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Würzburg
Mainfranken Theater, Bockshorn, Kunst: Wie ist die Lage  nach 20 Monaten Pandemie?
Kritik an Politik, Gesellschaft, Medien - und ein bisschen sich selbst: Beim Kulturgespräch im Würzburger Bockshorn ging's um die Situation der Branche in Corona-Zeiten.
Wie geht es mit der Kultur weiter? Beim Podiumsgespräch im Würzburger Bockshorn diskutierten darüber  (von links) Angelika Summa, Mathias Repiscus, Stephanie Böhm, Markus Trabusch und Volkmar Halbleib.
Foto: Ulises Ruiz | Wie geht es mit der Kultur weiter? Beim Podiumsgespräch im Würzburger Bockshorn diskutierten darüber  (von links) Angelika Summa, Mathias Repiscus, Stephanie Böhm, Markus Trabusch und Volkmar Halbleib.
Maria Faiß
Maria Pfister
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:08 Uhr

Die Vorhänge fielen, Türen wurden verschlossen und die Lichter gingen aus – nicht für einen Abend, sondern für ganze 20 Monate. Die Kulturbranche wurde vom Lockdown hart getroffen. Kulturschaffende standen von einem Tag auf den nächsten ohne Perspektive da. Um genau diese Perspektive ging es jetzt bei einem Fachgespräch der "Akademie Frankenwarte" im Würzburger Bockshorn. Der Abend zeigte: Es gibt viel zu diskutieren. Und Kritik nicht nur an der Politik.

Schließung von heute auf morgen und ohne Unterstützung

Für alle sei die Pandemie ein großer Einschnitt gewesen, das Mainfranken Theater und das Bockshorn blieben leer. "Wir haben häufig Zoom-Proben und Besprechungen organisiert", sagt Intendant Markus Trabusch. Diese Onlinetreffen seien auch eine Herausforderung gewesen: "Vier Stunden vor dem Laptop im Austausch mit 16 Personen können anstrengend werden." 

Joachim Schulz (links) Angelika Summa (mitte) und Mathias Repiscus (rechts)  beim Gespräch.
Foto: Ulises Ruiz | Joachim Schulz (links) Angelika Summa (mitte) und Mathias Repiscus (rechts) beim Gespräch.

Ähnlich sah das in der Posthalle aus. "Wir konnten keine Konzerte und Partyveranstaltungen mehr organisieren. Die Konzertplanung läuft auch im Moment noch schleppend", berichtet Joachim Schulz. Viele Mitarbeiterinnen un Mitarbeiter hätten sich während des Lockdowns umorientiert, jetzt fehle ihm das Personal. Die Sehnsucht nach Veranstaltungen aber sei groß, sagt Schulz: "Bei der ersten Party wurde uns die Bude eingerannt."

Und auch für freischaffende Künstler und Künstlerinnen war die Zeit der Pandemie belastend,  Ausstellungen konnten sie nicht mehr veranstalten. "Die Möglichkeit Fördergelder zu erhalten, war darüber hinaus mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden oder gar nicht möglich", sagt Bildhauerin Angelika Summa. Die Politik sei sich in der Pandemie nicht über die Relevanz von Kultur bewusst gewesen. Dabei sei Kultur maßgebend für Demokratie und gesellschaftlichen Austausch, sagt Summa: "Die Einschätzung der systemrelevanten Bereiche empfand ich in dem Fall als fragwürdig."

Politik und Gesellschaft in der Kritik

Die sei auch ihm ein Dorn im Auge gewesen, sagt SPD-Politiker Volkmar Halbleib: "Bei der Einschätzung wurden verschiedene Maßstäbe angesetzt", kritisiert der Landtagsabgeordnete im Rückblick. Der Begriff Kultur greife eigentlich weit, es stelle sich die Frage: Wo fängt man an, wo hört man auf?  Die Stimme für die Kultur innerhalb der Staatsregierung habe gefehlt, sagt Halbleib. Die Defizite bei der gerechten Verteilung von Geldern seien groß. An einem Ausgleich werde zwar gearbeitet: "Absolute Gerechtigkeit kann es wahrscheinlich trotzdem nicht geben."

Intendant Markus Trabusch (links) und SPD-Politiker Volkmar Halbleib beim Podiumsgespräch zum Thema Kultur nach 20 Monaten Pandemie im Würzburger Bockshorn.
Foto: Ulises Ruiz | Intendant Markus Trabusch (links) und SPD-Politiker Volkmar Halbleib beim Podiumsgespräch zum Thema Kultur nach 20 Monaten Pandemie im Würzburger Bockshorn.

Nicht nur die Politik stand im Mittelpunkt der Kritik - auch die Gesellschaft. Während der Pandemie habe er viele Stimmen wahrgenommen, die einen Neustart nicht abwarten konnten, sagt Bockshorn-Chef Mathias Repiscus. Doch jetzt sehe das anders aus: "Wir müssen Publikum gewinnen, wie zu Anfangszeiten des Theaters. Ich hätte mehr erwartet." 

Auch die Medien tragen laut Summa dazu bei, dass die Menschen Kunst und Kultur aus den Augen verlieren. Es gebe kaum noch hochwertige Berichterstattung oder Kulturkritik, beklagt die Künstlerin: "Ohne diese steht der Mensch vor Kunst, wie der Ochs vorm Berg." Posthallen-Chef Schulz fehlt vor allem die Berichterstattung vor Veranstaltungen: "Es ist zwar schön, wenn von einem Konzertabend berichtet wird. Zu dem Zeitpunkt verkaufen wir aber keine Karten mehr."

Zukunft: Raum für Diskurs und Diversität

Vielleicht habe die Kultur über die Jahre zu lange an alten Traditionen festgehalten, lautete schließlich eine Anmerkung aus dem Publikum. Mehr Diversität und Modernisierung würden für das Interesse eines neuen Publikums sorgen. "Ich kann nicht sagen, nach 20 Monaten erfinden wir die Kultur völlig neu", so Trabuschs Entgegnung. Und Diversität spiele im Theater bereits ein Rolle, sein Haus sei sehr vielfältig aufgestellt. Er bekomme immer mehr Bewerbungen von Künstlerinnen, sagt Repiscus: "Die Förderung von jungen Talente bleibt jedoch oft auf der Strecke."

Die Kultur müsse neuen Raum für Zusammentreffen und Diskurs schaffen, sagt  Trabusch: "Wir brauchen Treffpunkte, auch für Menschen jenseits der gefestigten Blasen." Für ihn gehe es beim Neustart auch vor allem um den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Vermittlung kultureller Werte.

 
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