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Würzburg/Berlin
Samstagsbrief: Nach diesem Silvester-Video ist es Zeit für einen geordneten Rückzug, Frau Lambrecht!
Ein misslungenes Instagram-Video der Verteidigungsministerin sorgt für Ärger. Der Film sollte die letzte Folge einer Pannen-Serie der SPD-Politikerin sein, findet unser Autor.
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht steht nicht das erste Mal in der Kritik.
Foto: Kay Nietfeld, dpa | Verteidigungsministerin Christine Lambrecht steht nicht das erste Mal in der Kritik.
Benjamin Stahl
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:25 Uhr

Sehr geehrte Frau Lambrecht,

seit dem Jahreswechsel diskutiert Deutschland über ein 55 Sekunden langes Video, das Sie zum Jahreswechsel auf Ihrem persönlichen Instagram-Kanal veröffentlicht haben. "Mitten in Europa tobt ein Krieg", sagen Sie darin. Ihre Worte sind wegen explosionsartigem Knallen nur schwer zu verstehen. Hinter Ihnen steigen Raketen in den Nachthimmel - glücklicherweise nicht abgefeuert von der russischen Armee, sondern von Berlinern, die mit Silvesterfeuerwerk das neue Jahr begrüßen.

Anzeige für den Anbieter Instagram über den Consent-Anbieter verweigert

Vielleicht mag Ihnen diese Assoziation etwas weit hergeholt erscheinen. Die Ukrainerinnen und Ukrainern aber, die vor Putins Krieg nach Deutschland geflohen sind, werden beim Hören des Silvesterlärms genau daran gedacht haben: an den Krieg in der Heimat. Doch dazu - zu den Opfern, den Geflüchteten, dem Leid vor Ort - verlieren Sie kein Wort. Stattdessen fabulieren Sie retrospektiv auf 2022 von "ganz vielen besonderen Eindrücken, die ich gewinnen konnte", von "vielen Begegnungen mit interessanten, mit tollen Menschen".

Im Netz entluden sich Hohn und Spott. Schützenhilfe bekamen Sie nicht einmal aus Ihrem eigenen Ministerium. Ein Sprecher betonte, Ressourcen des Ministeriums seien dafür nicht verwendet worden. Immerhin. Es handle sich um ein privat aufgenommenes Video, ergänzte er, ohne dass es nach Verteidigung klang. "Die Worte der Ministerin im Video stehen für sich. Es ist nicht an mir, das zu kommentieren."

Das Video ist unprofessionell - inhaltlich wie handwerklich

Das übernahmen ohnehin andere. Und ich kann mich nur anschließen: Ihr Video ist empathielos, Frau Lambrecht. Es ist angesichts der Tatsache, dass in Europa - wie Sie ja glücklicherweise mitbekommen haben - ein Krieg tobt, deplatziert. Und ja, es ist auch unprofessionell. Inhaltlich wie handwerklich. Letzteres sorgte vor allem bei Abgeordneten der Opposition für Häme.

Doch die miese Tonqualität und Ihre vom Wind zerzausten Haare sind nicht das Problem. Ganz nebenbei bemerkt: Ich könnte Ihnen mehrere Bundestagsabgeordnete auch aus unserer Region nennen, die mit schrägen Social-Media-Beiträgen regelmäßig für ungläubiges Kopfschütteln sorgen.

Nicht der erste Ausrutscher auf Instagram

Nein, das Problem ist, dass Ihr empathieloses, deplatziertes und unprofessionelles 55-Sekunden-Filmchen sich einreiht in eine Folge von echten und vermeintlichen Pannen. Eine Auswahl: Die lachhafte Zusage von 5000 Helmen an die Ukraine zu Beginn des Krieges, die Sie als "ein ganz deutliches Signal" bezeichneten. Ihr Stöckelschuh-Auftritt im Wüstensand von Mali, der Ihrem Respekt bei der dort stationierten Truppe alles andere als zuträglich war. Die schleppende Modernisierung der Bundeswehr und die Zweifel, ob Sie kompetent genug sind, das dafür bewilligte 100-Milliarden-Sondervermögen richtig einzusetzen. Das Panzer-Debakel um den Puma, der sich als zahnloser Tiger entpuppte.

Und jetzt Ihr Silvester-Video. Dabei sollten doch gerade Sie wissen, dass man als Politikerin Instagram und Co. vielleicht nicht in durchgestylter Influencer-Doro-Bär-Manier bespielen können muss. Aber die Wucht eines achtlos geposteten Beitrags sollte Ihnen doch nach der Sache mit Ihrem Sohn bekannt sein. Der hatte vergangenes Jahr Oster-Grüße über Instagram verbreitet - mit einem Foto von sich, aufgenommen von Ihnen höchstpersönlich, in einem Helikopter der Bundeswehr-Flugbereitschaft auf dem Weg zu einem Sylt-Urlaub. Rechtlich war die Sache wohl in Ordnung, in der Außenwirkung aber ein Desaster. Ein Warnschuss, den Sie offensichtlich nicht gehört haben.

Wurschtig, unterambitioniert, nicht diensttauglich

Es stellt sich daher - und zwar nicht erst jetzt - die Frage nach Ihrer Diensttauglichkeit, Frau Ministerin. Man habe bei Ihnen nie das Gefühl, es gehe um Leben und Tod, kommentierte die "Zeit" zu Ihrem wurschtigen Video. Dabei geht es doch gerade in Ihrem Ressort genau darum. Eine "unterambitionierte" Verteidigungsministerin könne man "sich nur in Zeiten leisten, in denen die größte militärische Gefahr von der Blechbüchsenarmee der Augsburger Puppenkiste ausgeht", hieß es weiter.

Diese Zeiten sind in der Tat vorbei. Und dafür braucht es an der Spitze des Verteidigungsministeriums eine Person, die unverbraucht ist und nicht mit Stöckelschuhen, Familienausflügen im Bundeswehr-Heli oder schlechten Silvestervideos den Fokus von den großen Herausforderungen unserer Zeit lenkt. Daher machen Sie den Weg frei, Frau Lambrecht, und treten Sie einen geordneten Rückzug an. Aber bitte nicht, um perspektivisch das Innenministerium zu übernehmen, wie in Berlin gemunkelt wird...

Mit freundlichen Grüßen

Benjamin Stahl, Redakteur

Persönliche Post: Der "Samstagsbrief"

Jedes Wochenende lesen Sie unseren "Samstagsbrief". Was das ist? Ein offener Brief, den eine Redakteurin oder ein Redakteur unserer Zeitung an eine reale Person schreibt – und tatsächlich auch verschickt. An eine Person des öffentlichen Lebens, die zuletzt Schlagzeilen machte. An jemanden, dem wir etwas zu sagen haben. An einen Menschen aus der Region, der bewegt hat und bewegt. Vielleicht auch mal an eine Institution oder an ein Unternehmen. Oder ausnahmsweise an eine fiktive Figur.
Persönlich, direkt und pointiert formuliert soll der "Samstagsbrief" sein. Mal emotional, mal scharfzüngig, mal mit deutlichen Worten, mal launig – und immer mit Freude an der Kontroverse. Der "Samstagsbrief" ist unsere Einladung zur Debatte und zum Austausch. Im Idealfall bekommen wir von der Adressatin oder dem Adressaten Post zurück. Die Antwort finden Sie dann bei allen "Samstagsbriefen" hier. Und vielleicht bietet sie auch Anlass für weitere Berichterstattung.
Quelle: MP
 
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  • jutta.noether@web.de
    Der Posten des Verteidigungsministers war schon immer ein Schleuderstuhl.
    Der letzte, der ihn noch einigermaßen zur allgemeinen Zufriedenheit ausgefüllt hatte, war Stoltenberg in den 80ern.

    Da fragt man sich wirklich: werden da eigentlich grundsätzlich Versager eingesetzt, die scheitern MÜSSEN?
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  • chjoachim@web.de
    Auf eigenen Wunsch hin entfernt.
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  • dbuettner0815@gmail.com
    @guugelfisch: Schön, dass Sie den treffenden und sehr guten Brief von Herrn Stahl und die Kommentare dazu gelesen haben, obwohl dies weit unter Ihrem Niveau liegt! 👏
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  • dbuettner0815@gmail.com
    Wird halt noch dauern, bis sie den Posten von Panzer-Uschi in der EU Kommission übernehmen kann ...🤣 So lange bleibt sie eine erfolglose, unnütze und desaströse Verteidigungsministerin. Auf geht's Olaf: H A N D E L N! Was will man allerdings erwarten? Der Typ ist auch nicht viel besser ...
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  • hermannkoch@gmx.de
    Guter Brief!
    Nicht alle Blindgänger, die man heute noch in Berlin findet, stammen aus dem 2. Weltkrieg.
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  • Arcus
    Die Blindgänger aus dem 2.ten Weltkrieg, mit Nazivergangenheit die die CSU/CSU in den Bundestag geschickt hat, sind zum allergrößten Teil schon einer politischen Lösung zum Opfer gefallen.
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  • robert.erhard@gmx.de
    🤦🏻‍♂️
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  • steve67
    Lambrecht ist nur das Paradebeispiel des neuen deutschen(vielleicht auch internationalen) Politikertypus: Inkompetent, unsensibel, selbstverliebt und am Amt klebend.
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  • michaelfoersch
    Bravo Herr Stahl. Hervorragend auf den Punkt gebracht. Diese Ministerin ist nicht tragbar !!
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  • dbuettner0815@gmail.com
    Stimmt, und jeden Tag ihrer Amtszeit wird sie schwerer!🤣
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  • ge@baenba.de
    Teil1...Um zur Rücktrittsforderung zu kommen. Wenn ein Minister/-in zuücktreten muss nur weil er einigen Leuten zu peinlich ist, dann fordere ich, nur um die Verhälnissmässigkeit zu wahren, dass sich Leute wie Scholz(10Mrd CumEX), Söder(7Mrd HypoAlpeAdria, GWB, Deutsches Museum Nbg), Scheuer(700Mio PKWMaut)usw, sich alle sofort ins Schwert stürzen.
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  • woody
    Noch niemals zuvor war ein Rücktritt eines Minister/in so zwingend erforderlich wie bei Frau Lambrecht. In der freien Wirtschaft würden ihre Fehlleistungen für eine fristlose Kündigung locker ausreichen.
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  • christman167@gmail.com
    Rausschmeißen und endlich jemanden aus dem Militär auf den Posten setzen
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  • ge@baenba.de
    Ich muss mich schon über den Samstagsbrief und einen oder anderen Foristen hier wundern. Verteidigungsministerin war ja offensichtlich nicht Lambrechts Traumjob. Der eine oder andere peinliche Auftritt, hier und da ein Fettnäpfchen, damit muss die Frau selbst zurechtkommen. Wenn man sich aber ansieht was sich im ersten Jahr im Verteidigungsministerium getan hat, ist da jetzt schon mehr abgearbeitet und neu angestossen worden wie in den letzten 15 Jahren zsammen. Der Letzte der in dem Amt wirklich was verändert hat war Scharping und das Meiste davon war falsch. Die Nachfolger haben dann die Missstände nur verwaltet oder haben die Lage mit einfachen populistischen Lösungen nur schlimmer gemacht.

    Falls sich sofort Jemand besseres findet bitte melden! Ich befürchte nur das den Scheissjob in der momentnen Situation Niemand haben möchte, zumindest Niemand, der das auch wirklich besser mach als Lambrecht.

    Um zur Rücktrittsforderung zu kommen, ...Teil2
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  • deweka
    Der Posten ist schon seit langer Zeit ein Schleudersitz.

    Zum Einen ein träges ein Beschaffungssystem,

    zum Anderen überhaupt keine klaren Vorgaben was die Bundeswehr überhaupt können soll.

    Die Produktion hat einen langen Vorlauf, weil einfach für die Industrie keine verlässlichen Bestellungen vorhanden sind.

    Die Entwicklung muss oft wegen z.T. völlig widersinnigen Änderungen der Anforderungen geändert werden. Unter Termindruck führt dies zwangsläufig zu Fehlern

    So einen Kampf kann niemand gewinnen.
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  • mona-l@t-online.de
    Bei dieser Dame kann man vom Tritt ins Fettnäpfchen schon nicht mehr sprechen. Die springt mit Anlauf in ein ganzes Fettfass. Und das schlimmste ist, es juckt sie nicht im geringsten. Selbstkritik und Reflektion des eigenen Verhaltens sind dieser Frau komplett fremd. Waren ihre Vorgänger schon nicht die geeigneteste Wahl für diesen Posten, so setzt sie dem ganzen echt die Krone auf. Und was macht unser Bundeskanzler? Hat er bestimmt schon wieder mal vergessen. Vielleicht kommt ja irgendwann mal jemand auf die Idee, diesen Posten nach Qualifikation zu vergeben und nicht um irgendwelche Quoten zu erfüllen.
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  • lawyer007
    Ich kann den Autoren nur unterstützen. Frau Lambrecht ist die Peinlichkeit in Person und destillierte Inkompenz. Wenn eine Verteidigungsministerin sich während eines laufenden Krieges zu ebendiesem äußert, ist dies natürlich nie privat. Wie naiv und ignorant muss man sein, das Gegenteil zu behaupten? Und Kanzler Scholz zeigt mal wieder Führungsschwäche und entlässt sie nicht. Wie schon bei der Panzerfrage: wer Führung will, der muss nach Frankreich schauen, Kanzler Scholz zeigt nur Gefolgschaft. Mehr kann er nicht.
    Frau Strack-Zimmermann wäre sicher wesentlich geeigneter für das Verteidigungsministerium als Frau Lambrecht. Aber in der Politik spielt Kompetenz und Fachwissen ja keine Rolle. Armes Deutschland!
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  • tommy33
    Da wird der Fachkräftemangel deutlichst sichtbar!
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  • simonhard
    Ja genau. Zurücktreten. Und Versager Habeck und Sprechpuppe Baerbock gleich mit.Und die Ärztin aus Massbach wäre auch besser gewesen als "Karl der Käfer" Lauterbach.
    Entschuldigung für meine rüde Wortwahl. Aber ich passe mich anderen Foristen leider an.
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  • tommy33
    Die Wahrheit darf und sollte man immer sagen! Auch wenn sie manchmal hart erscheinen mag!
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