„Am meisten habe ich seinen sehr genauen Blick bewundert, und seine Kritikfähigkeit.“ Dieter Stein und sein Sohn Peter sind bei der Arbeit. Sie sichten und sortieren Bilder von Josef Versl. Durch ihre Initiative und mit Hilfe der Versl-Familie haben die beiden in Würzburg lebenden Künstler eine Ausstellung mit Werken des von ihnen geachteten und zu Lebzeiten in Freundschaft verbundenen Malers in der BBK-Galerie im Würzburger Kulturspeicher organisiert.
Als Sohn des aus Gerolzhofen stammenden, in Heidingsfeld aufgewachsenen Glockengießers Ferdinand Versl und der aus Landshut stammenden Mutter wird Josef Versl am 27. Februar 1901 dort geboren. Im Alter von neun Jahren kommt der Bub nach Würzburg und erhält schon als Kind ersten Kunstunterricht in der Zeichenschule des „Polytechnischen Zentralvereins“. Bevor Versl als fast 20-Jähriger nach München geht, beschäftigt er sich mit dem Kopieren von Gemälden im Stuttgarter Landesmuseum.
Studium der Maltechniken
Während des zweijährigen Studiums der Maltechniken an der Münchner Akademie bei Professor Max Doerner begeistert sich der junge Maler für die Arbeiten von Hans von Marées. Nach Lehrjahren in Hamburg, Berlin, am Niederrhein, in Holland und in Rom (Stipendiat der Villa Massimo) kommt Josef Versl 1930 nach Goßmannsdorf im Haßgau. Hatte er vorher sein Geld mit Wandgemälden und Kopien verdient, beginnt er nun mit Ölbildern und Aquarellen. Bevorzugte Motive sind jetzt fränkische Landschaften.
Ab 1930 arbeitet Versl im eigenen Atelier in Würzburg. Nach dem Krieg kehrt er nach Goßmannsdorf zurück. Nun beschäftigt sich der Künstler auch mit Grafik, malt Stillleben und Porträts seiner Familie. „Er war ein großer Virtuose“, erinnert sich Dieter Stein. Als Versl-Schüler („Meine Eltern hielten mich für begabt und schickten mich zu Versl, damit ich von ihm lernen konnte. Eigentlich war er mein einziger Lehrer.“) erinnert er sich voller Hochachtung an den Lehrmeister und Freund. Versls Pech – wie das vieler Künstler – war, dass er zu Beginn seiner Künstlerlaufbahn in die Nazizeit rutschte und deshalb nicht die Gelegenheit hatte, sich international so zu entfalten, wie es für diesen mit viel Talent ausgestatteten Künstler würdig gewesen wäre, sinniert Stein. „Aber er erkannte den Mist, der im Haus der Kunst zu sehen war.“ In der Rede anlässlich der Verleihung des Kulturpreises der Stadt Würzburg im Jahr 1971 an Josef Versl wird er als ein Künstler bezeichnet, „dessen Werk in der fränkischen Heimat wurzelt, in seiner Bedeutung aber über ihre Grenzen hinausreicht“.
Mit Kubin befreundet
Von 1947 bis 1962 erfüllt Versl einen Lehrauftrag für Zeichnen an der Universität Würzburg. Stein erinnert sich schmunzelnd: „Er war sehr katholisch, Koch und Kardinal zugleich.“ Dass das wohl so war, spricht förmlich aus dem Bild, das der mit Versl befreundete Alfred Kubin von ihm entworfen hat. Es ist in der Ausstellung zu sehen. Interessant sind auch ein Porträt Versls von Peter Stein und daneben eines, das Peter Stein von Versl gefertigt hat.
Die in der BBK-Galerie gezeigten Arbeiten, vornehmlich aus der Familie Versl und dem Besitz von Vater und Sohn Stein zusammengetragen, umfassen die gesamte Spanne seiner Kreativität, zeigen fein komponierte Federzeichnungen, klassische Porträts, Blumen und Früchte, dahingetupfte Aktbilder und beseelte Landschaften. Dazwischen hängen, mit kräftigem Strich aufs Papier gebracht, Selbstporträts. Sie gestatten dem Betrachter eine bildhafte Begegnung mit dem Künstler, der am 28. August 1993 in Würzburg starb.
Öffnungszeiten: Mittwoch, Donnerstag bis Samstag 14–18, Sonntag 11–18 Uhr. Bis 8. Juli.