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München
Samstagsbrief: Frau Schulze, bitte wickeln Sie weiter Ihr Baby im Büro!
Grünen-Politikerin Katharina Schulze nimmt ihr Baby mit in den Landtag – und wird dafür Rabenmutter genannt. Unsere Autorin fragt sich, warum Frauen es keinem recht machen können.
Die 36-jährige Katharina Schulze  ist die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag. Im Juni 2021 hat sie einen Sohn bekommen – und geht weiter in den Bayerischen Landtag zur Arbeit.
Foto: Ulrich Wagner | Die 36-jährige Katharina Schulze  ist die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag. Im Juni 2021 hat sie einen Sohn bekommen – und geht weiter in den Bayerischen Landtag zur Arbeit.
Julia Back
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:53 Uhr

Liebe Frau Schulze,

ein kürzlich erschienener Artikel hat es gezeigt: Sie sind die "Mama mit Mandat"! War das ein Realitätscheck für Sie, als Sie vor acht Monaten Ihren Sohn bekommen haben? Dass Sie jetzt nicht mehr nur Politikerin oder einfach Frau sind – nein, liebe Frau Schulze: Sie sind jetzt Mutter. Und stehen damit nicht nur vor vielen Herausforderungen, sondern auch plötzlich vor vielen gesellschaftlichen Erwartungen.

Frau Schulze, willkommen im Club! Ich bin selbst Mutter zweier Töchter, die mit drei und sechs Jahren zwar schon älter sind als Ihr Sohn – aber das heißt eigentlich nur, dass ich bereits länger Zeit hatte, mich über all die gesellschaftlichen Anforderungen an Frauen zu wundern – und zu ärgern.

Eine weit verbreitete Meinung: Bekommt eine Frau keine Kinder, ist sie egoistisch

Auch wenn Sie ganz neu in diesem Club sind, haben Sie spätestens mit den Kommentaren zum Artikel über Sie nun die volle Breitseite abbekommen - mit all den Vorstellungen, die diese Gesellschaft von Frauen hat. Vielleicht tauschen Sie sich auch mit Ihren unterfränkischen Kolleginnen aus der Politik aus? Bei den Reaktionen auf die Berichterstattung dieser Redaktion zu anderen Müttern mit Mandaten scheint mir, dass sich seit der Zeit als noch Barbara Stamm mit Vorurteilen zu kämpfen hatte, erschreckend wenig geändert hat.

Bekommt eine Frau keine Kinder, ist sie egoistisch. Hat sie Kinder und bleibt von nun an zu Hause, ist sie das Heimchen am Herd. Wenn sie wegen des Nachwuchses nur halbtags arbeitet, ist sie nicht leistungsfähig. Und Sie, liebe Frau Schulze, wagen es trotz der Geburt Ihres Sohnes, weiter zu arbeiten – und sind somit eine Rabenmutter. Warum haben Sie eigentlich ein Kind bekommen, wenn Sie sich nicht um es kümmern? So zumindest die Vorwürfe in all den Kommentarspalten.

Es ist traurig, wie viele andere Mütter mit der Vorwurfskeule schwingen

Liebe Frau Schulze, ich will Sie mit weiteren Aussagen zu Ihrer Rolle als Mutter im Landtag verschonen. Ich jedenfalls konnte nur mit dem Kopf schütteln. Und: bin erstaunt über die Vorstellung, dass Frauen ihr Hirn, ihre Kompetenzen und beruflichen Ambitionen an der Tür zum Kreißsaal abgeben sollen.

Was mich besonders traurig macht: wie viele andere Mütter nun gekonnt mit der Vorwurfskeule schwingen. Liebe Frauen da draußen, lasst es bitte!

Katharina Schulze - mit Baby - im September bei einem Spaziergang durch den Ebracher Forst. Neben ihr  Ebrachs Bürgermeister Daniel Vinzens.
Foto: Andreas Stöckinger | Katharina Schulze - mit Baby - im September bei einem Spaziergang durch den Ebracher Forst. Neben ihr  Ebrachs Bürgermeister Daniel Vinzens.

Die vergangenen zwei Jahre Corona-Pandemie haben doch gezeigt, an wem die Arbeit zum großen Teil hängen geblieben ist: an den Frauen. Wie ein Report der Organisation UN Women, die sich für die Rechte von Frauen einsetzt, zeigt, wurde die klassische Rollenverteilung in dieser Zeit weiter zementiert. Ob Pflege von Familienmitgliedern, Haushalt, Kinderbetreuung oder Home-Schooling – es waren oftmals die Mütter, die den Alltag gewuppt haben. Und welches Geschlecht arbeitet denn vor allem in Bereichen wie der Pflege?

Wie wäre es, wenn wir Frauen uns gegenseitig unterstützen?

Liebe Frau Schulze, liebe Mütter da draußen: anstatt dass wir uns alle gegenseitig kritisieren und immer höhere Erwartungen an uns stellen, habe ich einen anderen Vorschlag. Wie wäre es, wenn wir uns gegenseitig unterstützen und in all unseren verschiedenen Lebensentwürfen einfach mal feiern? Weil wir das alle hinbekommen!

Und trotzdem: einfach so weitermachen, ist keine Option. Das macht Ihr Beispiel, Frau Schulze, mehr als deutlich. Denn die Frage bleibt, ob Sie sich das tatsächlich so gewünscht haben. Wollten Sie als Grünen-Fraktionsvorsitzende Ihr Baby im Bayerischen Landtag von Sitzung zu Sitzung schleppen und nach der vergebenen Suche nach einem Wickeltisch den Kleinen einfach auf einem Schreibtisch wickeln? Hatten Sie eine Wahl? Schließlich ist Elternzeit für Politikerinnen und Politiker gar nicht vorgesehen.

Anzeige für den Anbieter YouTube über den Consent-Anbieter verweigert

Anstatt zu lamentieren, packen Sie es aber einfach an. Dann also Landtagsabgeordnete mit Baby sein. Mit dieser Entscheidung sind Sie ein echtes Vorbild und vor allem eine Vorreiterin, die es gebraucht hat. Tagtäglich zeigen Sie ihren Kollegen und Kolleginnen in der Politik nun auf, wo es in Deutschland hakt. Bitte weiter so, vielleicht ändert sich dann ja auch einmal was. Familien hätten es gerade nach den vergangenen zwei Jahren mehr als verdient!

Wickeln Sie Ihr Kind doch mal in der Staatskanzlei bei Markus Söder

Vielleicht können Sie mit dem Baby von Büro zu Büro rotieren? Haben Sie auch schon einmal in der Staatskanzlei bei Markus Söder gewickelt? Dann können Sie Ihren Punkt gleich einmal olfaktorisch setzen. Nur so als Idee, Frau Schulze.

Es bleibt wohl noch ein langer Weg, bis es Familien und vor allem Mütter leichter haben werden. Und wirklich angekommen sind wir übrigens erst dann, wenn ein Kollege von mir solch einen Brief schreibt. Und zwar an Ihren Partner Danyal Bayaz: der ist immerhin Finanzminister in Baden-Württemberg und hat bestimmt auch einen Schreibtisch, auf dem man wickeln kann.

Frau Schulze, von Mutter zu Mutter: Sie machen das schon!

Alles Gute Ihrer Familie,

Julia Back (Redakteurin und Mutter)

Persönliche Post: Der "Samstagsbrief"

Jedes Wochenende lesen Sie unseren "Samstagsbrief". Was das ist? Ein offener Brief, den eine Redakteurin oder ein Redakteur unserer Zeitung an eine reale Person schreibt – und tatsächlich auch verschickt. An eine Person des öffentlichen Lebens, die zuletzt Schlagzeilen machte. An jemanden, dem wir etwas zu sagen haben. An einen Menschen aus der Region, der bewegt hat und bewegt. Vielleicht auch mal an eine Institution oder an ein Unternehmen. Oder ausnahmsweise an eine fiktive Figur.
Persönlich, direkt und pointiert formuliert soll der "Samstagsbrief" sein. Mal emotional, mal scharfzüngig, mal mit deutlichen Worten, mal launig – und immer mit Freude an der Kontroverse. Der "Samstagsbrief" ist unsere Einladung zur Debatte und zum Austausch. Im Idealfall bekommen wir von der Adressatin oder dem Adressaten Post zurück. Die Antwort finden Sie dann bei allen "Samstagsbriefen" hier. Und vielleicht bietet sie auch Anlass für weitere Berichterstattung.
Quelle:
 
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Kommentare
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  • Albatros
    Sehr geehrte Frau Back, Sie merken offensichtlich nicht wie Sie genau jene Klischees bedienen, welche Sie versuchen anzuprangern.
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  • kempf-margit@t-online.de
    Werte Frau Back, hätten Sie sich mal lieber zurückgelehnt und nichts geschrieben! Sie können es ja den einzelnen Kommentaren entnehmen wie wahnsinnig wichtig und wenig realistisch ihr Beitrag ist! Den Frauen im täglichen Leben gebührt Ehre und Achtung für das was sie leisten!
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  • stahl01@t-online.de
    Es ist schön für Sie, das Sie einen Beruf hat - wo dass anscheinend kein Problem ist dass Kind mitzunehmen. Sich zwischendurch darum zu kümmern - es zu beruhigen wenn es schlecht geträumt hat ...
    Zeigt aber auch, dass Ihr Partner wohl nicht sich in der Verantwortung fühlt sich mehr einzubringen.
    Ich stelle mir gerade im Supermarkt die Verkäuferin vor, die sagt es dauert einen Moment ich muss erstmal mein Kind wickeln - während alle an der Kasse warten.
    Die Lehrerin in der Klasse, die eben nicht so mit dem Stoff weiterkommt - weil sie ihr Baby zwischendurch wickelt, beruhigt, mit ihm spielt.
    Die Altenpflegerin - die eben mal dass Füttern oder wickeln bei den Heimbewohnern auslässt, um sich ums eigene Baby zu kümmern.
    Wir wissen, dass Politiker in vieler Hinsicht eine priviliegirte Stellung haben. Oft von der Lebenswelt mancher Berufe entfernt.
    Schön, wenn es bei ihr so ganz anders ist.
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  • Kluespies
    Bitte bleiben Sie höflich.
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  • Littlejoe
    Völlig überflüssiger und realitätsferner Kommentar über eine unbedeutende Person.
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  • ralfestenfeld@aol.com
    Sehr geehrte Frau Back, ich finde es gut, dass Sie hier Stellung beziehen. Vor allem, weil immer wieder Menschen der Meinung sind, anderen Menschen zu sagen, wie sie ihr Leben zu leben haben. UND: natürlich gibt es IMMER Unterschiede im persönlichen Status - materiell wie immateriell. Aber genau da beginnt die Verantwortung jeder und jedes Einzelnen, zu entscheiden, wie sie und er sein Leben gestalten will. Das nennt man persönliche Freiheit.
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  • Ruffel
    Schade, dass Artikel zu solchen Themen immer noch so stark polarisieren. Es soll doch eigentlich nur darum gehen, dass Berufstätigkeit (nicht Karriere) und Kind vereinbar sein sollten - sowohl für Mütter als auch für Väter. Komischerweise fühlen sich da immer noch viele auf den Schlips getreten. Dennoch finde ich auch, dass K. Schulzes Situation in diesem Zusammenhang wenig repräsentativ ist. Die Autorin hätte der Sache mehr gedient, wenn sie ein anderes Beispiel gewählt hätte.
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  • daniel.englbauer@churchsol.de
    Naja, Schulzes Situation ist vollkommen repräsentativ für Frauen in der Politik. Und dass es so wenige davon gibt, ist - neben anderen Faktoren - ein Grund dafür, dass die Belange von Frauen und Müttern im Berufsleben und auch gesamtgesellschaftlich so wenig Verbesserung erfahren.
    Insofern dient dieser Samstagsbrief durchaus der Sache. Man muss halt den größeren Zusammenhang sehen (wollen).
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  • Ruffel
    Schade
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  • juergen@musik-dotzauer.de
    Liebe Frau Back, können Sie es sich vorstellen sich von Ihrem Mann der seinen Anzug mit einer Uniform getauscht hat vielleicht für immer zu verabschieden? Können Sie es sich vorstellen mit Ihren beiden Kindern an der Hand, in einem Rucksack ein paar Habseligkeiten gepackt, Ihr zu Hause zu verlassen und in einem überfüllten Bus oder Zug zu steigen? Können Sie es sich vorstellen bei einem Geräusch eines Hubschraubers sich auf Ihre Kinder zu werfen um sie zu schützen damit sie nicht getroffen werden? Können Sie es sich vorstellen nach tagelangem Marsch in ein fremdes Land ohne Sprachkenntnis zu flüchten und sich wildfremden Menschen anzuvertrauen in der Hoffnung bei Ihnen Schutz zu finden? Das liebe Frau Back, das alles findet jetzt, in diesem Moment statt. Das sind mutige und tapfere Frauen.
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  • Zorella
    Dieser Samstagsbrief ist so weit von der Realität entfernt wie unsere Erde vom Mars! Einfach überflüssig und lächerlich.
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  • Margarete-wuestner@web.de
    Vor Jahren haben die Grünen ihr Strickzeug in den Landtag mitgenommen, jetzt werden die Babys mitgebracht, vielleicht darf bald das Haustier mit?
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  • Mic_Ro
    Es leben die Grünen!
    Nächste Woche erfolgt die Heiligsprechung von Habeck und dann kommt das Hochlied auf Rottmann; ach ja, den Hartmann gibts ja auch noch!

    Ein Hohn für tausende von Müttern so ein Artikel!
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  • Auf eigenen Wunsch entfernt.
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  • dbuettner0815@gmail.com
    @Micro: Sie haben halt ein Problem mit Grün und kommentieren wie so oft befangen!
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  • jutta.noether@web.de
    Sehr geehrte Frau Back, bitte lesen Sie sich unsere Kommentare zum ersten Artikel nochmal genauer durch, denn Sie scheinen sie nicht verstanden zu haben.

    Kaum jemand hat von "Rabenmutter" gesprochen. Die meisten Kommentare zielten auf drei Dinge hin:
    1.) Der Bericht über Frau Schulz ist nicht repräsentativ, da im Normalfall kaum eine Frau in ihrem Beruf mit einem Baby auf dem Schoß arbeiten kann. Und das liegt nicht am verständnislosen Arbeitgeber, sondern an der ausgeübten Tätigkeit an sich.
    2.) Die Väter sind es, die man mehr in die Pflicht nehmen muss. Denn die machen es sich oft wirklich oft noch zu einfach - wie viele übernehmen denn tatsächlich die Hälfte der Zeit, Arbeit, Karriere-/Einkommenseinbußen und Organisation, die Kinder nun mal verlangen.
    Und 3.) will ein Kind gar nicht bei Mama still und brav auf dem Schoß sitzen, währenddessen sie sich mit etwas anderem beschäftigt. Ein Kind auf der Arbeit ist einfach nicht kindgerecht.

    Mit freundlichen Grüßen!
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  • rasputin32
    Ich glaube nicht dass Frau Schulze ein gutes Beispiel für Mütter im Berufsleben ist.
    Mit einem Familieneinkommen von über 20.000 Euro monatlich haben sie und und ihr Lebenspartner alle Möglichkeiten zur Betreuung
    Da sie diesen Weg wählt kann man vermuten, dass sie beides, Job und Mutter, ziemlich stressfrei unter einen Hut bekommt.
    Das geht so in den wenigsten Berufen.
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  • Albatros
    Die Themenauswahl der Samstagsbriefe spiegelt durchaus die journalistische Qualität dieser Zeitung wider.
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  • wahlen
    es sollte eine selbverständlichkeit sein sein baby überallhin mitzunehmen zu wickeln und zu stillen. das würde diese diskussionen unnötig machen
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  • Auf eigenen Wunsch entfernt.
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