zurück
Würzburg
Kommentar: Wie sich die 3. Liga blamiert und die Würzburger Kickers darunter leiden
Der Rückzug des insolventen Klubs Türkgücü München aus der 3. Liga ist ein Armutszeugnis für den deutschen Fußball, findet unser Autor.
Wie lange gibt es noch Drittligafußball am Würzburger Dallenberg? Durch den Rückzug von Türkgücü München haben sich die Chancen der Unterfranken auf den Klassenerhalt verschlechtert.
Foto: Silvia Gralla | Wie lange gibt es noch Drittligafußball am Würzburger Dallenberg? Durch den Rückzug von Türkgücü München haben sich die Chancen der Unterfranken auf den Klassenerhalt verschlechtert.
Frank Kranewitter
 |  aktualisiert: 10.02.2024 09:45 Uhr

Die Würzburger Kickers sind dem Absturz in die Fußball-Regionalliga einen Schritt näher gekommen. Diesmal konnte der Klub, der 2020 noch den Aufstieg in die 2. Bundesliga feierte, nicht einmal selbst etwas dazu. Der insolvente Liga-Kontrahent Türkgücü München, ein Klub, der in den letzten Monaten durch noch mehr Personalwechsel als die Würzburger aufgefallen war, stellt seinen Spielbetrieb sofort ein.

Leidtragende sind auch die Kickers, die für die finanzielle Misswirtschaft bei den Oberbayern mitbezahlen müssen. Drei Punkte werden ihnen abgezogen, weil alle Partien der Münchner rückwirkend als ungültig gewertet werden. Der im Oktober errungene Kickers-Sieg gegen Türkgücü ist damit nichtig. Weil aber andere Vereine im Tabellenkeller nicht gegen die Münchner gewonnen haben und damit keine Punkte verlieren, verdoppelt sich der Rückstand der Kickers auf die Nichtabstiegsplätze nun auf vier Zähler.

Peinlichkeit für den DFB

Diese Verzerrung des Wettbewerbs wirft kein gutes Licht auf die Fußball-Branche. Im Verantwortungsbereich des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ist die 3. Liga die höchste Klasse. Das Ausscheiden eines Teams aus der Meisterschaftsrunde ist deshalb für den DFB eine Peinlichkeit. Da sich auch an der Tabellenspitze Punktstände ändern, beeinflusst der Türkgücü-Rückzug das Aufstiegsrennen. Ob ein Lizenzierungsverfahren, wie es die Deutsche Fußball-Liga (DFL) für die Teilnahme an ihren beiden Bundesligen voraussetzt, das Münchner Finanzfiasko verhindert hätte? Eines scheint sicher: Das derzeitige Zulassungsverfahren für die 3. Liga ist ungeeignet.

Türkgücü München ist kein Ausnahme: Zahlreiche Insolvenzverfahren in der 3.Liga

Die Probleme jedoch liegen tiefer und sind lange bekannt: Fast jährlich gab es zuletzt mindestens einen Insolvenzfall in der 3. Liga. Der Ruf als Pleiteliga kommt nicht von ungefähr. Was auch daran liegt, dass die finanzielle Kluft zu den Bundesligen enorm ist.

In der Vorsaison kassierten die Kickers TV-Gelder in Höhe von 7,5 Millionen Euro – die kleinste Summe aller Zweitligisten. Im Vergleich zum Erlös in der 3. Liga dennoch sehr viel mehr Geld, denn dort erhalten die Würzburger Kickers nicht einmal ein Fünftel. Im Streben nach dem Aufstieg – und damit dem großen Geld – gehen viele Klubs zu sehr ins finanzielle Risiko. Sie bezahlen ihren Spielern oft Gehälter, die sie sich nicht leisten können.

Für Hasan Kivran war Türkgücü München nur ein Spielzeug.
Foto: Klaus Rainer Krieger | Für Hasan Kivran war Türkgücü München nur ein Spielzeug.

Dass mit Türkgücü ein von einem einzelnen Investor stark abhängiger Verein nun Schiffbruch erlitten hat, kommt nicht von ungefähr. Geldgeber Hasan Kivran behandelte den Klub wie sein Spielzeug, stellte Spieler und Trainer nach Belieben ein und wieder frei und ließ den Verein am Ende fallen wie eine heiße Kartoffel. Ein Musterbeispiel, das als Argument für die Beibehaltung der 50+1-Regel taugt. Damit wird der Einfluss von Investoren bei Profiklubs in Deutschland begrenzt: DFL und DFB haben in ihren Satzungen festgeschrieben, dass die Mehrheit der Anteile eines Klubs immer in den Händen der Mitglieder liegen muss.

Die Würzburger Kickers wollen bescheidener werden

In Würzburg wollte der Druck-Unternehmer Thorsten Fischer die Kickers vor zwei Jahren als Teil einer globalen Fußballmarke positionieren. Er wollte damit Geld verdienen, sagte er. Am Ende hat der Fußball ihn wohl eher Geld gekostet.

Seine Anteile an der Kickers-Profifußball AG will Fischer inzwischen loswerden. Sollte der Klub im Sommer absteigen, sind am Würzburger Dallenberg von der Profi-Ära als deutlich sichtbare Zeichen eine Stahlrohrtribüne und ein VIP-Zelt übrig. Beides ist schnell wieder abgebaut.

Der Klub, bei dem der erst im Sommer 2021 gekommene Vermarktungs-Experte Christan Jäger am Donnerstag seinen Abschied als Vorstandsvorsitzender verkündete, will in Zukunft bescheidener auftreten: Er möchte mehr in die Infrastruktur als in den kurzfristigen sportlichen Erfolg investieren. Es wäre der richtige Weg.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Frank Kranewitter
Autor
Deutscher Fußball-Bund
FC Würzburger Kickers
Geldgeber
Insolvenzverfahren
Millionen Euro
Türkgücü München
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Garteneidechse
    Die Kickers haben in den vergangenen Jahren auch viele Fehler gemacht, schaut man sich nur die Personalie Magath an. Viel Geld bedeutet nicht Erfolg. Als Verein sollten sich die Kickers mal an Freiburg orientieren, eine solide Struktur über Jahre hinweg. Ein gutes Beispiel wäre auch die TSG Wieseck im Jugendbereich.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ralfestenfeld@aol.com
    Die Kickers steigen nicht ab. Warten Sie alle mal ab. Und wenn doch. Times are changing.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • rasputin32
    Angeblich gibt es Papiermangel.
    Die Mainpost könnte jede Woche 3 Seiten Papier sparen, wenn sie die Berichterstattung über die Kickers den Leistungen anpassen würde.
    Der Berichterstatter könnte......................
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • saf.wuerzburg@t-online.de
    Dem Fußball geht es doch letztendlich nur ums Geld.

    Und wenn die ganze Branche irgendwann mal den Bach runter geht und eingestellt wird, dann geht mir das am "Nämlichen" vorbei, Hauptsache die Öffentlichkeit wird nicht noch weiter mit irgendwelchen Irrsinsprojekten wie ein Stadionneubau zur Kasse gebeten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • euroknacki
    Um was bitte geht es in dieser Welt bitte nicht ums Geld?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • dieter.popp@web.de
    Ohne Punkteabzug gegen Türkgücü am grünen Tisch wären die doch eh' deutlich vor den Kickers gelandet. Nur die Rosinen rauspicken ( also Punkteabzug und regulär die Saison zu Ende spielen), geht halt nicht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • stefan.behringer@web.de
    Den allergrößten Anteil an der jetzigen Situation haben nur die Kickers selbst. Jetzt ständig woanders die Schuld zu suchen, zeigt nur, wie es um die Moral und den Kampfgeist bestellt ist.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • euroknacki
    Den allergrößten Anteil an der jetzigen Situation hat der Flyeralarm Global Player
    in der Person von Thorsten Fischer, der ist aber nicht mehr bei den Kickers, weil Mitgliedschaft gekündigt! Ist er vielleicht gekränkt worden?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ermahirsch@aol.com
    Damit ist doch nur der Beweis erbracht das es im Fußball nicht um den Sport
    sondern nur ums Geld geht!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • familie.diener@gmx.net
    Beide Vereine haben das gleiche Problem , der Sponsor und Mäzen will nicht mehr !
    Der Bericht ist interessant , doch wie immer einer wo keine Lösung mit angegeben ist .
    Wie hätte der DFB darauf reagieren sollen und man möge mir verzeihen :
    Hätten die Kickers einfach mehr Punkte gesammelt , wären sie nicht in diese Lage
    gekommen und schauen sie mal , wer alles bei den Kickers nach dieser Runde aufhört.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • michael.rotter11@web.de
    … das ist die Strafe für die Zurverfügungstellung des Dallenbergs für Türkgücu vor knapp 2 Jahren grinsen
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • euroknacki
    Das ist absoluter Quatsch FCSchweinfurt 05
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • rasputin32
    Super!!!!!
    es gibt doch noch Gerechtigkeit!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten