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Würzburg
Samstagsbrief: Herr Laschet, mit Söder müssen Sie fertigwerden
Wer dieses Land als Kanzler aus der Corona-Krise führen will, muss auch einem Rivalen wie Markus Söder gewachsen sein, findet unser Autor. Leicht ist das freilich nicht.
Armin Laschet möchte Kanzler werden. Markus Söder inzwischen auch.
Foto: Michael Kappeler, dpa | Armin Laschet möchte Kanzler werden. Markus Söder inzwischen auch.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:37 Uhr

Sehr geehrter Herr Laschet, es tut mir leid, dass Sie es ausgerechnet mit Markus Söder zu tun bekommen, jetzt, wo das Kanzleramt in erreichbarer Nähe schien. Aber nehmen Sie es sportlich: Wer als Kanzler dieses Land aus der Corona-Krise führen will, dem sollte man schon zutrauen können, auch mit einem Rivalen wie Söder fertigzuwerden.

Dabei hätte es für Sie so schön laufen können. Annegret Kramp-Karrenbauer hatte als CDU-Vorsitzende bereitwillig das Handtuch geschmissen, nachdem es ihr in Thüringen nicht gelungen war, die Partei auf Anti-AfD-Linie zu bringen. Dann winkte sie auch in Sachen Kanzlerkanditatur ab.

Viele erinnern sich noch an die Worte "mein Platz ist in Bayern"

Sie haben sie beerbt. Aber falls Sie gedacht hatten, der Weg zur Kandidatur werde vielleicht nach Ihrer eher holprigen Kür zum CDU-Vorsitzenden ein bisschen weniger steinig, dann haben Sie sich wohl geirrt. Markus Söder, der einigen sehr nachtragenden Menschen immer noch mit den Worten "mein Platz ist in Bayern" in Erinnerung ist, findet, die Union sollte den Mann aufstellen, der beim Wahlvolk am besten ankommt. Also ihn.

Sie hingegen, Herr Laschet, wollen Politik lieber "aus einem Grundverständnis heraus" machen als auf der Basis von Umfragewerten? Ich könnte Ihnen jetzt mit einem uralten Journalistenspruch kommen: "Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler." Tue ich aber nicht, denn dann würde ich Söders Argumentation übernehmen.

Er hält sich für aussichtsreicheren Kandidaten fürs Kanzleramt: Markus Söder.
Foto: Michael Kappeler, dpa | Er hält sich für aussichtsreicheren Kandidaten fürs Kanzleramt: Markus Söder.

Und dies habe ich hier nicht vor, zumindest nicht in allen Punkten. Es ist schon bezeichnend, dass sich einer, dem auch in der CSU manche einen "dominanten Führungsstil" bescheinigen, vor die Mikros stellt und in plötzlicher Aufwallung basisdemokratischer Gesinnung sagt, Parteien könne man heutzutage nicht mehr einfach von oben her führen.

Deshalb, so Markus Söders Logik, sollten mehr Leute über die Kandidatur entscheiden als nur das CDU-Präsidium, das sich in dieser Woche bekanntlich hinter Sie gestellt hat, Herr Laschet. Uns beiden ist natürlich klar: Er fordert das nur, weil er glaubt, berechtigte Hoffnung haben zu können, dass dann die Entscheidung zu seinen Gunsten ausfalle.

Derzeit fallen viele nur scheinbar positiv gemeinte Sätze

Tatsächlich ist es inzwischen schwierig zu verfolgen, wer sich mit welchen Argumenten auf welche Seite gestellt hat. Und wer es damit ehrlich meint. Ein bebilderter Witz im Netz zeigt Sie zum Beispiel mit Friedrich Merz. Er sagt zu Ihnen: "Ich werde Dich vernichten!" Sie fragen: "Und wie willst Du das tun?" Nächstes Bild wieder Friedrich Merz mit der Aufforderung: "Wählen Sie Armin Laschet. Er steht für alles, wofür ich auch stehe."

Auffällig ist auch, dass gefühlt ständig irgendwelche Gremien zusammentreten, ein Statement abgeben, aber keinen Beschluss fassen. Dass Parteifreunde wie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier fordern, man möge bei der Entscheidung doch die Stimmung an der Basis berücksichtigen. Oder dass Tilman Kuban, Chef der Jungen Union und einst Merz-Mann, appelliert: „Wir sollten heute Armin Laschet ein starkes Verhandlungsmandat geben und geschlossen sein.“

Solche scheinbar positiven, in Wahrheit vergifteten Sätze fallen derzeit viele. Wahrer Wille zu Geschlossenheit sähe jedenfalls anders aus. Und warum sollten Sie denn überhaupt ein "starkes Verhandlungsmandat" brauchen, Herr Laschet? Es gab mal eine Zeit, da hieß es, wenn der CDU-Chef (oder die CDU-Chefin) es machen will, dann macht er es (oder sie). Selbst Markus Söder hat immer wieder gesagt, er werde verzichten, sollte sich die CDU eindeutig für Sie aussprechen.

Immer wieder schafft Söder es, in genau der richtigen Dosierung auch Irrtümer zuzugeben

Nun kann man trefflich mit den Kehrtwendungen, Sinneswandlungen und Imagekorrekturen des Markus Söder hadern, immer wieder schafft er es, in genau der richtigen Dosierung auch Irrtümer zuzugeben. Und sich dabei nur noch besser zu positionieren. Etwa, wenn er im "Spiegel"-Interview einräumt, 2018 in der Flüchtlingsfrage "und im Umgang untereinander in der Union" Fehler gemacht zu haben. Und wenn er dann Angela Merkel dankt, ihm das nie nachgetragen zu haben. Die Botschaft ist klar und lautet ungefähr so: "Angela Merkel und ich, wir verstehen uns. Laschet rüffelt sie, zu mir hält sie, auch wenn ich mal danebenliege."

Wissen Sie übrigens, was Markus Söders Lieblingsserie ist? "Game of Thrones", dem Vernehmen nach. Da dürfen Sie sich wenigstens ein klein wenig Schadenfreude erlauben, Herr Laschet: Sollte das Ganze nach "Game of Thrones"-Logik ablaufen, dann wird keiner von Ihnen beiden Kanzler.

Mit freundlichen Grüßen,

Mathias Wiedemann, Redakteur

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Quelle: MP
 
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  • G. H.
    Bei all der Meinungsvielfalt über Laschet /Söder ist zu beachten, daß es seit vielen Jahren Meinung ist , daß es aus Bayern keinen Kanzler nach Bonn/Berlin zu geben hat. Die Geschichte hat dies bewiesen. Dies würde einen Kandidaten von SPD, Grünen oder andere genau so treffen. Würde Laschet aus Bayern stammen müßte er mit der gleichen Aversion leben, wie derzeit Söder. Es gab einen einzigen Bayern, der es in ein höchstes Amt geschafft hat, das war Roman Herzog als Bundespräsident, aber nicht weil er Bayer war, sondern ein hervorragender Richter am Bundesverfassungsgericht. Deswegen die landläufige Meinung aus Presse und Medien: Alles was aus Bayern stammt- gleich welcher Coleur - ist nicht als Kanzler geeignet und muß bekämpft werden.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Joachim Behnke im Spiegel: „ Als Generalsekretär hat er sich der Methoden Trumps, Spalten und Verunglimpfen, schon bedient, als dieser noch gar nicht auf der politischen Bühne erschienen war“
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  • G. M.
    Wurscht, welche politische Grundeinstellungen ein politischer Repräsentant hat. Die Verschlimmbesserung, damit es besser klingt, die Mitsprache der Basis, ist, Umfragen wie das Politbarometer bestimmen, wer Bundeskanzler ist. Vor Weihnachten wäre das Merkel gewesen, dann mal Merz, auch mal Spahn. Vor ziemlich genau 4 Jahren war das mal Martin Schulz. Bei so einer Denke wären ganz schön viele Wechsel im Kanzleramt zu vollziehen gewesen. Kontraproduktiv zum konstruktiven Misstrauensvotum, das aus den Lehren der Schwächen der Weimarer Verfassung eingeführt wurde. Die freiheitliche demokratische Grundordnung wird angeknabbert und der einzelne fragt sich, warum er so einen Egomanen wählen soll?
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  • E. S.
    macht das Kasperles Theater so weiter , dann wähle ich euch nicht
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  • E. H.
    Völlig falsche Frage, die in der Überschrift aufgeworfen ist.
    Laschet muss nicht mit Söder fertigwerden, sondern er muss klare Führungskompetenz beweisen, den Führungsanspruch zum richtigen Zeitpunkt bekanntgeben, den Machtanspruch deutlich kommunizieren und die Spielregeln für alle Parteinovizen in CSU und CDU bestimmen. Nur dann hat man das Zeug zum Kanzler, der auch vom Sultan aus der Türkei, vom russischen Zaren und vom chinesischen Kaiser zumindest wahrgenommen werden will. (die Panzer-Uschi hat dem Sultan aber sowas von gezeigt, wo der Hammer hängt und dabei die Milliarden von uns allen Steuerzahlern in der Handtasche mitgebracht hat)
    Eigentlich gibt es in der BRD niemand mehr, dem man das zutraut, auch nicht dem fränkischen Möchtegern-Bayernkini
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  • D. H.
    Ich hatte auf Facebook mich mehrmals kritisch über Herrn Söder geäußert. Auchauf seiner Facebookseite. Nicht beleidigend. Merkwürdig, dass keine Kommentarfunktion von Facebook 24 Stunden gesperrt wurde? Sind wir schon so weit, dass man dies nicht mehr darf?
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  • S. F.
    Gute Analyse.
    Die Union präsentiert sich zwar gerne als Modern, im Innersten ist sie doch noch in den 80ern stecken geblieben.
    Bestes Beispiel der unsägliche Umgang mit Bahnbefürwortern zum Thema Steigerwaldbahn durch den Staatssekretär Eck.
    Frauen wie Fr. Bär, und die Klimaschutzbeauftragte und Kreisvorsitzende Weisgerber braucht man im "Kampf der Silberrücken ums Kanzleramt" nur zum "Aufhübschen"als Zuschauerinnen. .
    Meine Lieblingsanlaufstelle im Nürnberger Zoo ist nicht umsonst das Affengehege.

    Noch nicht so lange her, wie wir von den Bäumen herabstiegen.
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  • A. S.
    @einwohner:
    Merz, diesen Ex-Blackrockmanager möchte ich nicht als Kanzler. Ich finde der kann nicht mal ehrlich geradeaus schauen.
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  • A. H.
    Was wolle se denn jetzt mit dem Merz, der is doch überhaupt nicht mehr im Rennen - oder ham se des verschnappt?
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  • A. S.
    Na dann lesen sie mal den Kommentar von Einwohner, auf den habe ich geantwortet.
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  • K. F.
    man kann eigentlich nur noch mit dem Kopf schütteln, was da zur Zeit in DL läuft. Eine machtlose Kanzlerin, 2 Gockel auf dem Missthaufen wie es keine mehr gegeben hat seid,....
    eine CDu/CSU die den Buchstaben "C" eigentlich schon seit Jahren verspielt hat. Schlimmer kann es eigentlich für unser doch so schönes und reiches Land nicht mehr kommen. Nur noch ein Flickenteppich, jedes Bundesland macht was es will, allem voran Bayern mit unserem Schönling, was aber bei diesem ganzen hin und her gezedere letztendlich herauskommt wird man im Herbst erleben, beim absoluten Wahlkampfmaraton! Da werden wohl beide Gockel ganz schön Federn lassen müssen, keiner von diesen Herrn kann die CDU so weit herausholen, dass sie wieder ohne eine andere Partei an die Macht käme. Nach über 15 Jahren CDU wäre es wohl an der Zeit, dass endlich wieder mal Farbe ins Spiel käm, schwarz und rot haben allerdings abgewirtschaftet, egal ob mit oder ohne Corona! Da nützen auch die vielen Daumen hoch nichts!
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  • R. E.
    Aus meiner Sicht wird es hier ZWEI Verlierer geben: die CSU UND die CDU. Wann? Bei der Wahl im Herbst.
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  • G. B.
    Es wäre interessant, ob die beiden Herren auch als Oppositionsführer oder Juniorpartner einer Koalition nach Berlin gehen würden.
    Oder bleibt man für diesen Fall dann lieber an "seinem" Platz?
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Söder war 2018 der unbeliebteste Ministerpräsident. Sein Stil und Umgang mit der Wahrheit hat sich nicht geändert. Soviel zu den Umfragen.
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  • A. H.
    ich glaube, hinter dieser totalen Verdrehung von Umfragewerten steckt schon die angst , Söder könne unerwartet am ende doch noch Kanzler werden - und der bestenfalls Philosoph Vize......
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  • A. H.
    2018??
    Ham se nit no ne ältere Klamotte im Sack? Damit entlarven Sie sich doch selber😆😆
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  • R. D.
    Laschet kann nicht Kanzler. Er wirkt immer total hilflos und noch dazu kommt er völlig unsympathisch rüber. Söder brauchen wir in Bayern und einen aus Bayern wählt der Eest des Landes eh nicht. Merz wäre eine gute Alternative gewesen.
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  • L. W.
    @ Einwohner

    Ist das Ihr Ernst?

    Ein Mann, dem seine persönliche Bereicherung über den Dienst am Land geht?
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  • M. D.
    Söder vergiftet die gesamte demokratische Kultur.

    Söder behauptet monatelang, sein "Platz ist in Bayern!" - intrigiert aber im Hintergrund auf genau dieses Ergebnis hin, das wir heute haben. Und die CDU trägt das mit? Unfassbar, stellt dem Typen endlich den Stuhl vor die Tür!
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  • R. D.
    Dieser Kommentar trägt nicht zur Diskussion bei und wurde daher gesperrt.
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