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Würzburg
Kommentar: Die 25-Prozent-Regel für die Kultur muss weg - so schnell wie möglich!
Nach zwei Jahren Pandemie müssen Politik und Behörden beim Thema Kultur endlich die Perspektive wechseln, meint unser Autor. Weg vom Verbieten, hin zum Ermöglichen.
Volle Kneipen, leere Theater? Die Kritik an der Ungleichbehandlung von Kultur und Gastronomie wird immer lauter. Im Bild die Bayerische Staatsoper in München.
Foto: Sven Hoppe, dpa | Volle Kneipen, leere Theater? Die Kritik an der Ungleichbehandlung von Kultur und Gastronomie wird immer lauter. Im Bild die Bayerische Staatsoper in München.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:03 Uhr

Um eines vorab klarzustellen: Niemand muss ins Theater oder ins Konzert gehen. Wer sich nicht sicher fühlt, soll gerne zuhause bleiben. Aber denen, die trotz Pandemie ins Theater oder ins Konzert gehen wollen, denen macht es die Politik in Bayern immer schwerer. Zuletzt mit der unsinnigen und ungerechten 25-Prozent-Regel, die besagt, dass Räume für Kulturveranstaltungen nur zu einem Viertel besetzt sein dürfen. Dass also drei Viertel der Stühle und Sitze freibleiben müssen. Und dabei ist vollkommen egal, wie groß der Raum ist, wie gut die Lüftung, wie schlüssig das Hygienekonzept.

Für kleinere Häuser, die ohnehin schon unter erheblichen zusätzlichen Kosten ächzen, bedeutet das einen De-Facto-Lockdown. Ein Würzburger Mainfranken Theater kann dank zusätzlicher Förderung unter solchen Bedingungen spielen, nicht aber eine kleine private Bühne. Für sie stehen Aufwand und Ertrag in keinerlei messbarem Verhältnis mehr. Umso beeindruckender, dass es manche mit Hilfe von Fördervereinen oder aus purem Trotz doch immer noch schaffen, Rumpfprogramme auf die Beine zu stellen. Ein Verdienst der Kulturpolitik ist das sicher nicht.

Hinzu kommt: Wer als Gast einen der raren Plätze ergattern will, muss der 2G-Plus-Regel Genüge tun, also geimpft oder genesen UND getestet beziehungsweise geboostert sein. Aber wie sich herausstellt, ist dies das geringere Problem: Menschen, die Kulturveranstaltungen besuchen wollen, sind offensichtlich in ihrer großen Mehrheit vernünftige Leute, die sich rechtzeitig und ausreichend haben impfen lassen.

Der Gastronomie und ihren Gästen sei der Sonderstatus 2G unbedingt gegönnt

Nun könnte man im Angesicht der vierten, fünften, sechsten und wer weiß noch wie vielen weiteren Wellen und Virusmutationen argumentieren, es sei nun wirklich nicht die Zeit für Lockerungen und unnötige Risiken. Wäre da nicht die krasse Ungleichbehandlung der Kultur gegenüber der Gastronomie. Bayern schert nämlich aus der bundesweit beschlossenen 2G-Plus-Regel aus und belässt es für Kneipen, Cafés und Restaurants bei 2G.

In der Gastronomie gilt 2G, in der Kultur 2G-Plus. Viele Kulturschaffende sehen das nicht mehr ein.
Foto: Friso Gentsch, dpa | In der Gastronomie gilt 2G, in der Kultur 2G-Plus. Viele Kulturschaffende sehen das nicht mehr ein.

Das sei der Gastronomie, das sei ihren Gästen unbedingt gegönnt. Aber warum dürfen Menschen in mehr oder weniger engen Räumen ohne Maske essen, trinken, reden - aber ins Theater, wo sie schweigend und mit Maske brav in Reihen sitzen, dürfen nur lachhaft wenige von ihnen? 

Verweise auf die Bedeutung der Kultur: inzwischen nur noch Hintergrundrauschen

Ungezählte Male sind die immer gleichen Argumente und Beobachtungen wiederholt worden: Dass Kulturveranstaltungen nachweislich keine Pandemietreiber sind. Dass die Härte der Auflagen und die Mangelhaftigkeit der Finanzhilfen irgendwann irreparable Schäden in der Kulturlandschaft anrichten werden. Dass Existenzen vernichtet werden.

Ungezählte Male ist versucht worden, Politikerinnen und Politikern die Bedeutung von Kunst und Kultur gerade in Zeiten großer Verunsicherung klarzumachen. Aber: All das ist zum Hintergrundrauschen verkommen. Die Politik jedenfalls hat nichts getan, um den Eindruck zu korrigieren, sie halte Kultur letztlich für verzichtbar.

Mit der Aktion 'Keiner kommt nach Schweinfurt – alle machen mit' haben Schweinfurter Kulturschaffende 2020 auf die Misere der freien Kultur aufmerksam gemacht und gleichzeitig Spenden gesammelt. 
Foto: Steffen Krapf | Mit der Aktion "Keiner kommt nach Schweinfurt – alle machen mit" haben Schweinfurter Kulturschaffende 2020 auf die Misere der freien Kultur aufmerksam gemacht und gleichzeitig Spenden gesammelt. 

Nach fast zwei Jahren Pandemie, in denen Kulturschaffende nur noch mit immer neuen Regelungen und daraus folgend mit Absagen und Umplanungen beschäftigt waren, immer neue Enttäuschungen wegstecken mussten, sind viele am Ende ihrer physischen und psychischen Kräfte. Und so halten sich die Hoffnungen auf Lockerungen in Grenzen, wenn an diesem Montag das bayerische Kabinett tagt. Dabei wäre nur ein Ausgang schlüssig und gerecht: Die 25-Prozent-Regel muss fallen, und zwar so schnell wie möglich.

Politik und Behörden müssen endlich die Perspektive wechseln: Es geht nicht darum, alle Bereiche zu schließen, für die keine mehr oder weniger mächtige Lobby Druck macht. Sondern darum, alles zu ermöglichen, was Menschen nicht unnötig gefährdet. Und da ist noch gewaltig Luft nach oben.

 
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