Mit 84 Veranstaltungen an 30 Orten geht das Würzburger Mozartfest in sein 101. Jahr. Das Motto vom 20. Mai bis 19. Juni ist ebenso vieldeutig wie selbstbewusst: "Alles in einem". Nach der Jubiläumssaison, die naturgemäß von einer gewissen Rückschau geprägt war, soll es nun in die Zukunft gehen. Oder zumindest in die Gegenwart. Artiste étoile ist zum ersten Mal eine Komponistin: die 1963 geborene Isabel Mundry, die als eine der bedeutendsten und gefragtesten Tonschöpferinnen der Gegenwart gilt.
Das Programm der kommenden Saison, bewusst vorgestellt am 27. Januar, dem 266. Geburtstag Mozarts, ist eine Einladung, dessen Musik neu zu hören: "Mozart war in seiner Zeit Avantgardist. Wir können uns das heute nicht mehr vorstellen, weil seine Musik so schön klingt", sagte Intendantin Evelyn Meining auf der Pressekonferenz im Tagungszentrum Himmelspforten.
Das Titelbild des Programmbuchs zeigt eine Hand, die eine weiße Perücke in die Luft schleudert – wird sie fliegen, oder stürzt sie ab? So wie Mozart in seiner Zeit alles Gegebene infrage stellte, will auch das Festival sein Werk aus neuen Perspektiven zeigen. Mozart pur ist allerdings immer noch reichlich im Angebot. Hier sind fünf Gründe, auf das Mozartfest 2022 neugierig zu sein. Evelyn Meining verspricht: "Sie werden Neues hören und dadurch neu hören."
1. Artiste étoile Isabel Mundry
Die Komponistin Isabel Mundry ist Professorin in München und Zürich. Ein Satz macht ihren Zugang zur Musik möglicherweise deutlicher als viele andere: "Ich fand schon im Klavierunterricht immer die Übergänge interessanter als die Hauptthemen." Mundry wird acht Programme kuratieren, etliche eigene Werke vorstellen, darunter eine Uraufführung, und Ensembles nach Würzburg einladen, die darauf spezialisiert sind, Neue Musik ebenso professionell zu spielen wie Mozart.
Durch die Begegnung mit Menschen aus anderen Kulturräumen, etwa mit den Bewohnern einer Unterkunft für Geflüchtete direkt hinter ihrer Münchner Wohnung, habe sie angefangen, ihre eigene Musik neu zu hören, berichtet sie: "Ich habe deshalb beim Komponieren einen riesen Schnitt gemacht. Ich kann Ihnen deshalb keine Meisterwerke versprechen, nur Anfängerstücke."
Im Westen sei das Erleben von klassischer Musik immer mit einem Wissensbegriff verbunden. Als Konzertgestalterin will Isabel Mundry deshalb einladen, Mozart "ohne Machtwissen" zu hören, nicht als museales Objekt. Dazu wird sie unter anderen Werkfragmente von Mozart und Schubert mit eigenen Klängen verschränken: "Lassen Sie uns Mozart zum Subjekt erklären."
2. Neues hören – neues Hören
Unter der Überschrift "unexpected" (unerwartet) sind die Ensembles Recherche, Resonanz und Musikfabrik, das Stegreif.orchester oder das Orchester im Treppenhaus zu Gast – allesamt darauf spezialisiert, neue Formen des Hörens zu erforschen und daraus neue Formate zu entwickeln. So stellte das Orchester im Treppenhaus in der Saison 2020 "Circles" vor, ein Corona-konformes Konzert, in dem das Publikum, durch Lichtkreise geleitet, im Saal umherschlenderte. In allen Auftritten dieser Ensembles aber wird Neues stets mit Mozart konfrontiert.
3. Das "klassische" Programm
Mozart ist und bleibt der – durchaus nicht unantastbare – Säulenheilige des Festivals. Deshalb gibt es auch etliche Konzerte mit klassisch-romantischen Programmen. Auffällig aber ist, dass die Künstlerinnen und Künstler meist jung sind, sieht man von Altmeistern wie dem Pianisten Robert Levin oder Reinhard Goebel ab, der das WDR-Sinfonieorchester dirigieren wird. Evelyn Meining nennt unter anderem den Pianisten Seong-Jin Cho ("kein zweiter Lang Lang, sondern der bessere Lang Lang") und den Dirigenten Maxim Emelyanychev ("kein zweiter Currentzis, sondern der bessere Currentzis").
4. Neue Räume
Unter den 30 Spielorten sind wieder einige neue. Diesmal vor allem das Bürgerbräu-Gelände, das beim "Freispiel" vom 4. bis 6. Juni komplett vom Orchester im Treppenhaus an unterschiedlichsten Stellen in unterschiedlichsten Formaten bespielt wird. Dessen Leiter Thomas Posth schwingt, per Zoom zugeschaltet, die Boxhandschuhe: "Wir trainieren schon!" Evelyn Meining umreißt das Spektrum so: "Vom Notfallkonzert für seelische Notlagen bis zur Disco."
5. Mozart für Einsteiger und Passanten
Einer der Ansprüche des Mozartfests ist weiterhin Nahbarkeit, deshalb wird es Exkursionen in die Stadt und die Region hinein geben, etwa mit der Kinderoper "Così fan tutte", dem Konzert-Lkw "Blauer Eumel", dem Mozarttag (21. Mai) oder dem – noch zu findenden – Ladenlokal "M PopUp". Hier, im "Raum für Mozart", soll der durch zahlreiche Kulturen geprägte "spezifische Klang Würzburgs" erkundet werden, hier kann man einen Audiowalk durch Würzburg starten: #explore_mozart. Erstmals wird es auch einen Podcast unter dem Titel "Des Pudels Kern" zum Mozartfest geben: "Der Pudel fragt, die Musik antwortet."
Vorverkauf: Das Mozartfest-Kartenbüro ist ab 2. Februar geöffnet. Es wird gebeten, das Büro möglichst telefonisch zu kontaktieren: (0931) 372336. Die Karten kosten zwischen 5 und 205 Euro. Schüler und Studierende: 50 Prozent Ermäßigung auf reguläre Karten und Last-Minute-Tickets für 12 Euro. Weitere Infos unter www.mozartfest.de