Hitze, Regen. Kurz Hose, dicker Pulli. Metal, Hiphop. Von allem ein bisschen. In jeder Hinsicht. Und von nichts zu viel. Rock im Park 2019 – das unaufgeregteste Festival der letzten Jahre. Und das ist gut so: Die drei Tage machen richtig Laune. Außer vielleicht den gut 40 Fans, die mit diesen biestigen Eichenprozessionsspinnern zu kämpfen haben. Aber auch die sind flugs auf einen Ausweich-Campingplatz verfrachtet.
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Musik, Musik, Musik. Endlich steht sie wieder im Mittelpunkt. Anders als zuletzt, als Ordner-Horden und Absperrungen sichtbare Zeugen von Terror-Angst waren. Okay, es laufen einige der 72 500 Besucher mit Clearbag herum. Den durchsichtigen Rucksäcken, die einen mitgebrachten Sprengsatz ebenso der Öffentlichkeit preisgeben würden, wie halt auch die Packung Taschentücher oder Kondome. Aber es hat wieder mehr von der ungetrübten Ausgelassenheit jener Zeit, als noch keine Fanatiker ein Konzert der Eagles of Death Metal mit Maschinengewehren stürmten.
Schauerlicher Maskenball mit Slipknot
Die US-amerikanischen Stoner-Rocker sind übrigens auch am Start. Und profitieren bei ihrem intensiven Auftritt in der erstaunlich vollen Halle auf der Alternarena davon, dass Slipknot schon fertig haben und es Vielen für Marteria und Casper schlicht zu kalt ist am Samstagabend. Wo ist da nur die laue Frühsommernacht des Freitags hin? Ob sie Angst hat vor den schauerlichen Slipknot-Masken? Übrigens nicht das einzig schauerliche am Gig der Alternativ-Metaller: Der Sound bricht sich in Wind und Massen nach hinten zu schwer definierbarem Bass-Gestückel. Schade, denn weit vorn ist's wahrlich ein Spektakel.
Mangels großer Aufreger und Gesprächsthemen darf sich diesmal rund ums Zeppelinfeld den kleinen Festival-Geschichten gewidmet werden. Dass Slipknot-Mikrofonträger Corey Taylor eine neue Maske hat. Dass Raupen auf dem Campground für Hautirritationen sorgen. Dass Mineralwasser wieder nur in kleinen Bechern ausgeschenkt wird und die kostenfreien Wasserstellen überfüllt sind.
Dixies aus ganz Bayern werden über Nacht angekarrt
Und: Dass am Freitag Toiletten-Notstand herrscht. Nicht wenige der umweltfreudlicheren Vakuum-WCs funktionieren nicht, das Volk wartet an den verbleibenden und schreit nach den guten alten Dixies. Die kommen über Nacht, 250 Stück, angekarrt aus ganz Bayern. Ab Samstagmittag leuchtet es dank fleißiger Helferlein wieder allen Ortes blau-weiß und der Notdurft steht nichts mehr im Weg.
Selbstverständlich gibt's auch ein musikalisches Gesprächsthema: die Ärzte. Deutschlands Punk-Helden Jener, denen die Toten Hosen zu ernsthaft sind, kehren nach zwölf Jahren zurück zu den Parkrockern. Über zwei Stunden Spielzeit – die Doktoren haben angesichts ihrer schier unerschöpflichen Schlager-Dichte keine Probleme, das kurzweilig zu füllen. Es wird, obwohl es just jetzt und das ergiebig schüttet, gehüpft, geschunkelt und gegrölt. Als wären Farin und Co. nie in Urlaub gewesen.
Das Publikum wird immer heterogener
Dass sich gegen die Headliner von Freitag und Samstag mit Die Antwoord und Bastille jeweils deutlich weniger mainstreamige Acts mit voller Park Stage positionieren können, zeigt, dass das Publikum erheblich heterogener geworden ist, als in den Anfangszeiten des Festivals. Rap-, Pop- und Dance-Künstler haben ihren festen Platz – wer auf Rock pur steht, hat ausreichend Gelegenheit, dem zu entgehen. Oder öffnet mal seinen Horizont ein Weilchen.
Bestes Beispiel: der finale Sonntag. SDP verwursten mit beeindruckender Leichtigkeit Reggae, Hiphop und Pop im Park, Tool beweisen, dass Introvertiert-Progressives zumindest ansatzweise auch vor unüberdachten Massen funktioniert und Behemoth stillen in der Halle das metallische Bedürfnis nach Extremem – das alles unmittelbar hintereinander. Und zu später Stund' liefern Slayer mit einer knackigen Ladung Alt-Herren-Thrash noch den Freiluft-Kehraus. Da trifft sich nochmal alles, Kerry King und Co. sind eben Kult – das können auch Schwedens preiswerte It-Piece-Schneider nicht mit ihren Bandshirts von der Stange kaputt machen. Die letzten Nachtschwärmer schließlich werden von Arch Enemy kurz vor Zwei aus der Halle gefegt.
2020 wird Rock im Park 25 Jahre alt
Zwar wird am letzten Tag traditionell über die Bekanntgabe eines Headliners fürs kommende Jahr gemunkelt. Doch heuer bleibt's beim Munkeln. Lediglich das Datum steht. Vom 5. bis 7. Juni 2020 wird neben dem Ring in der Eifel auch wieder der Nürnberger Park gerockt – zum dann 25. Mal.