
Holzfaserplatten schützen den Boden. Milchige Planen hängen herab, lassen nur beschränkt das Licht durch, einige Transparente der Kinderwelthilfe davor erinnern an den Besuch der schwedischen Königin Silvia vor wenigen Wochen. Im Gartensaal der Residenz, wo sonst der Freistaat beim Mozartfest zum Empfang lädt, stehen nach wie vor Gerüste. Nichts ist zu sehen von der Pracht aus buntem Stein, dem Stuck von Antonio Bossi und der Freskenmalerei, die Johann Zick aus München bis 1750 geschaffen hat. Seit 2013 wird hier restauriert.
„Wir sind gut vorangekommen“, sagt Professor Matthias Staschull von der Bayerischen Schlösserverwaltung in München. „Wir haben etliche Baustellen, aber hier mit dem staatlichen Bauamt Würzburg, ist das Bayernweit die beste Zusammenarbeit. Das funktioniert einfach.“
Bis Ende April kommenden Jahres sollen die Gerüste verschwunden sein, hofft er. „Es bleiben nur noch Stuckarbeiten und die Wände.
“ Warum die Kunst am barocken Prachtbau, den Balthasar Neumann zwischen 1719 und 1744 im Auftrag seines bischöflichen Landesherrn errichtete, dann noch bis 1781 bis zu ihrer Vollendung brauchte, wird klar, wenn man die Leitern erklimmt, die den Besucher bis auf die Arbeitsplattformen knapp unter der hohen Decke des Saales bringen.
Hier droben, praktisch auf Du und Du mit den Verzierungen aus Draht und Gips, den Spiegelchen und Malereien wird klar, welche Kleinarbeit dahinter steckt. Noch mehr aber, was die Restauratoren leisten müssen. Dass der Stuck und Schmuck in die Jahre gekommen ist, ist neben dem puren Alter verschiedenen Ursachen zuzuschreiben, erläutert Projektrestaurator Staschull. Zum einen der natürlichen Alterung, zum zweiten der durch zahlreiche Veranstaltungen immer wieder stark schwankenden Raumfeuchtigkeit, zum dritten und vierten dem Staub aus der Luft und mechanischen Beschädigungen durch Besucher.
„Auslöser für die größten Renovierungsarbeiten seit dem Bau der Residenz, war vor rund acht Jahren herabfallender Stuck“, berichtet Staschull. „Das haben wir beobachtet, es hat sich immer weiter verstärkt. Dann haben wir beim Freistaat um die Mittelfreigabe gebeten“, berichtet er. „Die vor uns hier im 19. Jahrhundert und den 30er und 50er Jahren des 20. Jahrhunderts am Werk waren, waren leider nicht so sorgfältig, was den Stuck angeht“, bedauert er. So mussten nun die Fresken kaum überarbeitet werden, lediglich konserviert und stabilisiert, die Hauptlast bildeten und bilden noch der Stuck und die Wände. Aus diesem Grund wird ab Januar der Bildhauer und Stuckrestaurator Jan Hooss aus Stuttgart im Gartensaal zu Werke gehen und die fehlenden Teile ersetzen. Gut 130 kleine rote Pfeile, auf die Fehlstellen geklebt, zeigen, wo er Hand anlegen muss.
„Hooss ist Spezialist für Stuck von Antonio Bossi und hat uns vor Jahren schon bei der Restaurierung in Schloss Veitshöchheim wertvolle Hilfe geleistet. Er kennt die Handschrift des Meister“, sagt Staschull. „Abgefallene Teile wieder anzusetzen, wird dabei der geringste Teil seiner Arbeit sein. Das meiste wird Neustuck a la Antonio Bossi sein.“ Auf der Arbeitsplattform hoch oben unter der Decke zeigt Staschull auf ein Stuckelement. Der Gips fällt ab, die Drähte darunter rosten.
„Hier sind ja auch überall kleine Spiegel mit drin, die glitzern und leuchten, teilweise sind diese abgefallen, auch die werden wieder angebracht“, erklärt Staschull. „Das ist eine knifflige Sache.“ Um fehlende Spiegel möglichst originalgetreu zu ersetzen, haben die Restaurateure einen alten Spiegel auf dem Flohmarkt gekauft. „Der hat aber nicht ausgereicht“, bedauert Staschull.
Kirchenmalermeister Heinz Gruber, der seit gut einem Jahr auf den Gerüsten im Gartensaal am Werk ist, behilft sich deshalb mit einer Methode aus der Vergoldertechnik. Vorsichtig benetzt er die Rückseite einer kleinen Scheibe aus sogenanntem Schlierenglas mit in Wasser aufgelöster Gelantine. Anschließenden legt er eine hauchdünne Folie aus echtem Silber auf. „Wenn das getrocknet ist, fixieren wir die Folie mit Schelllack und Zaponlack, dann kommt feiner Quarzsand darauf, damit das besser im Gips haftet“, erklärt er. Dann wird die benötigte Form anhand einer nummerierten Schablone vom Glaser zurechtgeschnitten.
„Die hatten früher auch keine Zeit und mussten fertig werden“, sagt Gruber und deutet auf einen Gipsklumpen, der noch oben auf einem der Säulenkapitel liegt, wie er von der Kelle abgestreift worden war. „Das ist das schöne an diesem Saal, dass fast überall noch alles Original ist. Da sieht man, wo der Freskenmaler dem Stukkateur rein geschmiert hat und dann Stukkateur wieder die Fresken überdeckt hat.“
Auch Matthias Staschull merkt man seine Begeisterung buchstäblich an. „Schauen sie sich mal die fetten Putten an, ist das nicht der Wahnsinn?“, bricht es angesichts der bunten Putzmalereien plötzlich aus ihm hervor. Er zeigt wie verschiedene Putzstrukturen unter den Fresken auf zwei verschiedene Tagwerke hin weisen und der Freskenmaler anhand von unter unsichtbarer Ritzlinien im Putz das Maß halten konnte. „Das war schon ein Hund, der Zick“, lobt der Professor.
Aber offensichtlich war „der Zick“ doch auch nur ein Mensch und nicht unfehlbar. Staschull zeigt auf den Gott Chronos, dem ein Flügel aus dem Schultergelenk wächst, nebendran eine übermalte Sense und einen Hammer. „Unter Schwarzlicht gesehen erkennt man Besonderheiten in den Fresken. Eins der Mädchen hat dann einen wie von Schokolade verschmierten Mund.“
An den Wandbögen der Decke hat sich so mancher verewigt. Weiß Gott, wie er damals so hoch gekommen ist. „Johann Amersbach, Artilerist, 21.1.1919“ steht da ganz oben in einem Fensterbogen, nicht weit davon sind nur noch der Name und das Datum der Bleistiftschrift zu entziffern: „Zinhobel, 10. Oktober 1898“.
„Die Wände bestehen zum Teil aus Stuckmarmor, also farbiger Gipsstuck. Das ist wunderbar, was der Neumann hier verarbeitet hat“, erläutert Staschull. „Dazu kommen weiße Stuckflächen, die haben es in sich. Da muss neue Substanz der alten angepasst werden, dafür braucht es erfahrene Handwerker.“
Gruber ist so einer: „Die Wände glänzen, da ist der Gips verdichtet, geschliffen und poliert, wir müssen mit feinen Pinseln die ausgebesserten Stellen an die Patina angleichen, die sich dort gebildet hat, und das so hinbekommen, dass sich wieder ein Ganzes ergibt.“ Damit das so bleibt, werden auch die raumklimatischen Verhältnisse ermittelt, berichtet Staschull. „Das wird künftig überwacht, sonst gibt es ja neue Schäden“, weiß er.
An einem Problem haben die Restauratoren derzeit noch zu knabbern: Drei der großen Säulen, die die Decken des Gewölbes stützen, ziehen von unten Wasser. „Dieses Wasser verursacht große Schäden und Abplatzungen, das wurde auch schon mehrfach saniert“, sagt Staschull. „Wir versuchen es jetzt mit einer temperaturgesteuerten Hinterlüftung der Sockelplatten, das ist eine Art Mini-Konvektionsheizung und befinden uns da in der Testphase.“
Es wäre schade um die schönen Säulen. Mögen die Künstler auch von überall her gekommen sein, die Residenz ist nämlich durch und durch eine echte Fränkin. Denn was für den Laien aussieht wie teurer italienerscher Marmor, ist gar keiner. „Das ist farbiger Kalkstein auch aus der Umgebung, möglicherweise auch aus dem thüringisch-fränkischen“, weiß Professor Staschull. „Das sind alles lokale Steine und keine Exoten.“
Der Gartensaal
An der Ostseite der Einfahrtshalle gelegen, hat der Saal in der Residenz die Größe und den Grundriss des Kaisersaals: ein Rechteck mit abgeschrägten Ecken. Das Gewölbe des Gartensaals kam 1744 zur Ausführung. Die Deckenwölbung wird nicht von der Wand allein getragen, sondern von zwölf, reihenartig im Raum stehenden Marmorsäulen. Der Ambitus oder Umgang in in den einzelnen Jochen mit Flachkuppeln eingewölbt und die Wände werden durch Stuckmarmorpilaster gegliedert. Dies alles bewirkt, dass das Gewölbe wie in Baldachin vor der Wand steht und dem Raum eine gewissen Leichtigkeit verleiht. Die Stuckaturen führte Antonio Bossi zu Beginn des Jahres 1749 aus. Die Deckengemälde schuf Johannes Zick in den Jahren 1749/50. Dargestellt sind an der Ostseite das „Göttermahl“ und an der Westseite die „Rast der Jagdgöttin Diana“.
In den einzelnen Jochen des Ambitus finden wir Darstellungen von Puttenszenen. Die Buntheit seiner Szenen beherrscht den von der Gewölbezone abwärts ganz schmucklos und glatt gehaltenen Raum.
(Quelle: wuerzburgwiki) Mehr Informationen: www.restaurierung-gartensaal-wuerzburg.de/





