
Sehr geehrter Herr Heilig,
herzlichen Glückwunsch! Was für ein Erfolg, den Sie da am späten Donnerstagabend davongetragen haben, Herr Klimabürgermeister. Kurz vor Mitternacht beschloss der Würzburger Stadtrat, was für viele Bürgerinnen und Bürger kaum denkbar war: Der große Parkplatz auf der Talavera wird kostenpflichtig. 30 Cent pro halbe Stunde, Tageshöchstsatz neun Euro.
Die Frage "Wo parke ich denn jetzt?", die sich Pendlern, Arbeitnehmern und Besuchern der Stadt sonst vor allem zu Kiliani- oder Frühjahrsvolksfest-Zeiten gestellt hat, wird nun für viele eine ganz grundsätzliche.
Nehmen Sie es mir nicht übel, aber den einleitenden Glückwunsch meine ich zutiefst ironisch. Nicht nur, weil zahlreiche Menschen – vor allem diejenigen, die in der Stadt berufstätig und auf einen Parkplatz angewiesen sind – ab 1. Juni bei einer Fünf-Tage-Arbeitswoche pro Monat 180 Euro Parkgebühren berappen müssen. Vor allem kann ich meine Gratulation nicht ehrlich meinen, weil die Talavera-Entscheidung die konsequente Fortführung eines jahrelangen verkehrspolitischen Murkses in Würzburg ist.
Beispiele? Die Ausweisung der Zeller Straße als Einbahnstraße mit negativen Folgen für offizielle und inoffizielle Umfahrungen (Kleiner Tipp: Unterhalten Sie sich mal mit Anwohnerinnen und Anwohnern im angrenzenden Wohnviertel). Oder das Verschwinden von Parkplätzen, das - vielleicht überrascht Sie das -nicht zum Verschwinden von Autos führt. Oder sogenannte Fahrradstraßen und planlos auf den Asphalt gepinselte Fahrradwege, die auch für Radfahrerinnen und Radfahrer keinerlei Verbesserung bringen. Und nun also der Talavera-Murks, der auch Menschen aus dem Landkreis und darüber hinaus trifft.
Die Verkehrswende braucht es - aber richtig!
Verstehen Sie mich richtig: Den Klimawandel vor Augen, braucht es natürlich ganz generell eine Verkehrswende. Und natürlich kurven in der Altstadt zu viele Autos herum. Doch wie wollen Sie die Wende erreichen? Laut Ihren eigenen Worten soll die Bewirtschaftung der Talavera Pendler aus dem Würzburger Umland dazu motivieren, statt dem Auto besser den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen. Ihre Strategie heißt also: Statt die Alternativen zu verbessern, damit die Leute auf den ÖPNV umsteigen, einfach das Autofahren so unattraktiv wie möglich zu machen. Das ist – mit Verlaub – ideenlos. Oder härter ausgedrückt: Verkehrspolitik in Geisterfahrermanier.
Nun werden Sie sagen, man habe in Würzburg ja schon die Taktung des ÖPNV verbessert und plane Park&Ride-Plätze. Das Problem dabei ist nur, dass sich von angedachten Verbesserungen und gutgemeinten Planungen erst mal niemand was hat. Und ob tatsächlich alles umgesetzt wird, oder manch vollmundige Ankündigung zum Lippenbekenntnis schrumpft, bleibt abzuwarten. Die Bewirtschaftung der Talavera zu verschieben, lehnte die grüne Mehrheit im Stadtrat ab. Man müsse jetzt mit Veränderungen anfangen, damit sich etwas im Verkehr ändert, meinte Fraktionschefin Sandra Vorlova. Die Frage ist nur, warum die Grünen das Pferd von hinten aufzäumen.
Vielleicht nehmen Sie das Problem auch nicht wirklich ernst, Herr Heilig. Ereignisse und Äußerungen rund um die Talavera-Entscheidung hinterlassen jedenfalls diesen Eindruck. Dass in den vergangenen Tagen knapp 9000 Menschen eine Online-Petition gegen die Bewirtschaftung der Talavera unterzeichnet haben, beeindruckte Sie nicht. Es verhallten auch die Warnungen des Handelsverbandes oder der Polizeigewerkschaft, die darauf hinwies, dass auf der Talavera auch Polizistinnen und Polizisten parken – die im Schichtdienst und damit auch dann arbeiten, wenn Bus und Bahn in ihren Depots schlummern.
Wann haben Sie zuletzt getankt oder einen Parkplatz gesucht?
Und dann führten Sie den Dallenbergbad-Parkplatz als kostenlose Ausweichmöglichkeit an und sprachen von "Fairness zwischen den verschiedenen Verkehrsmitteln". Die sei - aus Ihrer Sicht - angesichts der jedes Jahr teurer werdenden ÖPNV-Tickets bei stabil bleibenden Parkkosten nicht gegeben. Bei diesen Äußerungen frage ich mich, wann Sie zuletzt getankt oder zur Schwimmbadsaison einen Parkplatz am Dallenberg gesucht haben.
Vermutlich ist das lange her. Sie sind als vorbildlicher Fahrradfahrer bekannt, als vorbildlicher Politiker sollten Sie aber alle Seiten eines Problems kennen.
Wie also weiter? Mit Ihrer Politik haben Sie sich ordentlich unter Druck gesetzt: Viel unattraktiver kann man das Auto als Kommune kaum noch machen. Wenn der Umstieg der Bürgerinnen und Bürger auf Alternativen dennoch ausbleibt und die Innenstadt leerer wird, haben Sie neue Probleme. Einzige Lösung: Machen Sie den ÖPNV attraktiver!
Ich wünsche Ihnen dabei viel Erfolg – ganz ohne Ironie.
Benjamin Stahl, Redakteur
Bevor jetzt wieder das Kommentatoren-Bashing einsetzt: Ich bin Landkreisbewohner, EFH-Besitzer, NICHT jung, Wechselwähler und nutze neben anderen Verkehrsmitteln auch das Auto. Mir würde nicht im Traum einfallen, von der Stadt zu verlangen, mir einen kostenlosen Parkplatz zur Verfügung zu stellen. All diese Flächen müssen finanziert, instand- und saubergehalten werden. Wieso soll die Allgemeinheit die Kosten dafür tragen, damit ICH mich mit meinem Blechle stundenlang gratis auf dieser Fläche breitmachen kann?
vor kanpp einen Vierteljahr für die " Multifunktions-Arena " ( an dieser Örtlichkeit mit Zufahrt über die SWer Str. ) gestimmt hat; konterkarriert sich jetzt in diesen neuen ( mehrheitlichen ) Beschluss selbst. " Mehr sog i net !! "
ihre private Meinung sei ihnen ja gegönnt, auch wenn ich sie nicht teile.
Von einem Samstagmorgen, der auf Seite 2 der Zeitung gedruckt wird, erwarte ich aber zumindest korrekte Fakten und keine halbwahrheiten, gerade bei einem so kontroversen Thema.
Niemand der als Pendler dort parkt wird 180€ zahlen. Das ist journalistisch mindestens unsauber. 9h kosten 5,40 € pro Tag. das sind in der Woche 27€, im Monat 108€. Nicht 180€!!
Kleiner Unterschied, oder?
Ein Stellplatz pro Monat in der Stadt kostet nunmal soviel, auch für jeden Anwohner.
Die Berechnung von 180,-€ im Monat Zusatzkosten ist als Grundlage der tageshöchstsatz von 9,-€ x 5 Arbeitstage x 4 Wochen!
(9 x 5 = 45,-€ … 45,-€ x 4 = 180,-€)
Guten Morgen!
Grundsätzlich teile auch ich ihre Meinung, dass man die talavera kostenpflichtig zum Parken nutzen sollte.
Jedoch muss man zuerst für Alternativen sorgen, ein anständiges ÖPNV Angebot in Zusammenhang mit P&R Plätzen, etc.
Bevor ich jetzt alles aufliste, lesen Sie einfach im wachen Zustand den sehr guten Artikel von Herrn Stahl nochmal mit einer Tasse Kaffee.
Und wenn Sie diesen Artikel lesen, beachten Sie bitte währenddessen an die aufkommenden und geschilderten Probleme, wie z.B. Polizeiwache, etc.
Die Grünen bleiben ihrem Ruf treu eine „Verbotspartei“ zu sein. Lg
Laut ihrer Rechnung beginnt die Arbeitszeit sobald man an der Talavera ankommt. Und das stimmt so leider nicht. Das ist min. unsauber argumentiert, bzw. nur eine Halbwahrheit. Man muss ja von der Talavera erst einmal zu seinem Arbeitsplatz kommen. Und wenn man da dann pro grünen ÖPNV / P&R extra weg 30min. Zeit rechnet, ist man schon min. bei 10 Stunden Parkdauer. Außerdem, soll es Berufe geben wo man in Schichten arbeitet. Arbeitstag von 10-23Uhr (Gastronomie z.B.)
Außerdem soll es Menschen geben, die nach getaner Arbeit noch ihre Einkäufe erledigen und oder ihren Feierabend dort ausleben, mit Kino besuchen, Theater, mit Freunden treffen, etc. (After Corona Life)
Aber darum geht es im Kern nicht!
Man sollte zuerst für eine gute und bezahlbare Infrastruktur, Alternativen sorgen, als das vorhandene schlecht machen. Sowas macht gute Politik aus.
Aber das schlechte Gewissen damit zu beruhigen, dass 60 Cent für ne Stunde parken mitten in der Stadt viel zu teuer sei, ist schon sehr weit hergeholt, oder?
Die Talavera kostet jetzt Geld zum Parken, na mir solls recht sein.
Das letzte Mal in Würzburg war ich Anfang Januar. Da ich den Tag frei hatte bin ich mit dem Zug gefahren, das war schön, schnell und bequem. War wochentags frühst, ich fand die Innenstadt nicht ausgestorben.
Ja und wenn ich mal mit dem Auto komme, dann verschwindet das solange in der Tiefgarage.
Ich hab also mit der Talavera kein Problem, denke aber, das die Bewirtschaftung nicht "das Pferd von hinten aufgezäumt" ist, sondern ein Anstoß um die Dinge in Richtung besserer ÖPNV und Bewegung in die Park&Ride-Platz-Suche bringt.
Ich finds gut, weils mich net stört, aber wenn damit die Verkehrswende angestoßen ist, dann machts nix, dass es da am Anfang einen Skandal drum gibt.
Alles gut und wollen wir mal hoffen, das die negativen Mainpost Kommentare nicht repräsentativ sind.