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RÖTTINGEN
Frankenfestspiele: Was der neue Intendant vorhat
Der neue Röttinger Intendant Lars Wernecke im Gespräch. Rechts Martin Umscheid, Bürgermeister von Röttingen.
Foto: Thomas Obermeier | Der neue Röttinger Intendant Lars Wernecke im Gespräch. Rechts Martin Umscheid, Bürgermeister von Röttingen.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:09 Uhr

Er ist nicht angetreten, alles umzukrempeln. In gewisser Weise knüpft Lars Wernecke sogar an eine Röttinger Tradition an. Die erste Neuproduktion der Frankenfestspiele 2019 unter seiner Intendanz wird das Musical „Hello Dolly“ sein – ein Broadwayklassiker, der auf einer Vorlage von Thornton Wilder basiert, die sich wiederum auf das Nestroy-Singspiel „Einen Jux will er sich machen“ beruft. Inszenieren wird Lars Wernecke selbst, die Titelrolle übernimmt Antje Riez, die in Röttingen bereits in „Spamalot“ und als Eliza in „My Fair Lady“ aufgetreten ist.

Ansonsten ist von dem Nestroy, den man hier in 1980er und 1990er Jahren kannte, (weiterhin) nichts zu sehen. Neben „Hello Dolly“ (uraufgeführt 1964, Premiere am 13. Juni), steht ab 27. Juni das Stück „Glorious“ von Peter Quilter aus dem Jahr 2005 auf dem Programm (Untertitel: „Die wahre Geschichte der Florence Foster Jenkins, der schlimmsten Sängerin der Welt“) und ab 4. Juli Eduard Künneckes Operettenhit „Der Vetter aus Dingsda“ aus dem Jahr 1921, der sich neben seiner unverwüstlichen Beliebtheit durch die Tatsache empfiehlt, dass weder Ballett noch Chor benötigt werden. Es inszeniert von Björn Reinke. Die 20er-Jahre-Tänze choreografiert Julia Grunwald, die etwa die Tanzsequenzen des Cole-Porter-Musicals „High Society“ am Landestheater Coburg verantwortet.

Hommage an die legendär schlechte Sängerin Florence Foster Jenkins

Im jungen Freilichttheater läuft „Michel aus Lönneberga“ (12. und 13. Mai, ab 4 Jahre) mit den Theater auf Tour und „Emil und die Detektive“ nach Erich Kästner als Musical in Kooperation mit der Grundschule Röttingen (17. und 18. Mai, ab 5 Jahre).

Die reiche Erbin Florence Foster Jenkins (1868-1944) erfüllte sich spät den Lebenstraum einer Gesangskarriere und gab in ihren Vierzigern Konzerte, die wegen ihres legendär schlechten Gesangs bald Kult wurden. 1944 sang sie mit 76 Jahren noch einmal in der Carnegie Hall – das Konzert war schon Wochen vorher ausverkauft, die Eintrittskarten kosteten Unsummen auf dem Schwarzmarkt. Das Schauspiel „Glorious“ – nicht zu verwechseln mit dem Film zum gleichen Thema, in dem Meryl Streep die Hauptrolle spielte – ist Komödie und Hommage zugleich. „Man lacht sich scheckig“, sagt Wernecke, „und doch wird die Titelfigur nicht der Lächerlichkeit preisgegeben.“ Die Röttinger Inszenierung wird übrigens die erste Freilichtaufführung des Stücks sein, so der Intendant.

Die Darstellerin muss besonders gut, nicht besonders schlecht singen können

Es inszeniert Dietmar Horcicka, dessen Version der „Blues Brothers“ derzeit in Meiningen zu sehen ist. Für die Titelrolle hat Wernecke „eine bekannte Persönlichkeit“ im Auge, mehr sagt er dazu noch nicht. Die Aufgabe: Es gehe nicht darum, eine Darstellerin zu finden, die besonders schlecht, sondern die vielmehr besonders gut singen kann, sagt der neue Intendant.

Nachdem man sich mit Walter Lochmann, Musikdirektor der Festspiele seit 2013, „nicht handelseinig“ geworden sei (Wernecke), übernimmt die musikalische Leitung nun der Komponist und Arrangeur Rudolf Hild, der sich vor allem in Sachsen und Thüringen einen Namen gemacht habe, so der Intendant, unter anderem am Theater Meiningen, dessen Oberspielleiter Lars Wernecke von 2013 bis 2018 war.

Alle Bühnenbilder und Kostüme kommen jeweils aus einer Hand

Alle Bühnenbilder wird Dirk Immich entwerfen, mit dem Wernecke bereits in Hannover zusammengearbeitet hat. Geplant ist ein Modulsystem aus bespannbaren Bausteinen, die sich variabel und mehrfach verwenden lassen. Auf jeden Fall aber soll die Kulisse von Burg Brattenstein erlebbar bleiben: „Wenn man schon so einen speziellen Ort hat, sollte man ihn nicht zukleistern“, sagt Wernecke. Auch die Kostüme für alle drei Stücke kommen aus einer Hand, nämlich von Angela Schütt, die unter anderem in Hamburg, Hannover, Ulm und für die Luisenburg-Festspiele gearbeitet hat.

Laut Martin Umscheid, Bürgermeister von Röttingen, hatten die Frankenfestpiele 2018 bei einem Gesamtetat von 750 000 Euro in den drei Eigenproduktionen „Spamalot“, „Das weiße Rössl am Wolfgangsee“ und „Die Drei von der Tankstelle“ 13 016 Besucher und insgesamt, Sonderveranstaltungen und Junges Theater dazu gerechnet, 17 871. Der neue Intendant formuliert keine Zielvorgabe für 2019, hat aber langfristig ein Ziel: „Ich will, dass die Frankenfestspiele in den Reiseführern wie Baedeker oder Müller erwähnt werden. Das ist jetzt noch nicht der Fall.“

Ein neues Programm für die Berlin Comedian Harmonists

Lars Wernecke, Jahrgang 1966, lebt seit dem Ende seines Engagements in Meiningen wieder als freier Regisseur in Hamburg. Wenn er nicht in Röttingen ist, wo ihm eine Wohnung in einem Turm der Stadtbefestigung zur Verfügung steht – „ein Dienstturm mit Whirlpool“, wie er sagt. Neben den Frankenfestspielen arbeitet er unter anderem an einem neuen Programm für die Berlin Comedian Harmonists, zu deren zehnjährigem Bestehen er gemeinsam mit Arrangeur Franz Wittenbrink den Abend „Verrückte Zeiten“ geschrieben hatte. „Verrückte Zeiten“ läuft inzwischen seit zehn Jahren, Zeit für einen neuen Ansatz, diesmal sollen Eigenkompositionen entstehen, für die Thomas Pigor die Texte schreibt.

Die Frankenfestspiele Röttingen 2019 finden vom 13. Juni bis 18. August statt. Karten unter Tel. (09 31) 60 01 60 00 oder info@frankenfestspiele.de

Die Röttinger Burg Brattenstein solle als Kulisse erlebbar sein, findet der neue Intendant der Frankenfestspiele, Lars Wernecke (das Foto zeigt eine Szene des Musicals „Spamalot“ in diesem Jahr).
Foto: Gerhard Meißner | Die Röttinger Burg Brattenstein solle als Kulisse erlebbar sein, findet der neue Intendant der Frankenfestspiele, Lars Wernecke (das Foto zeigt eine Szene des Musicals „Spamalot“ in diesem Jahr).
 
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