20. November, in der Zeitung erschienen mit der Überschrift: "Demo von Corona-Gegnern". Die Unterzeile lautete: "Bodo Schiffmann stoppt mit 'Info-Bus‘ in Schweinfurt".

Nicht den Leugnern in die Falle gehen

Dass es im Tagesgeschäft von Redaktionen mitunter turbulent zugehe und nicht jeder Artikel sorgfältig inhaltlich geprüft werden könne, verstehe er, schreibt W. R.. Doch dem folgt seine  Mahnung: Corona als Thema eben dieses Beitrages über eine Demonstration, berge "ungeheure gesellschaftliche Sprengkraft", deshalb müsse man sich sehr präzise und eindeutig ausdrücken. – Wohl wahr.

So sei die Verantwortung der Redaktion bei Beiträgen zu "Corona" erheblich. Man dürfe nicht Gefahr laufen, Verschwörungstheoretikern und Leugnern bzw. Verharmlosern des Coronavirus in die Falle zu gehen. – Auch damit hat W.R. Recht.

Was der Duden sagt

Zur Sache: Im betreffenden Artikel heißt es, die Demonstranten wollten mit ihrer "Corona-Info-Tour" aufklären, weil es die Medien nicht richtig tun. Und gerade mit dem missverständlichen Begriff "Corona-Gegner" in Überschrift, Text und Bildunterzeile, so erkennt es W.R., leiste man dieser Behauptung ungewollt Vorschub.

W.R. beruft sich auf den Duden. Ein Gegner ist danach "jemand, der gegen eine Person oder Sache eingestellt ist (und sie bekämpft)". Das bedeutet hier: Personen, die den Virus bekämpfen und dabei mithelfen, seine Verbreitung zu verhindern. W.R. meint, die Wahrscheinlichkeit sei gering, dass dies auf die Schweinfurter Demonstranten zugetroffen habe. - Das kann gut sein.

Zumindest der bundesweit aktiv an sogenannten Querdenker-Demos beteiligte Arzt und selbst ernannte Aufklärer Bodo Schiffmann gilt gemeinhin als Corona-Skeptiker und vor allem als erklärter Gegner der geltenden Corona-Maßnahmen der Regierung. So ist es auch dem Beitrag vom 20. November zu entnehmen. Auf die persönliche Haltung der in Schweinfurt erschienenen Demonstrant*innen im Einzelnen, die sich fast alle vorschriftsmäßig (immerhin mit Mund-Nasen-Schutz) verhalten haben, kann man dagegen nur schließen. Haben sie doch dem Redner Schiffmann applaudiert. Ihre Einstellungen mögen aber - wie Erfahrungen von anderen Schauplätzen sagen – sehr different sein.

Sprachlich und inhaltlich daneben

Klar bleibt: Der Begriff "Corona-Gegner" greift für die aus Schweinfurt berichtete Demo sprachlich und inhaltlich daneben. Leider werden aber, wohl der Kürze halber, öfter mal jene Leute so bezeichnet, die entweder "Skeptiker", "Leugner" oder "Gegner der Corona-Maßnahmen" sind. Vor dieser irreführenden Vereinfachung sollten sich Journalisten aber hüten.

Irreführend wäre es auch gewesen, im Bericht ohne Einordnung alleine den Titel zu nennen, unter dem die Demo bei der Stadt Schweinfurt  unter anderem von Bodo Schiffmann angemeldet gewesen war: „Aufklärung zum Thema Corona Fakten“. Da konnte wohl bestenfalls von alternativen Fakten die Rede sein.

Von 'Corona-Gegnern' kann bei der Demonstration kaum die Rede sein. Bericht aus SW, Main-Post vom 20.11.20. 
Foto: Repro Sahlender | Von "Corona-Gegnern" kann bei der Demonstration kaum die Rede sein. Bericht aus SW, Main-Post vom 20.11.20. 

Leseranwalt-Kolumnen zu Klarheit von Sprache und zum Umgang mit Begriffen:

2020: "Warum die Redaktion den Begriff 'Kinderporno-Prozess' vermeidet"

2016: "Vom Bewusstsein für eine korrekte Überschrift im Stich gelassen"

2010: "Journalisten sind nicht an die Begriffe der Juristen gebunden"

2009: "Über Schweinegrippe und schädliche sprachliche Nebenwirkungen"

Anton Sahlender, Leseranwalt

Siehe auch Vereinigung der Medien-Ombudsleute.

 
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