Liebe Frau Schulze,
ein kürzlich erschienener Artikel hat es gezeigt: Sie sind die "Mama mit Mandat"! War das ein Realitätscheck für Sie, als Sie vor acht Monaten Ihren Sohn bekommen haben? Dass Sie jetzt nicht mehr nur Politikerin oder einfach Frau sind – nein, liebe Frau Schulze: Sie sind jetzt Mutter. Und stehen damit nicht nur vor vielen Herausforderungen, sondern auch plötzlich vor vielen gesellschaftlichen Erwartungen.
Frau Schulze, willkommen im Club! Ich bin selbst Mutter zweier Töchter, die mit drei und sechs Jahren zwar schon älter sind als Ihr Sohn – aber das heißt eigentlich nur, dass ich bereits länger Zeit hatte, mich über all die gesellschaftlichen Anforderungen an Frauen zu wundern – und zu ärgern.
Eine weit verbreitete Meinung: Bekommt eine Frau keine Kinder, ist sie egoistisch
Auch wenn Sie ganz neu in diesem Club sind, haben Sie spätestens mit den Kommentaren zum Artikel über Sie nun die volle Breitseite abbekommen - mit all den Vorstellungen, die diese Gesellschaft von Frauen hat. Vielleicht tauschen Sie sich auch mit Ihren unterfränkischen Kolleginnen aus der Politik aus? Bei den Reaktionen auf die Berichterstattung dieser Redaktion zu anderen Müttern mit Mandaten scheint mir, dass sich seit der Zeit als noch Barbara Stamm mit Vorurteilen zu kämpfen hatte, erschreckend wenig geändert hat.
Bekommt eine Frau keine Kinder, ist sie egoistisch. Hat sie Kinder und bleibt von nun an zu Hause, ist sie das Heimchen am Herd. Wenn sie wegen des Nachwuchses nur halbtags arbeitet, ist sie nicht leistungsfähig. Und Sie, liebe Frau Schulze, wagen es trotz der Geburt Ihres Sohnes, weiter zu arbeiten – und sind somit eine Rabenmutter. Warum haben Sie eigentlich ein Kind bekommen, wenn Sie sich nicht um es kümmern? So zumindest die Vorwürfe in all den Kommentarspalten.
Es ist traurig, wie viele andere Mütter mit der Vorwurfskeule schwingen
Liebe Frau Schulze, ich will Sie mit weiteren Aussagen zu Ihrer Rolle als Mutter im Landtag verschonen. Ich jedenfalls konnte nur mit dem Kopf schütteln. Und: bin erstaunt über die Vorstellung, dass Frauen ihr Hirn, ihre Kompetenzen und beruflichen Ambitionen an der Tür zum Kreißsaal abgeben sollen.
Was mich besonders traurig macht: wie viele andere Mütter nun gekonnt mit der Vorwurfskeule schwingen. Liebe Frauen da draußen, lasst es bitte!
Die vergangenen zwei Jahre Corona-Pandemie haben doch gezeigt, an wem die Arbeit zum großen Teil hängen geblieben ist: an den Frauen. Wie ein Report der Organisation UN Women, die sich für die Rechte von Frauen einsetzt, zeigt, wurde die klassische Rollenverteilung in dieser Zeit weiter zementiert. Ob Pflege von Familienmitgliedern, Haushalt, Kinderbetreuung oder Home-Schooling – es waren oftmals die Mütter, die den Alltag gewuppt haben. Und welches Geschlecht arbeitet denn vor allem in Bereichen wie der Pflege?
Wie wäre es, wenn wir Frauen uns gegenseitig unterstützen?
Liebe Frau Schulze, liebe Mütter da draußen: anstatt dass wir uns alle gegenseitig kritisieren und immer höhere Erwartungen an uns stellen, habe ich einen anderen Vorschlag. Wie wäre es, wenn wir uns gegenseitig unterstützen und in all unseren verschiedenen Lebensentwürfen einfach mal feiern? Weil wir das alle hinbekommen!
Und trotzdem: einfach so weitermachen, ist keine Option. Das macht Ihr Beispiel, Frau Schulze, mehr als deutlich. Denn die Frage bleibt, ob Sie sich das tatsächlich so gewünscht haben. Wollten Sie als Grünen-Fraktionsvorsitzende Ihr Baby im Bayerischen Landtag von Sitzung zu Sitzung schleppen und nach der vergebenen Suche nach einem Wickeltisch den Kleinen einfach auf einem Schreibtisch wickeln? Hatten Sie eine Wahl? Schließlich ist Elternzeit für Politikerinnen und Politiker gar nicht vorgesehen.
Anstatt zu lamentieren, packen Sie es aber einfach an. Dann also Landtagsabgeordnete mit Baby sein. Mit dieser Entscheidung sind Sie ein echtes Vorbild und vor allem eine Vorreiterin, die es gebraucht hat. Tagtäglich zeigen Sie ihren Kollegen und Kolleginnen in der Politik nun auf, wo es in Deutschland hakt. Bitte weiter so, vielleicht ändert sich dann ja auch einmal was. Familien hätten es gerade nach den vergangenen zwei Jahren mehr als verdient!
Wickeln Sie Ihr Kind doch mal in der Staatskanzlei bei Markus Söder
Vielleicht können Sie mit dem Baby von Büro zu Büro rotieren? Haben Sie auch schon einmal in der Staatskanzlei bei Markus Söder gewickelt? Dann können Sie Ihren Punkt gleich einmal olfaktorisch setzen. Nur so als Idee, Frau Schulze.
Es bleibt wohl noch ein langer Weg, bis es Familien und vor allem Mütter leichter haben werden. Und wirklich angekommen sind wir übrigens erst dann, wenn ein Kollege von mir solch einen Brief schreibt. Und zwar an Ihren Partner Danyal Bayaz: der ist immerhin Finanzminister in Baden-Württemberg und hat bestimmt auch einen Schreibtisch, auf dem man wickeln kann.
Frau Schulze, von Mutter zu Mutter: Sie machen das schon!
Alles Gute Ihrer Familie,
Julia Back (Redakteurin und Mutter)
Zeigt aber auch, dass Ihr Partner wohl nicht sich in der Verantwortung fühlt sich mehr einzubringen.
Ich stelle mir gerade im Supermarkt die Verkäuferin vor, die sagt es dauert einen Moment ich muss erstmal mein Kind wickeln - während alle an der Kasse warten.
Die Lehrerin in der Klasse, die eben nicht so mit dem Stoff weiterkommt - weil sie ihr Baby zwischendurch wickelt, beruhigt, mit ihm spielt.
Die Altenpflegerin - die eben mal dass Füttern oder wickeln bei den Heimbewohnern auslässt, um sich ums eigene Baby zu kümmern.
Wir wissen, dass Politiker in vieler Hinsicht eine priviliegirte Stellung haben. Oft von der Lebenswelt mancher Berufe entfernt.
Schön, wenn es bei ihr so ganz anders ist.
Insofern dient dieser Samstagsbrief durchaus der Sache. Man muss halt den größeren Zusammenhang sehen (wollen).
Nächste Woche erfolgt die Heiligsprechung von Habeck und dann kommt das Hochlied auf Rottmann; ach ja, den Hartmann gibts ja auch noch!
Ein Hohn für tausende von Müttern so ein Artikel!
Kaum jemand hat von "Rabenmutter" gesprochen. Die meisten Kommentare zielten auf drei Dinge hin:
1.) Der Bericht über Frau Schulz ist nicht repräsentativ, da im Normalfall kaum eine Frau in ihrem Beruf mit einem Baby auf dem Schoß arbeiten kann. Und das liegt nicht am verständnislosen Arbeitgeber, sondern an der ausgeübten Tätigkeit an sich.
2.) Die Väter sind es, die man mehr in die Pflicht nehmen muss. Denn die machen es sich oft wirklich oft noch zu einfach - wie viele übernehmen denn tatsächlich die Hälfte der Zeit, Arbeit, Karriere-/Einkommenseinbußen und Organisation, die Kinder nun mal verlangen.
Und 3.) will ein Kind gar nicht bei Mama still und brav auf dem Schoß sitzen, währenddessen sie sich mit etwas anderem beschäftigt. Ein Kind auf der Arbeit ist einfach nicht kindgerecht.
Mit freundlichen Grüßen!
Mit einem Familieneinkommen von über 20.000 Euro monatlich haben sie und und ihr Lebenspartner alle Möglichkeiten zur Betreuung
Da sie diesen Weg wählt kann man vermuten, dass sie beides, Job und Mutter, ziemlich stressfrei unter einen Hut bekommt.
Das geht so in den wenigsten Berufen.