
Vor sieben Monaten nahm Lilly Among Clouds mit ihrem Song „Surprise“ am deutschen Vorentscheid für den Eurovision Song Contest teil und erreichte den dritten Platz. Jetzt veröffentlicht Elisabeth Brüchner, wie sie bürgerlich heißt, ihr zweites Studioalbum „Green Flash“. Mit den elf neuen Songs zeigt sie nicht nur eine neue Seite ihres künstlerischen Schaffens, sie macht auch einen großen Schritt nach vorne. Am 19. Dezember präsentiert sie ihre neuen Songs live in der Würzburger Posthalle.
Obwohl Lilly, die in Würzburg studiert und hier auch ihre ersten musikalischen Schritte getan hat, es nicht zur Endrunde des Eurovision Song Contests nach Tel Aviv schaffte, war der Wettbewerb für sie ein Gewinn. Viele ESC-Fans begleiten ihre Karriere auch lange nach dem Vorentscheid, kommentieren und teilen ihre Videos im Netz, empfehlen sie weiter. Auch die Kulturredaktionen der großen Medien haben die Sängerin mit den Wurzeln in Straubing neu für sich entdeckt und für ihren Mut gelobt.
„Lilly Among Clouds stach mit ihrem björkigen Song „Surprise“ und leicht schrulliger Fuchtel-Performance vielleicht als einzige wirklich interessante, weil so tatsächlich noch nicht gehörte Kandidatin heraus“, schrieb "Spiegel"-Autorin Anja Rützel, gebürtige Würzburgerin. Aber nicht nur das Feuilleton hat nach dem ESC-Vorentscheid angeklopft, erzählt Lilly. Die erste Single „Love U 4Ever“ sie als Begleitmusik in der Sportschau gelaufen, auch andere Songs fanden im Fernsehen Verwendung. „Ich freue mich ja, wenn abwechslungsreiche Musik auch im normalen Fernsehen stattfindet.“
Genau das war der Plan, als Lilly „Surprise“ für den ESC aussuchte. Sie hat deutlich zugänglichere, weniger sperrige Songs im Repertoire, aber sie wollte sich bewusst vom Pop-Einheitsbrei abheben. „Surprise“ ist auch auf ihrem neuen Album „Green Flash“ (auf dem Label Play It Again Sam) vertreten. Für „Green Flash“ hat Lilly Among Clouds viel experimentiert. „Mein großer Wunsch war, noch weiter weg von den Balladen zu kommen“, sagt sie. „Minimum die Hälfte der Songs sollten Upbeat- oder zumindest groovige Nummern sein. Ich liebe diese Mischung bei Konzerten, ich liebe Rhythmus.“
Also präsentiert sich Elisabeth Brüchner nun vielschichtiger, poppiger und tanzbarer als auf dem Debütalbum „Aerial Perspective“. Geholfen hat ihr dabei Produzent Udo Rinklin, der Künstler wie Die Happy, Laith Al-Deen oder Gregor Meyle betreut hat. Für „Wasting My Time“ zum Beispiel hat Rinklin einfach mal Lillys Klavier zugeklappt und den Song nur anhand der Basslinie aufgebaut. Überhaupt wimmelt es auf „Green Flash“ von ungewöhnlichen Instrumenten, in „Girl Like Me“ kommt ein Spinett zum Einsatz.
„Beim ersten Album habe ich mich viel vorsichtiger herangetastet“, sagt die 29-Jährige. „Diesmal war ich im Kopf viel freier und experimenteller.“ Das Resultat: „Green Flash“ kommt im Radio sehr gut an. Songs wie „Love U 4Ever“ oder „Look At The Earth“ laufen im Deutschlandfunk in Dauerschleife. Es Tracks, die an die Neue Deutsche Welle erinnern, klassischen Rhythm and Blues oder Klänge, die für den Chillout-Floor im Elektroclub wie gemacht sind.
Auch inhaltlich hat sich Lilly mehr getraut. „Look At The Earth“ etwa prangert die Zerstörung der Artenvielfalt und die Probleme durch den Klimawandel an. „Ich hatte in den vergangenen Jahren das Gefühl, es gehört sich nicht mehr, dass man offen seine Meinung sagt“, sagt Lilly. „Ich kann momentan gar nicht anders, ich muss einfach Position beziehen. Es hat mich aber sehr irritiert, dass es auf einmal politisch ist, zu sagen, dass man sich für den Umweltschutz engagiert.“ Es sei schlimm, sich dafür rechtfertigen zu müssen, wenn man sich mit den Fridays-For-Future-Demos solidarisiert.
Dennoch wird aus der 29-Jährigen jetzt keine Polit-Liedermacherin werden, und trotz der neuen Klänge werden auch die alten Fans gut bedient. Auch auf „Green Flash“ gibt es gefühlvolle Klavier-Balladen zu zwischenmenschlichen Themen. „Ich liebe es zu überlegen, warum Menschen was wie warum machen“, sagt Lilly. „Warum sind Menschen egoistisch? Welche Ängste treiben sie an? Unsere Psyche ist schon sehr faszinierend.“
Elisabeth Brüchner Karriere begann in Würzburg mit Auftritten beim Umsonst & Draußen-Festival, dem Stramu oder im Jugendkulturhaus Cairo. 2014 hat sie den Preis für junge Kultur in Würzburg bekommen. Inzwischen ist sie international unterwegs, hat Konzerte in Holland, Ungarn, Österreich und Australien gespielt. Am 14. November startet ihre Tour zum neuen Album im Museumskeller in Erfurt. Bis 21. Dezember spielt sie 19 Konzerte in ganz Deutschland.
Das Konzert: Lilly Among Clouds, Do., 19. Dezember, 20 Uhr, Posthalle Würzburg, Karten Tel. (0931) 6001 6000