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Der Leseranwalt: Kommentare, Meinungen und Wertungen müssen als solche erkennbar sein
Redaktion
 |  aktualisiert: 16.12.2021 10:40 Uhr

Ich kenne den journalistischen Grundsatz, dass zwischen objektiver sachlicher Berichterstattung und persönlicher Meinung des Journalisten streng getrennt werden muss und dies auch entsprechend kenntlich gemacht werden muss – zum Beispiel durch einen vom Bericht separierten Kommentar.“ Der Mann aus der Rhön, der mir das schreibt, hat einen Artikel gelesen, in dem berichtet und bewertet worden war.

Die darin berichtete Nachricht besagt, dass bei einem Gerichtsverfahren die Öffentlichkeit bei der Vernehmung der wichtigsten Zeugin ausgeschlossen wurde. Und schon der folgende Satz lautet: „Wie soll eine sachgerechte Berichterstattung erfolgen, wenn die eine Seite (...) unter öffentlicher Beobachtung stehen darf, die andere Seite aber (...) zu keiner Sekunde?“ Weiter ist festgehalten, welchen Eindruck die Öffentlichkeit aus dem bisherigen Verfahren gewinnen konnte. Schließlich folgt der bedauernde Schlusssatz des Autors: „Und von der entscheidenden Zeugin (...) hat die Öffentlichkeit keinen eigenen Eindruck, weil sie vor die Tür geschickt worden ist.“

Ich habe dem Rhöner zugestimmt, weil es grundsätzlich korrekt ist, dass Nachricht und Meinung klar getrennt werden müssen. Das ergibt sich aus der journalistischen Verpflichtung, sorgfältig zu arbeiten. Das bedeutet auch, dass Meinungen als solche erkennbar sein müssen. Wörtlich entnehme ich den Leitlinien der Mediengruppe Main-Post (Punkt 5): „Kommentare, Meinungen und Wertungen machen wir als solche erkennbar.“ (siehe www.mainpost.de über Impressum).

Aber nun schreibe ich gegen ein vor allem unter Politikern verbreitetes Missverständnis an, das man aus diesem Grundsatz ableitet. Es lautet, Nachricht und Meinung müssen stets in getrennten Beiträgen stehen. Nein, das müssen sie nicht. Die deutliche Unterscheidung ist in einem einzigen Beitrag möglich. Also ist es zulässig, wenn sich Nachricht und Meinung darin begegnen.

Es gibt im Journalismus eben den Meinungsbericht. Entscheidend ist für diese Stilform, dass trotzdem erkennbar bleibt, was Nachricht ist und was Meinung. Beispiele dafür sind Artikel aus dem Sport (Fußballspielberichte) oder der Kultur (Theaterbesprechungen). Hier muss oft zwischen dem Berichten und Bewerten gewechselt werden.

Lesern konnte sich auch in dem kleinen Meinungsbericht aus dem Gericht klar erschließen, was Nachricht war und was deren Bewertung durch den Autor. Ich füge hinzu: Diese Art der Berichterstattung mit Bewertung ist etwas ungewohnt in dieser Zeitung, dennoch zulässig.

 
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