Über 80 sogenannte Ortskuratorien unterhält die Deutsche Stiftung Denkmalschutz im ganzen Bundesgebiet – in Würzburg gibt es erst seit wenigen Wochen eines. In der Region scheint es Nachholbedarf zu geben, meint Matthias Staschull, Sprecher des neu gegründeten sechsköpfigen ehrenamtlichen Gremiums: "Es hält sich das Vorurteil, dass man als Eigentümer gar nichts mehr machen darf, sobald man Zuschüsse vom Denkmalschutz bekommt. Also wird hier alles, was mit Denkmal zu tun hat, mit spitzen Fingern angefasst. Wenn ich es richtig sehe, hat die Stiftung zuletzt 2017 eine Sanierung in Würzburg unterstützt."
Wunderschöne Häuser, die man vergammeln lässt, um sie dann abzureißen
Dabei gäbe es genügend lohnende Objekte. Staschull hat etliche Gründerzeitvillen etwa im Würzburger Frauenland gesehen. Oder im Viertel Keesburg: "Ein kerngesundes Haus aus den 1960er Jahren. Das soll weg. Dabei reden doch alle von Ressourcenschonung." Dazu zahllose Objekte in der Peripherie, im Speckgürtel. "Wunderschöne Häuser, aber da lässt man manches bewusst vergammeln, damit man es dann abreißen kann. Ich frage mich dann immer: Wem gehören diese Häuser?" Und noch ein Beispiel, das einige Aufmerksamkeit erregte: Der Abriss des 1906 errichteten Bahnhofs in Zell (Lkr. Würzburg) im März, den auch die Stadt Würzburg nicht verhindern konnte.
In München gebe es längst Gruppen von Menschen, "die den Investoren auf die Finger schauen", sagt Matthias Staschull. Ähnliches Engagement wünscht er sich auch für Unterfranken. Im übrigen sei der Denkmalschutz längst zu Kompromissen bereit, wenn es um die Balance zwischen der Erhaltung historischer Schätze und zeitgemäßer Nutzung gehe: "Man kann nicht alles auf Null blockieren."
Der Konflikt zwischen Historie und Zukunft ergibt sich immer wieder
Der Konflikt zwischen Historie und Zukunft ergebe sich immer wieder. Im Nordosten der Republik ist Staschull für die Stiftung unterwegs, um zwischen Energiegewinnung der Zukunft – also Windkraft – und dem Erhalt historischer Schönheit zu vermitteln, in diesem Fall der weithin sichtbaren Stadtsilhouetten der Hansestätte Wismar und Stralsund.
Staschull war bis zu seinem Ruhestand Oberkonservator des Restaurierungszentrums der Bayerischen Schlösserverwaltung. Der Architekt und Kunsthistoriker war unter anderem von 2003 bis 2008 für Konzeption und fachliche Leitung der Restaurierung der Tiepolo-Fresken in der Würzburger Residenz zuständig. An der Universität Würzburg hat er einen Lehrauftrag. Er sieht es als eine der Aufgaben des Kuratoriums, an einem Bewusstseinswandel mitzuwirken und allmählich den Bann zu brechen: "Dass die Menschen die Scheu davor der verlieren, einen Förderantrag zu stellen."
Wer einmal eine historische Immobilie gerettet habe, der kenne das Gefühl: "Man hat etwas ganz besonderes in der Hand." Weswegen Staschull am liebsten sofort einen Aufruf an alle Eigentümer schicken würde, sich um Zuschüsse zu bemühen. "Wir können auch bei der Antragsstellung Hilfe leisten." Das könne sich lohnen: "Die Stiftung zahlt Beträge von 25 000 Euro bis über 100 000 Euro aus, vorausgesetzt, das Objekt ist in die Denkmalliste eingetragen. Aber auch dabei können wir helfen."