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Würzburg
Samstagsbrief: Frau Trautner, Blumen zum Muttertag reichen nicht aus!
Familienministerin Carolina Trautner hat zum Muttertag eine freudige Nachricht: Die Blumengeschäfte dürfen öffnen. Unsere Autorin fragt sich, ob wir in den 1950ern leben.
Am Muttertag dürfen die Floristikgeschäfte in Bayern für vier Stunden öffnen.
Foto: Robert Michael, dpa | Am Muttertag dürfen die Floristikgeschäfte in Bayern für vier Stunden öffnen.
Julia Back
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:56 Uhr

Liebe Frau Trautner,

beginnen so in Pandemiezeiten Brieffreundschaften? Schließlich habe ich Ihnen schon Ende Januar einen Samstagsbrief geschickt. Damals durfte ich Sie als Familienministerin daran erinnern, dass nach Monaten von Homeschooling, Notbetreuung in den Kitas und Homeoffice Eltern am Limit sind.

Dieses Mal schreibe ich Ihnen aus einem freudigeren Anlass: Muttertag! Frau Trautner, Ihre Kinder sind schon erwachsen, aber vielleicht haben Sie dennoch gemeinsame Pläne? Ich freue mich auf eine selbstgebastelte Karte, Sie vielleicht auf den Kaffee, den sie mit ihren Kindern zusammen genießen.

Und vielleicht gibt es sogar einen Blumenstrauß als Dank an die Mama?

Carolina Trautner (CSU), Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales.
Foto: Archivbild: Peter Kneffel, dpa | Carolina Trautner (CSU), Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales.

Denn dass dies in Bayern möglich ist – dafür haben Sie als Ministerin im Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales schließlich gesorgt. In einer Pressemitteilung verkündeten Sie, dass am Sonntag in der Zeit von 8 Uhr bis 12 Uhr Floristikgeschäfte zum Verkauf beziehungsweise zur Abholung von Blumen öffnen dürfen. Eine Allgemeinverfügung des bayerischen Arbeitsministeriums macht's möglich.

Mütter haben Unglaubliches geleistet

Liebe Frau Trautner, danke für die Blumen – aber das reicht nicht. Besonders Mütter haben im vergangenen Jahr schier Unglaubliches geleistet. Sie haben Kleinkinder versorgt, Lehrer ersetzt, Teenager getröstet, Quarantänewochen durchgestanden und nebenbei am Küchentisch E-Mails beantwortet. 

Eltern leisteten während der Kita- und Schulschließungen deutlich mehr Familienarbeit. Das belegt die Studie "Eltern während der Corona-Krise" des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung. Während jedoch Männer mit täglich 5,6 Stunden nun 2,3 Stunden mehr Familienarbeit als zuvor leisteten, erhöhte sich die Zahl der Stunden von Haus- und Familienarbeit bei den Frauen von 6,6 auf 7,9. Ein Vollzeitjob also – neben der Erwerbsarbeit.

Aber das wissen Sie ja, Frau Arbeitsministerin. "Mütter sind 365 Tage im Jahr oft rund um die Uhr 'im Dienst' für die Familie", schreiben Sie schließlich. Und: "Ihr Beitrag für unser Gemeinwesen kann nicht genug wertgeschätzt werden."

Welches Frauenbild steckt hinter solchen Vorschlägen?

Die Erkenntnis ist da. Aber der Schluss, der daraus gezogen wird, macht mich fassunglos. Mütter sind nach über einem Jahr Pandemie und der andauernden dritten Welle am Limit. Und Sie schlagen vor, dass "in Anbetracht der gestiegenen Belastungen durch die Pandemie" nun "für die traditionelle Wertschätzung der Mütter durch Blumengeschenke genügend Raum geschaffen werden" soll?

Frau Trautner, ohne früheren Generationen ihre Leistungen absprechen zu wollen, frage ich mich bei Ihrem medialen Vorstoß zum Muttertag schon, welches Frauenbild hinter solchen Vorschlägen steckt? Wir haben 2021 und nicht 1951.

Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, hat bereits vor einem Jahr von einer Retraditionalisierung gesprochen, die die Emanzipation der Frauen um Jahrzehnte zurück werfe – denn überwiegend Mütter haben sich in der Krise aus dem Arbeitsmarkt zurückgezogen. Einer muss sich ja kümmern, wenn Schulen, Kitas und Sportvereine geschlossen sind. 

Mütter brauchen Unterstützung, keine Tulpen

Zum Rückfall in alte Rollenmuster passt Ihr Vorstoß ganz wunderbar. Aber ein Blumenstrauß am Muttertag ist genauso wie eine Runde Applaus für die Pflegekräfte. Gut gemeint, aber eben noch lange nicht ausreichend. Rosen am Sonntag – und dann geht es wieder 364 Tage an die Substanz?

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Liebe Frau Trautner, als Ministerin für Arbeit, Soziales und Familie haben Sie die Hebel in der Hand! Helfen Sie! Machen Sie konstruktive Vorschläge! Mütter brauchen Unterstützung, keine Tulpen. Sie wollen nicht länger unsichtbar diejenigen sein, die den Laden still am Laufen halten. Es braucht mehr Anerkennung – finanziell und strukturell.

Sicherung der Gleichbehandlung

Sie haben doch sicherlich etliche Vorschläge auf dem Schreibtisch liegen. Wie wäre es denn mit Sicherung der Gleichbehandlung? Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, bessere Tarife für Branchen, in denen vor allem Frauen arbeiten, weniger Diskriminierung von Eltern durch Arbeitgeber – um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Eines Frau Trautner, muss ich aber doch gestehen: Ich freue mich über geöffnete Blumengeschäfte! Nach dem Lockdown geht es um Existenzen. Auch wenn in dieser Branche am Muttertag wohl vor allem Frauen im Laden stehen werden. Ich werde auf jeden Fall Blumen besorgen. Für meine Mutter – ohne deren Hilfe meine Familie in den vergangenen Monaten nämlich aufgeschmissen gewesen wäre.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Muttertag,

Julia Back, Zweifach-Mama

Einer bekommt Post: "Der Samstagsbrief"

Jedes Wochenende lesen Sie unseren "Samstagsbrief". Was das ist? Ein offener Brief, den ein Redakteur unserer Zeitung an eine reale Person schreibt – und tatsächlich auch verschickt. An eine Person des öffentlichen Lebens, die zuletzt Schlagzeilen machte. An jemanden, dem wir etwas zu sagen haben. An einen Menschen aus der Region, der bewegt hat und bewegt. Vielleicht auch mal an eine Institution oder an ein Unternehmen. Oder ausnahmsweise an eine fiktive Figur.
Persönlich, direkt und pointiert formuliert soll der "Samstagsbrief" sein. Mal emotional, mal scharfzüngig, mal mit deutlichen Worten, mal launig – und immer mit Freude an der Kontroverse. Der "Samstagsbrief" ist unsere Einladung zur Debatte und zum Austausch. Im Idealfall bekommen wir vom Adressaten Post zurück.
Die Antwort und den Gegenbrief, den Briefwechsel also, finden Sie dann auf jeden Fall bei allen "Samstagsbriefen" hier. Und vielleicht bietet die Antwort desjenigen, der den "Samstagsbrief" zugestellt bekommt, ja auch Anlass für weitere Berichterstattung – an jedem Tag der Woche.
Quelle: Main-Post
 
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Kommentare
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  • rid.cully
    Ach, lasst doch mal die angeblich so dunklen 50er. Die waren vielleicht die dynamischste und aufbruchsorientierteste Zeit, die die Republik je hatte - aber eben auch Opfer linker "Desinformation", damit die angeblich so tollen 68er (in Deutschland aber letztlich auch nur ein US-Import) um so mehr glänzen konnten. Und im Vergleich zu inquisitorischen Jetzt-gerade-Zeit ... äh, ja ...
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  • jutta.noether@web.de
    Danke, Frau Back!
    Sie treffen es genau auf den Punkt.

    Liebe Grüße von einer Mutter.
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  • Margarete-wuestner@web.de
    ....für Fam. im Dienst, das ist doch etwas Schönes und Erfüllendes! Und das entscheidet man immer noch für sich selbst! Macht mehr Geld ein schöneres Fam.Leben aus?
    Für mich hört sich das nach einem Jammerbrief an! Vieles in Ihrem Brief sind politische Forderungen, Muttertag ist etwas persönliches! Ich freue mich heute über einen Blumenstrauß ohne weitere Erwartungen!
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  • Margarete-wuestner@web.de
    Liebe Frau Back, in Ihrem 1. Absatz fragen sie sich, ob wir als Familie in den 1950ern leben, es wäre für diesen Samstagbrief mal wichtig und interessant gewesen die Generation Mütter/Väter aus den 1950ern zu interviewen. Ich bin mir sicher, dass die meisten geantwortet hätten, dass sie sich über etwas Gebasteltes, einen Blumenstrauss von der Wiese oder einen Kaffee und nur darüber, gefreut haben.
    Zwischen Ihren Zeilen lese ich dass die Generation Mütter heute mit IHRER Entscheidung, Haushalt, Kinder und meist Vollzeitjob überfordert sind. Und das kann ich auch voll verstehen. Denn auch in den 50ern hatte der Tag nur 24 Stunden und dies wird sich auch in hundert Jahren nicht ändern. Das heißt nicht, dass Eltern selbst entscheiden in dieser Zeit viel zu leisten (auch ohne Corona), jedoch die 50er und die Danach-Generationen hatten das unter beschwerlicheren Situationen auch.
    Es gibt heute die bestmöglichen Unterstützungen- Hort, Kita, Nachmittagsbetreuung usw
    Ja, Mütter sind 365 Tg
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  • robert.erhard@gmx.de
    Wozu wird denn nun schon wieder ein Samstagsbrief missbraucht?
    Das ist kein Beitrag zur Debatte! Flach und dünn!
    Ihr Jargon spiegelt Sozialismus und linke Thesen wieder!
    „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, bessere Tarife für Branchen, in denen vor allem Frauen arbeiten, weniger Diskriminierung von Eltern durch Arbeitgeber“
    Sie diskreditieren damit zig 1000 von Arbeitgebern!
    Ihre Zahlen sind woher recherchiert? Nicht mal in der Industrie stimmt das doch und in vielen mittelständischen Betrieben auch nicht!
    Was zählt ist nicht die gleiche Arbeit sondern auch die gleiche Leistung! Das heißt niemals dass man nur weil man schon zig Jahre den selben Job macht auch das selbe wie der Nachbar, der motiviert ist und sich weiterentwickeln möchte, bekommt-bekommen muss! Es krankt doch gar nicht an den schlechten Tarifen! Sie wissen offensichtlich nicht was das zur Folge hat?
    Ich bin kein Unternehmer, aber nicht auf den Kopf gefallen!
    Diesen Brief würde ich auch nicht beantworten!
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  • schwabayer
    "Mütter haben Unglaubliches geleistet", steht da... Für wahr, und jetzt kommt (vielleicht) auch noch der Sommer, d. h. viele Mütter müssen mit ihrer Brut wieder ins Schwimmbad, danach zum Eisessen, Radeln usw., während die Väter sich auf wohltemperierten Baustellen und in schnuckeligen Fabrikhallen erholen. Eine wirklich un gerechte Welt, fragt sich nur für wen?
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